BMW M3 E30: Roadtrip mit der DTM-Legende
Roadtrip mit dem BMW M3 E30. Es ist wie ein modernes Online-Märchen für Buben: manchmal ist die Erfüllung eines lang gehegten Traums nur eine freche Facebook-Meldung weit weg! Motorblock unterwegs mit einer Automobilikone aus den 80ern, zum Treffen der BMW M3 E30-Freunde Oberösterreich.
Text: Philipp Stalzer
Mit Martin, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat, bin ich schon lang befreundet. Er ist die Adresse im Osten Österreichs, wenn es um Expertise oder (gebrauchte) Ersatzteile für BMWs geht. Dementsprechend oft läutet auch sein Telefon, wenn man ihn unter der Woche in seiner Firma im Tullnerfeld besucht. Obwohl Martin tagein tagaus mit einer Vielzahl von BMWs zu tun hat – die Begeisterung und Freude an den Autos wird er nie verlieren.
Vielleicht, weil er seine persönlichen Schätze aus der Masse an Fahrzeugen die er schon hätte kaufen können, sehr genau ausgewählt hat. Im Laufe der Jahre hat er zielsicher die BMW-Modelle für seine private Garage ausgewählt, die an Emotionalität und Faszination schwer zu überbieten sind. Ein Modell, das dabei nicht fehlen darf – ja vielleicht sogar an erster Stelle auf der Legenden-Liste steht – ist der erste BMW M3, bei BMW intern E30 genannt.
BMW M3 E30 als DTM-Champion
Die hemdsärmelige Sportversion des 3ers der 80er Jahre (und somit auch die Gründung eines gesamten Segmentes) haben wir dem Tourenwagensport zu verdanken. Anders als es jetzt der Fall ist, bei dem ein sportliches Auto in erster Linie auf den Endverbraucher zugeschnitten wird, wurde damals die E30-Karosserie für den Renneinsatz adaptiert (die Heckscheibe steht im Vergleich zu den „normalen“ 2-Türern flacher, die Radhausverbreiterungen gelten nach wie vor als DER Auto-Porno), ein reinrassiger Antriebsstrang mit Rennsporttechnik appliziert und dann gebetet, dass die Kiste auch ausreichend viele Leute kaufen, um den finanziellen Stunt zur Homologierung für die Tourenwagen-Meisterschaft möglichst gering zu halten. Vom Verkaufserfolg der ungehobelt-rauen Maschine war dann BMW selbst überrascht.
Fahrt zum BMW M3 E30-Treffen
Wer nun die Chance hat, schon knappe 30 Jahre später die Faszination dieses Autos endlich nachzuvollziehen, wird den immer noch oder auch gerade jetzt wieder herrschenden Hype um das Auto verstehen. Und weil Martin nur 2 Hände und einen Hintern hat, hatte ich tatsächlich die Möglichkeit, eines seiner Heiligtümer zu einem E30 M3-Treffen in Oberösterreich zu lenken. Denn der Mann von Welt hat nicht nur einen M3 – doppelt hält besser! Und wer sie rechtzeitig eingekauft hat, der konnte es sich auch noch leisten, seine Garage mit zwei dieser Ikonen zu schmücken. Und lacht sich nebenbei ins Fäustchen, wie viel Gewinn dieses Unterfangen bereits eingespielt hat – die Wertsteigerung ist extrem und macht keinen Anschein, irgendwann abzuflachen.
Ein Samstag um kurz nach 8 in der Früh, eine Garage in Niederösterreich. 4 blaue Probefahrtkennzeichen, gleich drei Stück der Münchner Youngtimer und ein neugieriger und aufgeregter Motorblock-Redakteur. Jetzt ist es endlich soweit, eines der wenigen, übrigen Autos auf meiner „To-Drive“-Liste kann ich heute abhaken. Ich nehme bei der Hinfahrt im „Silbernen“ Platz. Wie sich so ein Auto der Baureihe E30 anfühlt, kenne ich gut, und auf den ersten Blick ist im M3 nicht viel anders. Ich erwecke den 4-Zylinder mit einem Zündschüsseldreh zum Leben, was der „S14“-Motor mit rauem Lauf und mechanischer Geräuschkulisse quittiert. Im Kombiinstrument weisen rote Zeiger auf den jeweiligen Betriebszustand hin und statt der üblichen Spritverbrauchsanzeige werde ich über die Öltemperatur des Motors informiert. Der metallisch klingende Motor läuft langsam warm, ich gewöhne mich ans wider erwarten gar nicht so unterschiedliche Fahrverhalten zu einem „Nicht-M“.
Ein Samstag um kurz nach 8 in der Früh, eine Garage in Niederösterreich. 4 blaue Probefahrtkennzeichen, gleich drei Stück der Münchner Youngtimer und ein neugieriger und aufgeregter Motorblock-Redakteur.
