Neuer Bavaria-Express
Auf die Dauer hilft nur Power. Während BMW diese Goldene Regel der Leistungsgesellschaft ausgerechnet beim Siebener ignoriert und der solventen Kundschaft seit Jahrzehnten den sehnlich erwarteten M7 verweigert, haben sie bei Alpina in Buchloe traditionell ein Herz für eilige Executives und machen jetzt wieder das Flaggschiff der Münchner flott.
von Thomas Geiger
Der Alpina B7 macht aus dem 750 Li einen Sportwagen im Smoking. Die Scharfmacher kitzeln mit neuer Luftführung, größeren Turbos und einer leistungsfähigeren Kühlung noch einmal ein Drittel mehr Leistung aus dem 4,4-Liter-Triebwerk und locken die Schnellfahrer mit 608 PS.Weil zudem das maximale Drehmoment auf imposante 800 Nm steigt und mehr als drei Viertel davon bereits ab 1.500 Touren zur Verfügung stehen, sprintet der Bavaria-Express künftig in 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Und weil sie bei Alpina um den Reiz einer freien Autobahn wissen und sich nicht mit albernen Hierarchien innerhalb der Baureihen abgeben müssen, ist die Sause bei 250 Sachen noch lange nicht vorbei. Wer den Fuß stehen lässt und entsprechend freie Bahn hat, kann mit dem Siebener bis zu 330 km/h fahren und sich zum König der linken Spur aufschwingen. Denn abgesehen von Ferrari & Co halten da nicht mehr viele Autos mit – erst recht keine Business-Limousinen.
Während der Antritt des B7 dabei fast so aggressiv ist wie bei einem Supersportwagen, fühlt sich das Auto jenseits von 250 km/h ganz anders an als die traditionellen Tiefflieger. Ja, auch Alpina hat Fahrwerk und Lenkung strammer abgestimmt und in dem nur für die Modelle aus Buchloe programmierten Fahrprogramm Sport Plus spürt man in dem ansonsten wolkenweichen Fahrwerk sehr wohl ein paar weit entfernte Turbulenzen. Aber wo man bei Ferrari & Co irgendwann zwangsweise das Messer zwischen den Zähnen hat und das Adrenalin bis auf Augenhöhe steigt, rast im B7 nur das Auto und nicht der Puls.
Als „Tiefenentspannung“ wie Juniorchef Andreas Bovensiepen muss man eine Fahrt jenseits von 300 km/h vielleicht trotzdem nicht bezeichnen. Doch wenn er behauptet, dass man in keinem einem anderen Auto so lange so schnell fahren kann, mag man ihm kaum widersprechen. Solange der Tank voll und die Straße leer sind, gibt es in diesem Auto jedenfalls keinen Grund, vom Gas zu gehen. Und erst recht nicht zum Bremsen. Schon allein, um Mensch und Material zu schonen. Schließlich packen die riesigen Klauen mit einem derart eisernen Griff um die Pizzateller großen Bremsscheiben, dass einem im Ernstfall schnell die Spucke weg bleibt.
Wenn es trotzdem einen Grund gibt, im B7 die Autobahn zu verlassen, dann sind es die Lockungen der Landstraße. Denn genau wie der neue Siebener profitiert auch der heimliche M7 vom segensreich steifen „Carbon-Core“ der Karosserie, von einem bei Alpina mit bis zu 90 Prozent Hecklast ausgelegten Allradantrieb und vor allem der Hinterachslenkung. Während die auf der Autobahn mit parallelem Einschlag schnellen Spurwechseln selbst bei höchstem Tempo den Schrecken nimmt, lenken die Hinterräder auf der Landstrape in der Gegenrichtung und bringen den langen Lulatsch so schneller um die Ecke. Obwohl Alpina den B7 mit Blick auf die USA als wichtigstem Markt nur als Langversion anbietet und man deshalb in einem Auto von stolzen 5,23 Metern sitzt, fühlt sich der Luxusliner beim engagierten Aufstieg zu einem Alpenpass oder in den Allgäuer Hügeln an wie ein Fünfer.
Wie immer bei Alpina kommt dieser Kraftakt auch beim B7 in Samt und Seide. Denn der prollige Auftritt so manch eines Tuners ist nicht die Sache der Allgäuer, wo man die feine englische Art predigt und selbst manchen Bentley schon ein bisschen zu effekthascherisch findet. Ja, der B7 bekommt natürlich einen Sportauspuff und klingt deshalb etwas basslastiger. Und selbstredend lässt sich das adaptive Fahrwerk ein bisschen weiter absenken, damit sich dem Wind bei Vollgas nicht ganz so viel Wagen entgegen stellt. Doch alle Spoiler und Schweller sind dezent und funktional, die Rallye-Streifen sehen so aus, als werden wie die Signature-Line eines Rolls-Royce mit einem feinen Haarpinsel aufgetragen, die 20- oder 21-Zoll-Felgen haben nichts protziges und innen bleibt es bei einem feinen Ambiente aus Lack und Leder, das mit aufwändig gesteppten Polstern und dem tiefen Glanz des Piano-Finishs auch den Individual-Modellen aus Garching die Schau stiehlt.
Stärker als das bis dato stärkste Serienmodell, deutlich schneller sowie außen und innen stilvoll verfeinert – so hat der B7 einmal das mehr das Zeug zum besten Siebener in der Familie. Das einzige, was ihm dazu eigentlich noch fehlt, ist das M7-Logo, das bei BMW offenbar ganz tief in einem Panzerschrank liegt. Den Kunden kann das nur recht sein. Denn der Alpina B7 ist nicht nur stilvoller und schneller, als man es von einem BMW M7 erwarten würde. Sondern in Buchloe ist das Auto mit einem fast schon bescheidenen Aufschlag von etwa 35 000 Euro auch noch deutlich billiger, als es bei der M GmbH vermutlich geworden wäre.