Brabus Rocket 1000: Ready for Take-off

Nein, wir sind hier nicht in Cape Canaveral und auch nicht in Baikonur, sondern einfach irgendwo auf einem kleinen Verkehrslandeplatz zwischen Ruhrpott und Emsland. Und trotzdem startet hier gleich eine Rakete. Denn Brabus beginnt mit dem Countdown für einen neuen Rocket. Nachdem sich die Ballermänner aus Bottrop bislang nur den normalen GT Viertürer aus der AMG-Palette vorgeknöpft hatten, nehmen sie sich jetzt den Performance-Hybrid zur Brust – und machen daraus mal eben den stärksten Brabus aller Zeiten. Nicht umsonst haben sie in fetten Lettern eine „1000“ hinter den Rocket-Schriftzug auf dem Heckdeckel gepackt. 

Fotos: Hersteller
 
Breit und bullig steht diese Rakete nun auf der Bahn, die gleich zur Startrampe werden soll. Saugt die Luft gierig durch eine neue Frontschürze mit Öffnungen groß genug, um Kleinwagen gleich im Dutzend von der Straße zu atmen. Die neuen Kotflügel spannen sich provozierend weit über die aerodynamisch verkleideten 21 Zöller auf der Vorder- und die 22 Zöller auf der Hinterachse und über all dem thront ein Heckflügel, mit dem eine Boeing locker über den Atlantik fliegen könnte. Reicht für diesen Trip wirklich ein normaler Führerschein?

Für solche Fragen ist es jetzt zu spät. Denn die Launch Control ist aktiviert, der Countdown läuft und unter der Haube grollt ein Achtzylinder, der stärker ist als alles, was AMG je in seine Straßenmodelle eingebaut hat. 4,5 statt 4,0 Liter Hubraum, zwei eigene Turbos mit höherem Ladedruck, ein paar neue Softwarezeilen für den Steuerchip und – von nichts kommt nichts – zwei neue Benzin-Pumpen mit größerem Durchsatz – schon klettert die Leistung von 639 im GT 63S auf 796 PS und das maximale Drehmoment klettert auf 1.250 Nm, von denen Brabus mit Rücksicht aufs Getriebe 200 Nm gleich wieder einkassiert. Und dazu kommt ja noch die E-Maschine, von der sie in Bottrop zwar die Finger lassen, deren Boost sie aber gerne in Kauf nehmen: Weil sie noch einmal 204 PS ins Rennen wirft, stehen am Ende tatsächlich 1.000 PS im Fahrzeugschein und bis zu 1.620 Nm warten nur darauf, den frischen Asphalt der Teststrecke mit den 295er Breitreifen im Bug und den 335ern im Heck in großen Fetzen vom Boden zu reißen.

Abgehoben sind aber nicht nur die Eckdaten, sondern auch der Preis: Weil es zum Technik-Tuning auch noch Tonnenweise Lack und Leder gibt und der Brabus innen jedem Bentley die Schau stiehlt, stehen auf der Rechnung am Ende rund 540.000 Euro – gut 2,5 Mal so viel wie für das Grundmodell. Aber niemand hat behauptet, private Raumfahrt sei was für Preisfüchse. Davon können Elon Musk und Richard Branson ein Lied singen.

Außerdem geht der der Rocket dafür beim Kickdown tatsächlich ab wie eine Rakete. Wo Elton John als Rocket Man noch von der „long, long time“ gejammert hat, die seine Space Oddity dauern würde, vergeht die Zeit im Brabus schneller als im Flug. Die Welt vor den Fenstern verwischt wie im schnellen Vorlauf und der Bulle aus Bottrop stürmt davon, als hätte jemand den Afterburner gezündet: Nur 2,6 Sekunden braucht der Rocket 1000 auf Tempo 100, die 200 km/h sind nach 9,7 Sekunden erreicht, nach 23,6 Sekunden flimmert eine 300 über den Tacho und dass schon bei 316 Sachen wieder Schluss ist mit der Raserei mag man kaum klauben, so viel Druck ist da noch auf dem Kessel. Doch mehr wollen sie bei 2,4 Tonnen Leergewicht den Reifen nicht zumuten und auch die E-Maschinen stoßen da irgendwann an ihr Limit.

Doch egal ob hier auf dem behelfsmäßigen Raketenbahnhof hinter Bottropp oder später bei den 25 handverlesenen Kunden in den Emiraten, in China oder zur Not sogar in Europa ist die Endgeschwindigkeit ohnehin nur eine Seite der Medaille, die man eher beim Cocktail als beim Kickdown präsentiert. Viel eindrucksvoller ist das, was auf dem Weg dorthin passiert, mit was für einem Spektakel der Brabus über den Boulevard bummelt, wenn er nicht gerade die paar wenigen möglichen Kilometer im E-Modus unterwegs ist, und mit welcher Kraft und Kompromisslosigkeit er über den Kurs kachelt. Klar – auch in Bottrop machen sie aus dem Großkaliber von AMG kein Präzisionsgerät und für die engen Schikanen ist der GT mit seinen mehr als zwei Tonnen und über fünf Metern einfach eine Nummer zu groß. Doch wenn man nicht Lewis Hamilton heißt oder zumindest Bernd Schneider, dann ist hier immer der Fahrer der limitierende Faktor und nicht das Fahrzeug.

Die Mission Control muss deshalb eher im Kopf ansetzen als im zentralen Steuergerät der Stabilitätsprogramme. Houston, wir haben ein Problem? In Cape Canaveral, Baikonur oder eben im Emsland wahrscheinlich nicht. Aber in Affalterbach sollten sie sich jetzt womöglich mal so langsam Gedanken machen.

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