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Sauer’s Fahrtenbuch – Blockwarte auf der Strasse

Hat wer Tipps für den Umgang mit lähmender Blockwarte-Mentalität?

von Franz J. Sauer
Er fährt 30. Punkt. Er is ein Blockwart. Er hat das gekauft, diese Straße da, weil er zahlt ja KFZ-Steuer. Also gehört sie ihm. Und da is 30 also fährt er dreissig. Man fragt sich: wo bleibt der gute alte Zilk-Hömal mit seinen Sinnsprüchen, wenn man ihn dann mal braucht? Als Zilk und Dagi damals in der Maxingstraße die Villa der Anna Nahovski kaufen wollten, mutmaßte der verschwörungstheoretische Wiener, die kurz zuvor eben dort eingesetzte 30er-Beschränkung diene nur zweitrangig dem Schutz der US-Botschafter-Residenz und erstinstanzlich der bürgermeisterlichen Verkehrsberuhigung. Aber Zilk, im ZiB-Interview mit Robert Hochner, winkte ab: „Der 30er in Wien ist dazu da, damit der 50er gewährleistet wird.“ Na also, da haben wirs. Also bitte fahr 50, Blockwart.

Sie meinen nun, Blockwart ist hier ein harter Begriff? Rein von der geschichtlichen Herleitung zweifellos. Aber es gibt den Begriff der Blockwart-Mentalität auch ausserhalb des inhaltlichen Konnex mit dem grausigen Dritten Reich. Und Leute, die gerne Polizei spielen und ungefragt den Gesetzeshüter geben … wie heißt nochmal der Kerl, der da die Wirten nach dem Raucherschutz-Gesetz vernadert hat? … naja, solche Mitbürger sind mir halt nicht sonderlich sympathisch. Da liegt dann schnell auch mir das schmalzerne Schimpfwort auf der Zunge, gerne durchs geöffnete Autoenster gebrüllt. Inklusive Hupen.
Allerdings gibt es Blockwarte, da bleibt selbst mir die sonst gut geölte Zunge trocken. Sie hängt dann wie ein ausgetrockneter Putzlappen am Gaumen. Und bringt weder Ton noch Replik in angemessener Form zustande. So geschehen letzthin in einem netten Wohnbezirk entlang der Lainzer Tiergarten-Mauer. Ich schlich durch das Viertel, achtete auf den potentiell hinter jedem geparkten Auto lauernden Kinder-Fußball, fuhr um Radfahrer jeglichen Alters einen großen Bogen und drehte sogar das Radio leiser, auf dass ich die beschauliche Frühsommer-Idylle keineswegs störte.

Trotzdem sprang er mir fast vors Auto. Der Vorstadt-Vater mit Gartenschlauch-Steckteil in der Rechten und Gardena-Gebrauchsanleitung in der linken Hand. Grad vom Baumarkt zurückgekehrt schien es ihm besonders wichtig, kurz vor der Schlauch-Montage noch für Recht und Ordnung zu sorgen. Also brüllte er meinen Kühlergrill an. Fuchtelte heftig. Ließ zu diesem Zwecke sogar den Zettel mit der Gebrauchsanweisung fallen. Und dann deutete er mir, mit haßerfüllter Miene. Reckte Daumen, Zeige- und Mittelfinger zur erzieherischen Geste auseindander, während er die restlichen Finger einrollte. „Drei“ deutete er mir. Aus alter Blockwarte-Erfahrung wußte ich dies sofort zu deuten: er erklärte mir, das hier sei eine Dreissiger-Zone.

Nun wäre ein solcher Hinweis von einem besorgten Familienvater durchaus rechtens gewesen, hätte ich die knapp 300 PS meines 6er-BMW so richtig ausgewrungen und wäre mit knapp unter dreistellig Stundenkilometern durch seine Gasse gewetzt, auf dass der Rollsplit nur so in die Gartenzäune pfeilt. Hab ich aber nicht, bin ich aber nicht. Meine Tachonadel zeigte exakt jenen Dreissiger, den er sich im Schweisse seines Wahlzettels erkämpft hatte.  Also blieb ich stehen und fragte Papa Gartenschlauch, was er mir denn eigentlich sagen wolle.

„Hier ist 30!“ überschlug sich die Gärtnerstimme. „Und wieviel bin ich gefahren?“ Üblicherweise ist diese meine Replik mannstoppend, weil jeder Dummlack weiss, dass das menschliche Auge die Geschwindigkeit von sich auf es zu bewegenden Körpern nicht schätzen kann. Was ich nicht wußte: Ausgenommen von dieser physikalischen Gesetzmäßigkeit ist das Okular von Hobbygärtnern: „38,537 km/h!“ entfuhr es Herrn Papa. Da gab meine Zunge endgültig den Geist auf.

„38,537 km/h!“ entfuhr es Herrn Papa. Da gab meine Zunge endgültig den Geist auf.

Franz J. Sauer

Liebt Autos, weiß auch ein bissl was, schwurbelt schön drum herum und springt für SUV in die Bresche.

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