Byton in Las Vegas
Die digitale Revolution in SUV-Form
Dagegen sehen Mercedes S-Klasse, Audi A8 und BMW Siebener aus wie Oldtimer und selbst das Tesla Model X wirkt ein Bisschen wie von gestern. Wer sich zum ersten Mal in die jetzt auf der CES in Las Vegas enthüllte SUV-Studie von Byton setzt, der fühlt sich wie Captain Future auf einer Zeitreise. Denn so digital wie der 4,85 Meter lange Fünfsitzer, so vernetzt und so smart, war bislang noch kein anderes Auto.Von Thomas Geiger
Kein Wunder, schließlich wollen die Chinesen, die für ihren Angriff auf Tesla & Co vor allem Manager aus dem Team von BMW i abgeworben haben, nicht einfach nur saubere Mobilität bieten, sondern ein bislang ungeahntes digitales Erlebnis. “Unser Concept Car verbindet die digitale mit der automobilen Industrie in einer Art und Weise, die völlig neue Mobilitätserfahrungen ermöglicht”, verspricht Firmenchef Carsten Breitfeld, Nicht umsonst steht der Firmenname für „Bytes in Wheels“ und nicht ohne Grund prangt im Cockpit neben drei soliden Touchscreens der mit 125 mal 25 Zentimetern größte Bildschirm, der es bislang in ein Auto geschafft hat.
Die technischen Daten des schnittigen SUV mögen weniger spektakulär sein: 520 Kilometer Reichweite mit 95 kWh großen Akkus, 80 Prozent Ladung in 30 Minuten, 350 kW Leistung, 720 Nm Drehmoment und Fahrleistungen auf dem Niveau eines Sportwagens – das kennt man auch von Tesla & Co. Und auch Autos wie der E-Tron von Audi oder der i-Pace von Jaguar werden dort hinkommen. Doch was Byton sonst alles bieten will, klingt ziemlich einzigartig. Statt Türgriffen gibt es Kameras, die den Nutzer erkennen, ihm Einlass gewähren und nach einem gespeicherten Profil alle individuellen Einstellungen vornehmen. Bedient wird der Wagen vor allem mit Sprach-, Touch- und Gestensteuerung und weil er Teil eines 5G-Netzwerkes ist, ist er ständig und überall online und connected. Egal ob Kommunikation oder Infotainmemt, ja sogar die Gesundheitsdaten der Insassen stehen auf allen Geräten und an allen Orten der digitalen Lebenswelt zur Verfügung.
Zwar hat es gerade aus China schon viele ambitionierte Elektrostudien mit reichlich digitalem Buhei gegeben. Und erst im letzten Jahr hat Faraday Future auf der CES ein großes Strohfeuer entfacht, von dem aktuell nur noch ein Häufchen Asche übrig ist. Doch so ganz vergleichbar ist Byton mit den anderen Newcomern nicht. Denn erstens strahlen die ehemaligen BMW-Manager eine schier unerschütterliche Zuversicht aus. Und zweites machen sie anders als ihre Vorreiter ziemlich konkrete Angaben zur Zukunft.
So entwickeln sie gerade eine eigene Plattform für ein Modell im Stil der SUV-Studie, die bereits 2019 in den Handel kommen soll. Gebaut in Nanjing in China soll es zuerst im Reich der Mitte auf den Markt kommen, bereits 2020 aber auch in den USA und in Europa angeboten werden. Und wer nicht auf die Top-Version mit den Eckdaten der Studie besteht, sondern mit 71 kWh für 400 Kilometer und mit 200 kW Motorleistung zufrieden ist, den wollen die Chinesen mit einem Richtpreis von 37.500 Euro ködern. Und als wäre das nicht schon Kampfansage genug, sollen in den Jahren darauf erst eine Limousine und dann noch ein Siebensitzer folgen.
Natürlich muss auch Byton erst einmal beweisen, dass es diesmal mehr sind als schöne Worte und leere Versprechungen. Und zumindest in Las Vegas werden sich Bayern und Chinesen damit noch schwertun. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Start-Ups lässt die Nagelprobe nicht lange auf sich warten. Spätestens im nächsten Jahr wird man wissen, wie es um die digitale Revolution bestellt ist.