BMW iX3 & Ford Mustang Mach-E: Mit dem Strom schwimmen gehen

Seitdem wir uns erstmals mit einem Elektroauto bis an die Adria wagten, sind technologisch gefühlt Jahrzehnte vergangen. Also starteten wir den Versuch ein weiteres Mal. Mit anderen Autos und völlig neuen Erkenntnissen. Diesmal sind BMW iX3 & Ford Mustang Mach-E dran.

Haben Sie auch so oft das Gefühl, immer zu spät zur Party zu kommen? Dann, wenn die größte Hetz bereits vorbei ist und die wirklich coolen Leute schon weg sind? Mir geht es oft so. Eigentlich andauernd. Ich bin es gewohnt, von den Altspatzen des jeweiligen Lebensbereiches (Mitmusiker, Journalistenkollegen, Autoverkäufer und -fanatiker, Clubveranstalter, Barbesitzer) stets zu hören, wie früher alles besser war und man heute alles vergessen kann. Mich, dessen allergrößter Wunsch an die Fee mit den drei Wünschen, wenn sie denn mal auftauchte, wäre, per Zeitmaschine in die coolen 60er, 70er oder 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückreisen zu können, macht das traurig. Was natürlich die blödeste, denkbare Reaktion auf eine generelle, menschliche Fehlfunktion ist; Wir alle neigen nämlich immer und aus unerfindlichen Gründen dazu, die Vergangenheit zu verklären, anstatt die Gegenwart auf ihre potentielle Leiwandheit abzuklopfen. Vielleicht wird genau exakt jenes, was Sie gerade tun, nämlich meinen schlauen Worten in diesem großartigen Magazin (das, Überraschung, bekanntlich auch früher viel, viel cooler war …) folgen, Sie dereinst zu Tränen der Rührung animieren: „Schauts, Enkerln, damals gab es noch Werbung für Alkohol, Frauenunterwäsche und für Autos …“ Wer also nicht den alten Zeiten nachjammern will, muss feist ins Gegenteilige auspendeln.

Mit dem Strom schwimmen

Was uns Motorjournalisten direkt zur Elektroautomobilität führt. Die guten alten Zeiten der Stromautos waren nämlich keine solchen. Als ich vor zwei Jahren den ersten Rein-Elektriker von Audi namens e-tron ausfasste, um erstmals rein elektrisch urbane Gefilde zu verlassen und den nächsten, von Wien erreichbaren Strand anzupeilen, war das rein gar keine gemähte Wiese. Auf dem Weg nach und zurück aus Kroatien enstand einiges an Problemen, die einem das friktionsfreie Umsteigen auf die neue Technologie im Alltagsbetrieb vergällten. Weder kommunzierte das Navi zufriedenstellend mit dem Reichweitenmanagement des Wagens und die Unverlässlichkeit des einstigen Ladestationen-Netzes war für Nicht-Teslapiloten ein Tschoch. Eckdaten: sechs Stunden Fahrzeit, 12 Stunden Reisezeit. Und die Notwendigkeit, den Aufenthalt im Hotel um zwei Tage zu verlängern, weil die dort befindliche Ladestation ungefähr die Kapazitäten einer Rasiersteckdose bereitstellte.

Inzwischen gibts Ionity und vergleichbare Schnellader auch entlang der Autobahnen Richtung Süden. Und das massiv angewachsene Angebot an brauchbaren Stromautos, ließ mich meine Reise ans geliebte Blau gleich zwei mal antreten.

Elektrisch in den Urlaub

Mut kann man nicht kaufen, war der meistgehörte Kommentar, als ich kurz vor Reiseantritt nach Rab anstelle des ursprünglich geplanten Renault Arkana den Ford Mustang Mach-E aus dem Testfuhrpark nahm. Aber man kann nicht Autojournalist sein wollen und nie aus der Komfortzone ausbrechen. Außerdem empfand ich von Anfang an Sympathien für das seltsame Mischwesen aus SUV und Hatchback-Sportauto, mit dem etwas überpräsenten Mustang-Pferd an allen Flanken. Der Move, den ersten Vollelektriker ausgerechnet unter dem sportlichsten Label des Hauses starten zu lassen, ist aus Marketingsicht völlig logisch und eigentlich unvermeidlich, ich meine: Hätten sie ihn E-Scort nennen sollen? Im Gegenzug lieferte dies den erbitterten E-Auto Gegnern natürlich wieder eine Menge Wind in die Segel, das nämliche Modell zu verteufeln. Verächtlich rümpften sie ob der „Markenvergewaltigung“ die Nase und wehten mich mit derlei Blödheiten noch tiefer ins Sympathisanten-Lager des auf gut US-amerikanisch „MÄKI“ genannten Elektrikers.

