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Škoda Octavia RS – Der Alltagsheld mit Adrenalinspritze

Schraubt man ein wenig an der Zeitmaschine, dann kam der Skoda Octavia RS schon mal räudiger rüber. Nun ist er im Auftritt braver, wiewohl unter der Haube eigentlich stärker. Es scheint dem Zeitgeist geschuldet zu sein, ein bisserl weniger auffallen zu wollen. Schade eigentlich.

Mit Wonne erinnere ich mich an einen Rom-Trip mit dem damals bösesten Skoda Octavia RS. Es war der Benziner mit 230 PS und er machte auf den erste Blick klar, wes Geistes er war: spritzig, böse, sportlich mit extra-Wumms und ohne viel Understatement. Sowas gefiel mir damals, gefällt mir noch heute. Immer wieder ertappe ich mich dabei, nach gebrauchten Octavia RS des nämlichen Jahrganges zu suchen. Und bin dabei immer wieder aufs neue verblüfft, wie gut die sagenhaften Teile ihren Preis halten, trotz teils amtlicher Kilometerleistungen. Fast scheint es, als würden die Modelle von damals den Sprung vom Neuwagen zum Kultauto ohne die fade Phase des schmuddeligen Gebrauchten schaffen. Was auch den einstigen Dauertester von motorblock.at in ein wehmütiges Licht rückt. Schließlich hatte es der Wagen damals in den privaten Fuhrpark der Geschäftsführung geschafft. Und wurde von dort fehlerhafterweise irgendwann auch wieder rausverkauft.

Optik: Polohemd mit aufgestelltem Kragen
Nun gibt es natürlich wieder einen Octavia RS der aktuellen Baureihe. Und der kann vieles wenn nicht alles besser, eh klar. Aber leider kommt der aktuelle RS auch als Kombi eine Spur zu viel ohne großes Tamtam daher. Breite Spur, dezente Spoilerlippe, rote Bremssättel, wuchtige Felgen, alles ein bissl kaschiert, so als würde man sich dafür genieren. Keine Gürtelschnalle in der Front, kein Carbon-Korsett. Wer’s nicht weiß, denkt sich: Aha, ein flotter Leasingwagen. Wer’s weiß, sieht: Das ist ein Wolf im Schafspelz. Aber nur der sieht es wirklich.

Nun haben wir also hier einen wirklich guten, wirklich bösen 2.0 TSI Motor vorne drin – 265 PS, Frontantrieb oder Allrad. In meinem Fall: Frontkratzer mit 7-Gang-DSG (wie immer: formidabel). Weil wir uns ja nix mehr beweisen müssen, außer vielleicht den kurvigen Zubringer zur Hohen Wand. Aber auch das hat mit dem Modell, von dem wir oben schwärmten, mehr Freude bereitet.

Halt, stop, retour, langsam wird es ungerecht. Ich meine, wollen wir einem wahrhaft guten Auto tatsächlich mit der guten alten Zeit am Zeug flicken? Zumal der Octavia in Sachen Technik und Haptik ordentlich zugelegt hat, in den letzten zehn Jahren?

Innenraum: Tschechische Disziplin trifft deutsche Ergonomie
Die Sitze? Stramm. Die Nähte rot. Die Bedienung? Zum Glück noch nicht vollständig von Touch-Göttern zerstört, wenngleich hier die VW-Bediensprache schon sehr weit ins Geschehen greift. Zwar gibt’s auch hier das große zentrale Display mit etwas zu vielen Submenüs, aber wenigstens funktioniert’s, und man muss im Skoda keine dreistufige Liturgie beten, um die Lüftung zu regulieren.

Das Lenkrad liegt gut in der Hand, die Sitzposition passt, und hinten ist so viel Platz, dass man notfalls auch das IKEA-Regal nicht zerlegen muss. RS bedeutet hier eben auch: Raumwunder Sport.

Fahrverhalten: Der stille Genießer
Der Octavia RS fährt sich wie ein Mittelklasse-Held auf Koffein. Straff, aber nicht rabiat. Direkt, aber nicht nervös. Die Lenkung ist angenehm präzise, das Fahrwerk sportlich abgestimmt, aber ohne Bandscheibenmord. Und der Motor? Der klingt wie ein gut gelaunter Audi TT nach zwei Bieren: souverän, unaufgeregt, aber mit Punch. 0 auf 100 spielts in rund 6,7 Sekunden – das reicht, um einiges an reinrassiger Sportlerei herzubrennen. Und wenn man will, frisst er auch Kurven, nonchalant toleriert von einem sehr verständnisvoll ausgelegten ESP. Nur Vorsicht bei Vollgas aus dem Eck: Selbst ein wohlaustarierter Frontantrieb wie dieser setzt die Regeln der Physik kaum außer Kraft.

Alltagstauglichkeit: Papas Sportwagen
Das Beste am RS: Er ist der perfekte Kompromiss, heute wie damals. Und auch wenn das jetzt ein bissl nach Werbeslogan klingt, ist es in dem Fall ein Lob. Bei der aktuellen Baureihe sogar mehr als bei jener hochgelobten von zuvor. Du kannst damit zur Arbeit fahren, die Kinder holen, die Schwiegermutter zum Heurigen chauffieren – und am Sonntag trotzdem den Wechsel runterballern, als gäbe es dort keine Section Control. Wer brav fährt, bleibt dabei sogar bei unter acht Litern Verbrauch.

Fazit: Der Zivildiener mit Boxhandschuhen
Der Škoda Octavia RS ist in seiner aktuellen Ausfertigung wie ein guter Freund, der in der Bar still in der Ecke sitzt – und plötzlich beim Dartturnier die halbe Belegschaft abzieht. Seinen Vorgängern hätte man dieser Skills schon von der Weiten angesehen und dass dies nicht jedermanns Sache war, nehmen wir zähneknirschend zur Kenntnis. Der Skoda Octavia RS von heute ist nicht laut, nicht überheblich, aber jederzeit bereit, Leistung zu liefern, wenn man ihn fordert.

Ein Sportler mit Platz, ein Familienkombi mit Pfiff – und vielleicht das letzte Auto, bei dem man sich nicht zwischen Vernunft und Leidenschaft entscheiden muss.

Der Skoda Octavia RS startet in Österreich preislich ab 52.150 Euro.

Franz J. Sauer

Liebt Autos, weiß auch ein bissl was, schwurbelt schön drum herum und springt für SUV in die Bresche.

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