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BMW R 12 S – In die Zeit gefallen

Manchmal braucht es nur einen Blick. Einen Blick auf eine Form, eine Farbe, eine Linie – und man weiß: Das ist mehr als nur ein Motorrad. Mit der neuen BMW R 12 S liefert BMW nicht nur ein nettes Retroradl, sondern ein emotionsgeladenes Remake für Erwachsene. Eine Maschine, die Geschichte atmet, ohne dabei von gestern zu sein.

Was da glänzt, wenn man das Datenblatt zur Seite legt und die Maschine einfach wirken lässt, das ist nicht nur ein Motorrad. Es ist ein Zitat. Ein Erinnerungsstück. Ein Statement, irgendwo zwischen 1970er-Jahre-Optimismus und freiem 2010er-Jahre-Lebensgefühl.

Die neue BMW R 12 S ist eine Hommage an das legendäre Modell R 90 S. Und wie das mit Hommagen so ist: Sie funktionieren nur, wenn man sie bis ins Detail ernst meint. Das scheinen die Münchner hier zu tun. In der Lava-Orange-Metallic-Lackierung, mit ihren doppelten roten Zierlinien und den klar lackierten Alu-Elementen spricht die R 12 S eine eindeutige Sprache. Die klassische Verkleidung, das minimalistische Heck mit Solo-Sitzbank und integrierter LED-Leuchte, dazu ein Seitendeckel mit einem „S“-Schriftzug, der deutlich an das alte „900“-Badge erinnert – das alles riecht nicht nach Retro, sondern nach Rückbesinnung. Und das ist ein kleiner, feiner Unterschied, der in der aktuellen Schnelllebigkeit gut tut.

Boxer forever!

Technisch basiert die R 12 S auf der R nineT, was grundsätzlich schon mal kein verkehrter Ausgangspunkt ist. Der Boxer mit 1.170 ccm ist ein alter Bekannter – druckvoll, charakterstark, mechanisch präsent. 109 PS und 115 Nm bei 6.500 U/min mögen am Papier kein Spektakel sein, aber um Zahlen, Daten und Fakten geht’s hier ohnehin nicht. Vielmehr um diesen leichten, aber konstanten Druck aus der Mitte. Um das souveräne Pulsieren eines Aggregats, das weiß, woher es stammt. Und das trotzdem mit aktuellen Features wie Quickshifter, Fahrmodi, Kurven-ABS oder Headlight Pro aufwartet.

Gelungenes Gesamtkunstwerk

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die BMW R 12 S ist – vor allem in der optionalen Ausstattung mit den edlen Option-719-Komponenten – ein ziemlich gelungenes Gesamtkunstwerk. Zu nörgeln findet man da auch bei genauer Suche nichts. Gefräste Hebeleien, stylishe Speichenfelgen, ein Kennzeichenhalter, der dezent am Schwingarm baumelt, sowie beheizbare Griffe und Tempomat als Features. Der Reiz der Maschine liegt im Detail. Und im Understatement.

Natürlich könnte man jetzt von der Isle of Man erzählen, von Daytona oder von Reg Pridmore, der auf der originalen R 90 S 1977 die AMA Superbike Championship gewann. Aber Hand aufs Herz – die meisten zukünftigen Besitzer dieser R 12 S werden ihr Revier eher zwischen Innenstadt, Landstraße und Kaffeehaus markieren. Und das ist völlig in Ordnung so. Denn das Motorrad ist nicht nur für Nostalgiker gemacht, sondern auch für jene, die den Weg zur Arbeit oder zum Sonntagsfrühstück nicht in Funktionskleidung, sondern im Maßleder bestreiten wollen.

Verlockung vs. Vernunft

Bleibt die Frage nach dem Preis. Die BMW R 12 S startet bei 25.990 Euro – und liegt damit nicht nur optisch, sondern auch ökonomisch eher auf der Seite der Verlockung denn auf jener der Vernunft. Doch wer hier nach Cent rechnet, verpasst das Wesentliche: das Gefühl, etwas zu fahren, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Denn irgendwo zwischen dem sonoren Klang des Boxers, dem kurzen, präzisen Ruck des Quickshifters und dem goldenen Schimmer des späten Nachmittagslichts auf der lackierten Tankseite wird klar: Diese Maschine ist kein Spielzeug. Sie ist ein Kapitel. Ein Brückenschlag, ein Stück Kulturgut, made in Bayern. Eben nicht nur irgendein Retro-Eisen, sondern eine persönliche Geschichte, die es noch zu schreiben gilt.

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