Ein nach heutigen Maßstäben primitives Auto, blödsinnige hohe Drehzahlen bei Autobahntempo, ein dementsprechendes Geräuschniveau und nur krächzende Musik aus dem damaligen Aufpreis-Soundsystem. Und trotzdem: genau das macht richtig Freude. Eine direkte, ehrliche Verbindung zur Straße.
Wir erreichen Betriebstemperatur
Obligatorischer Zwischenstopp an einer Tankstelle, kurze Kontrolle von Öl, Wasser und Reifendruck. Langsam habe ich den M3 im Gefühl. Die knorrige Schaltung bedarf auch bei Betriebstemperatur einer bestimmt und präzise bedienenden Hand, der Motor macht nun langsam keinen Hehl mehr daraus, dass er sich am liebsten in den oberen Drehzahlbereichen aufhält. Stetig werden wir immer mehr zum Team, die Gangwechsel werden flüssig, auch wenn bei jedem Griff zum Schalthebel nochmal kurz nachgedacht werden muss. Die Erste ist nämlich links unten, die Schaltkulisse somit nicht intuitiv. Beim ersten hastigen Wechsel vom Zweier in den Dreier wird aber klar: eigentlich sollte das immer und überall so sein.
Freude am Nicht-Komfort
Auf der Autobahn Richtung Oberösterreich beginnt einem das „einfache Leben“ so richtig zu gefallen, vor allem im Formationsflug zu dritt. Ein nach heutigen Maßstäben primitives Auto, blödsinnige hohe Drehzahlen bei Autobahntempo, ein dementsprechendes Geräuschniveau und nur krächzende Musik aus dem damaligen Aufpreis-Soundsystem. Und trotzdem: genau das macht richtig Freude. Eine direkte, ehrliche Verbindung zur Straße. Kein Chichi, keine Sensoren, keine Hilfssysteme, kein Fake-Sound. Nur Du und das „Driver´s Car“. Dass das nicht nur subjektiv eine tolle Sache ist, bestätigen einige Mitbenutzer der Autobahn A1 mit einem erhobenen Daumen und freudestrahlenden Gesichtern.
Erforschung des Drehzahlbegrenzers
Autobahn-Abfahrt, es geht in Richtung Skisprungschanze bei Eferding. Darüber, dass die Örtlichkeit für eine Wintersport-Einrichtung ziemlich erstaunlich ist, denke ich gerade nicht nach. Ich bin viel zu beschäftigt, mich nach den hohen Drehzahlen auf der Autobahn, den höchsten zu widmen. Die kraftvoll und wendig über die Landstraßen gleitende Sportlimo zu genießen. Der unter Last voll Inbrunst brüllende Kurzhuber macht bei jeder zusätzlichen Kurbelwellenumdrehung exponentiell noch mehr Freude, auch wenn die Leistung von 195 PS heutzutage keine Wurst mehr vom Teller zieht. Hier geht es ums ungefilterte Erleben und Genießen – und das funktioniert.
Ankunft in der Vergangenheit
Als wäre die gemeinsame Reise nicht Reizüberflutung genug, stehen am Parkplatz des Treffens angekommen schon etwa 15 anderen bayrische Schmuckstücke aus der Ära. Aufgrund der Nähe zu Deutschland auch viele Autos unserer Nachbarn, man kommt aus dem schauen und staunen nicht mehr raus und ärgert sich, nicht rechtzeitig ein Exemplar zu bezahlbaren Preise gesichert zu haben.
Schön zu sehen, dass es so viele Leute gibt die das hemdsärmelige und kultige Auto zu schätzen wissen, ehren und darauf aufpassen – und dass sich die „BMW M3 E30 Freunde Oberösterreich“ die Mühe gemacht haben, das kleine aber feine Treffen zu organisieren. Zu guter Letzt fanden sich über 30 „Pausbäckchen“ am Gelände der Skischanze ein und die zufriedenen Organisatoren haben eine Neuauflage in 2016 schon in Aussicht gestellt.
Das andere Auto
Auf der Heimfahrt lässt mich Martin, zum Vergleich, mit seinem in mühsamster und penibelster Kleinarbeit restaurierten roten Schatz fahren. Obwohl der Kilometerstand ähnlich und der Motor ident ist, fühlt sich das Auto im direkten Vergleich zum „Silbernen“ völlig anders an. Eine kürzere Übersetzung und ein tiefergelegtes, strafferes Fahrwerk machen dieses Exemplar handlicher und zackiger – den rauen Sportmotor bis zum Drehzahlbegrenzer auszuwinden und dann mit Nachdruck den nächsten Gang einzulegen macht aber exakt genau so viel Spaß.
Ich werde jetzt wieder regelmäßiger Lotto spielen. Sollte mit das Glück hold sein, werde ich bei Martin vorstellig. Denn zwei E30 M3 zu besitzen geht nur, wenn keinem seiner Freunde einer fehlt!
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