Der BMW iX1 ist ein ganz klassisches Kompakt-SUV – wenn auch elektrisch. In der Hierarchie der Münchner zählt er damit zu den Kleinsten und dennoch hat er große Ambitionen. Ob er die auch auf den Asphalt bringt …
Fotos: Eryk Kepski
Viereinhalb Meter auf den Punkt ist der BMW iX1 lang. Klingt solide, aber auch nicht nach dem großen Prestige. Doch in natura wirkt der Elektriker recht wuchtig. Einmal werde ich im Laufe des Tests sogar gefragt „was das für ein fetter BMW ist.“ Nicht von einem dezidierten Autokenner, zugegebenermaßen, aber der erste Eindruck ist ja angeblich am wichtigsten. Mit der großen, glücklicherweise aber nicht ausufernden Niere, den breiten Backen (vorne wie hinten) und den massigen Radkästen macht der iX1 durchaus etwas her – genau wie sein zumindest optisch eineiiger Zwilling X1.
Das Herz des iX1 schlägt aber in einem ganz anderen Rhythmus. Zwei Motoren mit insgesamt 313 PS und 494 Nm Drehmoment samt Allradantrieb sind zwar typisch BMW kraftvoll und dynamisch, aber natürlich rein elektrisch. Ein Sprintwert von 5,6 Sekunden auf 100 km/h macht den iX1 tatsächlich zum schnellsten X1 aller Zeiten aus den Startlöchern – gleichauf mit dem seligen Reihensechser X1 35i aus der ersten Generation. In puncto Höchstgeschwindigkeit ist er mit 180 km/h allerdings auch der langsamste seiner Art und ein Gewicht von 2.085 Kilogramm verleiht der Bezeichnung „fetter BMW“ von oben zusätzlich Relevanz.
Auf der Straße fühlt sich alles ganz nach dem mittlerweile bekannten BMW X-Erlebnis an. Wuchtig und mit Nachdruck bewegt sich der iX1 fort, vor allem aus dem Stand ist er als Stromer eine Macht. Die völlige Ruhe aus dem Motorraum steht ihm eigentlich gut, schließlich verbindet man das Einstiegs-SUV der Marke sowieso nicht direkt mit sonoren Vielzylindern. Im Vergleich zum Dreizylinder-Schnarren in den X1-Plug-ins gewinnt der E-BMW den Soundcheck zweifellos, trotz oder gerade wegen der Stille. Rein vom Komfort her ist er auch bestens für die Langstrecke ausgelegt, nur spielt da der Antrieb nicht allzu enthusiastisch mit. Denn die 64,7 kWh netto-Kapazität der Akkus haben im WLTP-Zyklus zwar 440 Kilometer geschafft, im realen Winter mit knappen Minustemperaturen muss man aber eher mit rund 300 Kilometern Vorlieb nehmen. Überland Tendenz sinkend. Dank 130 kW maximaler Ladeleistung stemmt der bayrische Elektriker aber die 0-auf-80-Prozent idealerweise in 29 Minuten und macht so mit einem Schnelllader an der Autobahn zumindest allzu lange Pausen unnötig. Das funktioniert auch im Test brav, nur gibt es halt im Schneegestöber gemütlichere Dinge, als alle paar hundert Kilometer aussteigen und mit Steckern hantieren zu müssen.
Da freut man sich umso mehr, wenn man dann wieder im vortemperierten iX3 sitzt und die Finger über den großen Touchscreen flitzen. Wobei da ein bisserl weniger auch mehr gewesen wäre. Denn nachdem BMW den Drehschalter in diesem Modell rausgeschmissen hat und das Infotainmentsystem gleichzeitig so viele Funktionen wie nie bietet, verkommt die Tapserei während der Fahrt manchmal zu einer lästigen Ablenkung. Wer sich auf Basics wie Navi, Musik und Co. beschränkt und die sehr gut mitspielende Sprachsteuerung zu Hilfe nimmt, kommt aber dennoch gut durch die Menüs und unbeschadet am Ziel an.
Gesessen wird vorne wie hinten bequem, Fahrer und Beifahrer lassen sich auf Wunsch auch die Lendenwirbel durchkneten. Das kann schon was, egal ob im alltäglichen Frühverkehr oder auf der letzten Etappe einer längeren Reise. Auch von innen präsentiert sich der iX3 wuchtiger, als er eigentlich ist. Das liegt nicht nur am Ambiente, sondern auch am massiven Lenkrad samt angemessenem Lenkverhalten. Da wähnt man sich schnell ein Segment höher, vor allem verglichen mit E-Konkurrenz in der gleichen Länge.
Der BMW iX1 will Elektroautos nicht zu Fahrfreude-Botschaftern im Sinne des qualmenden Hinterreifens machen. Sondern eher demonstrieren, dass sie in puncto Souveränität und Komfort locker mithalten können. Der direkte Vergleich zum quasi identischen Verbrenner X1 macht es leicht, ein Fazit zu ziehen. Der BMW iX1 wird seinen Ambitionen gerecht und ist vielleicht sogar das bessere Kompakt-SUV. Nur in zwei Disziplin zieht er deutlich den Kürzeren: Bei der Langstreckentauglichkeit und beim Preis. Denn mit einem Start bei 58.500 Euro liegt er auch noch gute 5.000 Euro über dem teuersten Plug-in-Hybrid. Unser Testwagen, der quasi alles bietet was das Modell hergibt, kommt auf saftige 75.780 Euro. Das ist für ein kompaktes SUV schon eine gewaltige Stange Geld. Aber auch das ist ja typisch deutscher Premium.