Opel ist wieder da und will in der Mittelklasse wieder ein deutliches Wort mitreden. Dafür bereiten sie mit großem Aufwand und noch größeren Ambitionen gerade den Start des nächsten Opel Insignia vor.
Text: Thomas Geiger
Wie ernst es ihnen damit ist, zeigt ein zentrales Chart in der Präsentation des Projektleiters Werner Jöris: Die Grafik illustriert den Größenzuwachs des Insignia von knapp sechs Zentimetern in der Länge und gut neun Zentimetern im Radstand und zeigt die jetzt 4,90 Meter lange Limousine mit 2,83 Metern Radstand nicht mehr in einer Blase mit Ford Mondeo oder VW Passat, sondern in der Klasse darüber bei Mercedes E-Klasse, BMW Fünfer und Audi A6. Zum Format der Premium-Modelle verspricht Jöris auch Premium-Qualitäten bei Ambiente und Ausstattung und will nur beim Preis „mainstream“ bleiben. „Das macht den neuen Insignia zur smartesten Alternative zu den Premium-Modellen“, gibt er die Marschrichtung vor.
Zwar feiert der Herausforderer seine Premiere als Schrägheck und Kombi erst im Frühjahr auf dem Genfer Salon, und bis er in den Handel kommt wird es sogar noch ein paar Monate länger dauern. Doch sind die Hessen so stolz auf ihr neues Flaggschiff, dass sich die Entwickler bei den letzten Abnahmefahrten schon einmal über die Schulter schauen lassen, zur Sitzprobe bitten und vorübergehend sogar den Platz am Lenkrad räumen.
In Fahrt bringen den Insignia dabei zunächst Benziner mit 140 bis 250 PS und Diesel mit einem anfangs eher schmalen Leistungsband von 110 bis 170 PS, die man zumeist schon aus Astra & Co kennt. Dazu gibt es ein neues, sehr geschmeidiges Sechsgang-Getriebe, eine ebenfalls tadellose Automatik mit acht Gängen und für die stärkeren Versionen auch einen neuen Allradantrieb. Der verteilt die Kraft zwar deutlich schneller als früher, kann weiter vorausschauen und bietet nun auch die Möglichkeit zum Torque Vectoring, kann aber zumindest bei den Testfahrten auf den nassen Nebenstraßen im Niemandsland der südlichen Pfalz das scharren der Vorderräder nicht ganz verhindern, wenn die 400 Nm zupacken wollen.
Größer als bisher und ein gutes Stück sportlicher – das wollen die Hessen künftig nicht erst beim Fahren beweisen, sondern schon im Namen zum Ausdruck bringen: Aus dem Insignia wird deshalb beim Fünftürer der Insignia Grand Sport. Bevor man jedoch allzu lange über diesen Marketing-Gag nachdenkt und ihn für den Rest der Modellpalette durchdekliniert, rudern die Hessen gleich wieder zurück. An der Bezeichnung Insignia Sport Tourer für den Kombi ändert sich nichts.
Dabei weiß Opel sehr wohl, wie man moderne Hightech-Cockpits baut. Das haben die Hessen zuletzt mit ihren Studien Monza und GT mehr als eindrucksvoll bewiesen. Und wenn man sich den Ampera-e mit seinem Zehn-Zoll-Display oder dem innovativen Rückspiegel mit Augmented Reality-Technik anschaut, können sie das durchaus auch bei einem Serienmodell.
Doch bei den großen Stückzahlen des Opel Insignia waren den Hessen die Investitionen in solch Gimmicks offenbar zu groß. Schließlich rechnet Firmenchef Karl-Thomas Neumann gerade mit einem sehr spitzen, ziemlich roten Stift. Die einzig wirklich neue Technik beim neuen Insignia ist deshalb das IntelliLux-Matrix-Licht mit 32 LED-Segmenten, die den Lichtkegel individuell den Straßen- und Verkehrsverhältnissen anpassen und mit einem 400-Meter-Strahl auch die Lasertechnik überflüssig machen wollen. Und auch das ist nur eine Weiterentwicklung aus dem Astra, wo das System auf eine Bestellquote von stolzen 25 Prozent kommt und die deshalb kein sonderlich hohes Risiko-Potenzial in der Entwicklungsbilanz darstellen dürfte.
Aber Risiken kann Neumann gerade auch nicht eingehen, wenn er sein Versprechen von der Schwarze Null einhalten und den Endspurt beim Comeback von Opel zu einem Erfolg führen will. Der neue Insignia muss dazu als Flaggschiff im neuen Format natürlich seinen Beitrag leisten. Doch er trägt die Last nicht allein auf den jetzt etwas breiteren Schultern. Sondern schon bald stellt Opel ihm noch großes SUV zur Seite und zieht gegen Ford und VW zum ersten Mal mit einer Doppelspitze ins Rennen.