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Infiniti QX50: Innovation statt Fadesse

Innovation statt Fadesse

Der neue Infiniti QX50

Infini-wer? Auch eine Dekade nach der Premiere in Europa mangelt es der noblen Nissan-Schwester Infiniti noch immer an Erfolg und Reputation. Bei den meisten Premium-Kunden schaut man bei der Frage nach der Marke deshalb in leere Gesichter und wenn man einen der Händler sucht, muss man mitunter ziemlich weit fahren. Doch davon wollen sich die Japaner nicht entmutigen lassen. Sondern genau wie Lexus rennen sie tapfer gegen das Bollwerk von Benz & Co an und landen dabei immer mal wieder einen Achtungserfolg. Vielleicht nicht bei den Zulassungszahlen. Aber dafür bei den Innovationen, bei denen sie bisweilen die Nase weit vorn haben. Das ist auch jetzt wieder der Fall, wenn sie den neuen QX50 an den Start bringen.

Von Thomas Geiger
Denn der noble Geländewagen, der zu Schätzpreisen ab etwa 40.000 Euro gegen Mercedes GLC, BMW X3 und Audi Q5 antreten soll, wird vom ersten Benzinmotor angetrieben, der eine variable Verdichtung ermöglicht. Diese so genannte VC-Turbo-Technologie, die seit 20 Jahren bei allen Herstellern erprobt wird und jetzt endlich vor dem Durchbruch steht, soll einerseits die Leistung und die Fahrfreude steigern, andererseits aber den Verbrauch reduzieren, erläutert Motoren-Papst Shinichi Kiga und sieht darin nach der Direkteinspritzung bereits einen neuen Standard.
Obwohl der QX50 ein vergleichsweise großes Auto ist, kommt er deshalb mit einem eher kleinen Motor aus. 2,0 Liter Hubraum und vier Zylinder reichen Kiga, um die gleichen 272 PS zu erreichen, die der 3,5 Liter große V6-Motor im Vorgänger hatte. Und mit 380 Nm schreitet der VC-Turbo sogar noch kräftiger aus. Und während er beim Kickdown besser beschleunigt und im besten Fall in 6,3 Sekunden auf Tempo 100 kommt, verbraucht er rund ein Drittel weniger als bisher, so dass am Ende irgend etwas um die sechs Liter im Datenblatt stehen sollten.
Den Spagat zwischen Sportlichkeit und Sparsamkeit stehen die Japaner mit einer voll variablen Verdichtung. Die Verdichtung, also der Grad, wie stark das Benzin-Luft-Gemisch im Zylinder komprimiert wird, ist ausschlaggebend für die Effizienz der Verbrennung und für die Leistungsentfaltung. Deshalb sind sportliche Fahrzeuge in der Regel geringer verdichtet als sparsame und alle müssen sie Kompromisse machen, sagt Kiga. Nur er nicht. Denn sein Motor kann zwischen 1:8 für eine sehr gute Leistungsausbeute und 14:1 für eine sehr sparsame Verbrennung hin und her schalten und auch alle Verhältnisse dazwischen abdecken.

Während ein mechanisches Meisterstück aus drei von einem Elektromotor angetriebenen Umlenkstangen anstelle der konventionellen Kolben den Hub im Zylinder um bis zu sechs Zentimeter variiert und so für eine Druckanpassung sorgt, bekommt der Fahrer davon nichts mit. Wäre da nicht das Display im etwas antiquierten Cockpit, hätte er jedenfalls kein Gefühl dafür, wie hoch der Druck im Motor gerade ist.
Stattdessen tritt man einfach aufs Pedal und wundert sich, wie ambitioniert der Vierzylinder die Leistungsanforderung quittiert: Selbst wenn es bei Vollgas nur für 230 km/h reicht und der Sound genau so klingt, wie er erzeugt wird, nämlich künstlich, überzeugt der Motor mit einem Ansprechverhalten und einem Antritt, dass man die Zahl der Zylinder schnell vergisst. Zum neuen Motor gibt es ein ebenfalls neues Getriebe, das dummerweise auf CVT-Technik setzt. Von den Japanern heiß und innig geliebt und im Rest der Welt allenfalls widerwillig geduldet, ist das der perfekte Partner für den VC-T-Motor, weil nur so die maximale Einsparung möglich ist. Und weil die Ingenieure um die Befindlichkeiten der Kundschaft wissen, haben sie den leidigen Gummiband-Effekt auf ein Minimum reduziert und die acht virtuellen Gänge so geschickt gestuft, dass man sich tatsächlich ganz gut damit anfreunden kann. Noch immer kein Vergleich zum Komfort der Neungang-Automatik im GLC und zur Dynamik des Münchner Achtgängers im neuen X3. Aber mit Abstand das beste CVT-Getriebe, das man derzeit haben kann.
Und im QX50 das einzige. Denn mit Blick auf die Effizienz gibt es für Infiniti keine Alternative. Und auch keinen anderen Motor: Es wird deshalb wohl (niemehr) Diesel geben, (vorerst) keinen Hybrid- oder Plug-In und (bis auf weiteres) keine Performance-Version. Das ist nachvollziehbar, wenn man sich mit einer neuen Motorentechnik positionieren will. Aber das ist schwierig, wenn man in einem Segment antritt, wo die anderen eine breite Auswahl vom schmächtigen Vier- bis zum fetten Achtzylinder anbieten und neben Dieseln auch Plug-Ins oder reine Elektroversionen auf dem Zettel haben.
Um den innovativen Antrieb herum haben die Japaner ein Auto gebaut, das zwar vergleichsweise konventionell gestrickt ist, sich aber trotzdem wohltuend von der Konkurrenz abhebt. Außen, weil sich Infiniti ein ebenso ausdrucksstarkes wie eigenständiges Design mit sehr natürlichen Formen erlaubt und dafür die Bleche tiefer presst als jeder andere Hersteller. Und innen, weil der QX50 mit seinem konkurrenzlosen Kofferraum und einer um 20 Zentimeter verschiebbaren Rückbank eines der geräumigsten Autos im Segment ist und sich Infiniti bei der Verarbeitung von Lack und Leder mehr Mühe gibt als Mercedes & Co. Um so unverständlicher ist das fast schon antiquierte Cockpit. Denn analoge Instrumente passen nicht mehr in die Zeit und auch zwei große Touchscreens wirken ein wenig angestaubt, wenn sie wie nachträglich in die DIN-Schächte geschoben aussehen.
Keine Blöße gibt sich der QX50 dagegen bei der Ausstattung und vor allem den Assistenzsystemen. Denn dem ProPilot sei dank, wird der Griff zum Lenkrad auf einer gut ausgebauten Straße zur Formsache und der Geländewagen findet seinen Weg beinahe von alleine – zumindest auf der Straße. In der Statistik wird es noch etwas dauern, bis er sich dort bemerkbar macht. Erstens, weil die Konkurrenz nur schwer zu knacken ist. Und zweitens, weil der Wagen frühestens in einem Jahr nach Europa kommt.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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