Trotz seiner zahlreichen Vorteile hat sich Erdgasantrieb hierzulande noch nicht bei der breiten Masse durchgesetzt. Das liegt mitunter wohl daran, dass immer noch diverse Legenden zum Thema kursieren, die vom Kauf abschrecken. Tatsächlich handelt es sich dabei aber restlos um Humbug, den wir im Folgenden zerschlagen werden.
Text: Jakob Stantejsky
1. – Erdgasfahrzeuge sind aufgrund des Gastanks gefährlicher
Man kann verstehen, woher die irrige Annahme kommt. Denn in unseren Blockbuster-gefütterten Gehirnen ergibt Gas plus Funken (wie sie etwa bei einem Unfall entstehen können) fette Explosionen. Das ist bei manchen Gemischen auch nicht falsch, aber CNG-Autos sind auch in dieser Hinsicht genau so sicher wie Benziner oder Diesel. Der Gastank hält rund doppelt so viel Druck aus, wie beim Betrieb entsteht und falls es tatsächlich mal zu Feuer kommt, wird das Gas kontrolliert ausgestoßen, damit dem Fahrzeug und den Insassen nichts zustoßen kann. Auch bei Kälte zeigt sich CNG widerstandsfähig: Erst bei unter 160 Grad Celsius verflüssigt es sich.
2. – Mit einem Erdgasauto darf ich nicht überallhin fahren
Man kennt die Hinweisschilder an Tiefgaragen, die die Einfahrt mit flüssiggasbetriebenen Fahrzeugen verbieten. Das betrifft allerdings nur LPG-Autos, nicht moderne CNG-Vehikel wie etwa unseren Seat Leon ST TGI-Dauertester. Mit CNG-Antrieb darf man jederzeit überall unterwegs sein, auch in Städten, die aufgrund von zu hoher Schadstoffbelastung zeitweise den Verkehr einschränken.
3. – Erdgasautos sind teuer
Nein. Im Vergleich präsentiert sich ein CNG-Fahrzeug günstiger als ein gleichwertiger Diesel und dank Initiativen wie dem CNG-Bonus von Seat in Österreich (2.000 Euro auf jeden CNG-Neuwagen) liegen sie auch mit einem gleich starken Benziner gleichauf. Doch vor allem nach der Anschaffung spielt der Erdgasantrieb seine Stärken aus. Denn CNG ist an der Tankstelle deutlich günstiger als Benzin und Diesel, bei unserem Dauertester kostet eine Tankfüllung rund 18 Euro, mit der wir dann an die 400 Kilometer weit kommen.
4. – Erdgasfahrzeuge erfordern aufwändigere Wartung
Diese Aussage ist schlicht und ergreifend unwahr. Da CNG-Motoren mechanisch mit Benzinern quasi ident sind, fallen auch dieselben Service-Intervalle und Wartungsnotwendigkeiten an. Auch die Teile nützen nicht schneller ab oder ähnliches. Im Rahmen der Pickerlüberprüfung wird lediglich auch der Zustand des Gastanks sicherheitshalber gesondert durchgecheckt, das wirkt sich aber in keiner Weise auf den Kunden aus.
5. – Es gibt zu wenige Erdgastankstellen
Während zwar wahr ist, dass es natürlich viel mehr Benzin- und Dieseltankstellen in Österreich gibt, ist mit über 170 Erdgastankstellen auch für alle CNGler gut gesorgt. Bei einer Reichweite von rund 400 Kilometern nur mit Erdgas findet sich garantiert immer eine locker erreichbare Nachfüllmöglichkeit. Außerdem verfügen etwa alle CNG-Seats über einen kleinen Benzintank, der Treibstoff für circa 100 Kilometer fasst. Sollte einem das Gas also tatsächlich einmal ausgehen, wird der Motor einfach mit Benzin gefüttert. Den Übergang spürt man als Fahrer nicht im Geringsten, das Fahrverhalten bleibt völlig gleichmäßig.
6. – Erdgasautos fahren sich anders
Wir haben es mittlerweile ausführlich getestet und können diesen Irrglauben daher getrost vergessen. Der Unterschied ist nicht zu bemerken, Ansprechverhalten und Kraft gleichen einem Benziner wie ein Ei dem anderen. Eigentlich logisch, schließlich läuft der Motor – wie erwähnt – mit CNG und Benzin, was soll also groß anders sein können?
7. – Wenn das Gas doch entweicht, ist es gefährlich
Kein Treibstoff ist für den Menschen bei direktem Kontakt völlig harmlos. Das gilt für Erdgas genauso wie für Benzin, Diesel und sogar Strom. CNG jedenfalls ist nicht giftig und völlig geruchslos. Damit man trotzdem bemerkt, falls der Tank lecken sollte, wird dem Gas ein Duftstoff beigemischt, den man schon bei einer Konzentration von rund einem Prozent sofort riecht. Gefährlich wird Erdgas allerdings erst ab 14 bis 16 Prozent. Des weiteren entzündet sich CNG erst bei viel höheren Temperaturen als Benzin, ist also auch in Punkto Brandgefahr sicherer.
8. – Erdgas ist in der Herstellung umweltschädlicher
CNG ist in Herstellung und Anlieferung keineswegs umweltschädlicher als Benzin und Diesel. Ganz im Gegenteil: Vereinzelt finden sich sogar Bio-CNG-Tankstellen, wo man Erdgas tanken kann, das aus Abfällen und anderen biogenen Rohstoffen. gewonnen wurde. Außerdem kommt der Treibstoff über Untergrundleitungen direkt zur Tankstelle, der Transport mit Horden von umweltschädlichen LKWs fällt also weg. Auch der Endverbraucher ist übrigens deutlich schadstoffärmer unterwegs: Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Ruß und andere Partikel werden kaum ausgestoßen, der Stickoxidausstoß sinkt im Vergleich zum Diesel um 70 Prozent und auch die CO2-Belastung ist um 25 Prozent geringer als bei Benzinern.
Ihr seht schon, all die gängigen Ängste rund ums Thema CNG lösen sich bei genauerer Betrachtung schnell in Luft auf. Dass Erdgas sich bei uns noch nicht im großen Stil durchsetzen konnte, liegt also nicht an praktischen oder umwelttechnischen Hindernissen, sondern einfach am Kunden. Vielleicht denkt ihr dran, wenn ihr euer nächstes Auto kauft.