Porsche Cayenne S E-Hybrid – Schlechtes Gewissen als Extra

Segeln heisst das neue Bolzen.

Wenn sich ein ausgewachsener Riesen-SUV lautlos um die Ecke pirscht, hat man es verblüffenderweise mit einem Porsche zu tun. Dem Porsche Cayenne S E-Hybrid

Text: Franz J. Sauer
Klar kann der große Porsche mit dem elektrischen Herzen auch bollern und brüllen wie man das von einem Zuffenhausener erwartet. Es gibt sogar einen Modus, der das lautlose Dahinstromern ausschließt, wenn man das nicht tun will. Dem entgegen steht jene gewisse Faszination, die es auslöst, ein 2,2 Tonnen Fahrzeug bloß mit der lautlosen Kraft eines Elektromotors voranzutreiben. Den Gasfuß dabei derart gefühlvoll zu dosieren, dass der Verbrenner schlafen bleibt. Und durch geschicktes Ausnutzen von Kurvenradien, sonst kaum merkbaren Gefällen und exakt getimten Grünphasen die Elektro-Passagen des alltäglichen Stadtgefüges größtmöglich in die Länge zu ziehen.

Klar, viele PS und dicke Motoren verwundern uns jetzt nicht wirklich nachhaltig, wenn von Fahrzeugen aus dem Hause Porsche die Rede ist. Überhaupt versteht man es bekanntlich in Zuffenhausen, mit Begriffen um sich zu werfen, die Autofans per se das Wasser im Munde zusammen- laufen lassen. SUV etwa ist so ein Begriff, der die große Freiheit der Fortbewegung über jede Art von Untergrund vors geistige Auge rückt. Einfach losfahren, richtung Sonnenuntergang, Ende nie.

Die große Reise

Nun, Gepäck würde der Cayenne genug schlucken. Aber die Begriffe Freiheit, Reise und Hybrid beginnen sich in der Wahrnehmung des interessierten Automobilisten wie ganz von selbst zu widersprechen. Elektro? Damit kommt man nicht weit. Freiheit? Bis zur nächsten Steckdose. Reise? Auch in St. Pölten gibt’s schöne Hotels …

Man ahnt bereits: PlugIn heißt das Zauberwort, das aus dem Hybriden (den auch Porsche hauptsächlich wegen des Flottenverbrauchs im Angebot führt, andererseits: Wenn man schon so ein Wunderding von Motor im Konzern hat …) den Dauerläufer macht. Intelligent angewendet, cruist man also per Benziner auf der Auto- bahn von Wien nach Salzburg oder Bologna oder eben Nizza, nimmt aber, sobald man im pittoresken Innenstadtgewühl anlangt, sofort den Bleifuß vom Gaspedal und verwandelt dieses damit in eine Art Lichtdimmer, mit dem man den Stromfluss für die saubere Fortbewegung in der 30 km/h-Range regelt. Die Vollladung der Batterien erfolgt durch Rekuperation, während der Verbrenner vortreibt, den Löwenteil an jener Batteriebefüllung, mit der man im hybriden Cayenne letztlich bis zu 36 Kilometer rein elektrisch zurücklegen kann, leistet allerdings die Übernacht-Ladung an der heimischen Steckdose. Glauben Sie mir, es hat was Erhebendes, mit einem vollwertigen Porsche-SUV durch die Innenstadt zu cruisen, vom Bordcompu- ter den Momentanverbrauch abzufragen und trotz eindeutig nachweisbarer Fortbewegung (oder aber irgendwer zieht draußen vor den Scheiben die Welt vorbei) stets ein sattes 0,0 vor Augen zu haben.

… die Begriffe Freiheit, Reise und Hybrid beginnen sich in der Wahrnehmung des interessierten Automobilisten wie ganz von selbst zu widersprechen …

Wie immer beim Stromern wird es zum Quiz zwischen Stromfuß und Verkehrsgeschehen, so weit wie möglich voranzukommen, ohne den Benziner bemühen zu müssen, längstenfalls eben knapp 40 Kilometer (95 PS, 135 km/h Spitze). Aber auch wenn der Verbrenner gelegentlich zur Hilfe eilt, weil doch mal etwas schneller gefahren oder ein hartnäckiger Berg bezwunge werden muss: Der Durchschnittsverbrauch bleibt bei intelligentem Hin- und Hersurfen zwischen den Antriebswelten auch in Echt nicht weit über den werksseitig angegebenen 3,1 Litern auf 100 km im NEFZ-Durchschnitt.

Leuchtgelbgrün

Allerlei Strom-Ornamentik ziert die Optik des bravsten Cayenne. Eigene Felgen erlauben den Durchblick auf leuchtgelbe Bremssättel, die ebenso wie in selber Farbe gerahmte „e-hybrid“-Logos auf das Elektrisch-Eklektische des großen Porsche-SUV hinweisen, auch die Zeigernadeln von Tacho und Drehzahlmesser leuchten gelbgrün. Rennstreckentauglich ist der Cayenne S e-hybrid schon auch gut, im „Performance“- Modus wird der E-Motor sozusagen zum Turbo des Benziners, dann scharren alle 416 Pferde gleichzeitig mit allen Hufen. Und dafür, dass derlei nicht allzu oft geschieht, sorgt das serienmäßig und aufpreisfrei mitgelieferte schlechte Gewissen des Fahrers.

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