Als ich wenige Wochen später kundtat, nun per BMW iX3 gen Süden fahren zu wollen, waren die Prognosen der Umstehenden weitaus zuversichtlicher, was mehrere Gründe haben kann: Der iX3 ist im Prinzip ein wohlbekannter BMW X3, nur halt mit Strommotor während der Mach-E ein gänzlich neues Autos ist. Außerdem scheint man einem BMW per se und ex Markenstanding mehr Vertrauen entgegenzubringen, als einem Ford.

Tatsächlich erforderte die BMW-Umgebung weniger Eingewöhnung, einfach weil sie durch und durch bekannt ist, während einen beim Ford die Freude am Neuen überkam. Fast schon rührend mutet der antike, geriffelte Drehregler mitten im Monster-Display an, der genau die richtige Portion Haptik ins neumüttersche Autofahren des 21. Jahrhundert ff mitschickt. Dafür liefert der BMW beizeiten den Eindruck, man habe die E-Bedienerleins mit dem Stemmeisen in die vorhandene Infrastruktur eingebaut – insofern kein Fehler, als man bei BMW ja schon so sehr gute Dashboards baut.

Was nicht sein dürfte: Der BMW hat ernsthaft Probleme damit, die Reichweite einzuschätzen. Wer von der Hotel-Rezeption mit 460 Kilometern Reichweite wegrollt, sollte an der Ausfahrt aus der Anlage wenige Meter später nicht nurmehr 350 Kilometer zur Verfügung haben. Auch korrelierte die Reichweite kaum mit dem angezeigeten Durchschnittsverbrauch, was das entsprechende Anpassen der Fahrweise nicht leicht macht. Da gab sich der Mustang weitaus sturer im Bekanntgeben der verbleibenden Reichweite, jedenfalls nachvollziehbarer als der Bayer.

Dass beim BMW puncto Komfort und Handling jahrzehnte­lange Erfahrung mit an Bord ist, macht sich freilich bemerkbar, auch wenn der Ford hier gut mitkommt, allen Unkenrufen (Amerikaner und so weiter) zum Trotz. Dass er allerdings, was Zwischenspurts betrifft, den weitaus Spritzigeren der beiden gibt, kam doch überraschend. Besonders im Infight auf der Küstenstraße überraschte der, ob tiefliegender Akkumulatoren freilich sattest am Asphalt pickende Ford, durch kaum ausschöpfbare Dynamik, noch dazu praktisch zum Nulltarif, weil sich durch die massive Rekuperation im One-Pedal-Modus fast all der Strom, den man auf der Geraden aufgesaugt hatte, vor und in der Kurve zurückgewinnen ließ. Eine Erfahrung, die man unterm Strich auch beim BMW macht, allerdings wird sie einem, dem seltsamen Logarithmus der Reichweitenanzeige zur Folge, nicht so akkurat angezeigt.

Dass der BMW letztlich die Praktikabilitäts-Wertung gewinnt liegt an seinem Layout, wenngleich es schade ist, dass der fehlende Verbrenner im Vorderwagen nicht durch ein zusätzliches Ladefach ersetzt wurde. Immerhin, ist der Kofferraum im iX3 auch so riesig. Das verschenkt der Mustang durch die sportliche Heckklappe. Sitze, Haptik, dergleichen sind im BMW State of the Art, was sich auch in der Preisliste zeigt. Echte Konkurrenz liefert dem iX3 da schon eher der Mustang Mach-E GT, doch dazu kommen wir noch.

Zahlen, bitte!

Was selten bis nie thematisiert wird: Elektromobilität ist derzeit noch, so man auf schnelle Ladestopps Wert legt, sauteuer. Zum Tarif, der für die Hinfahrt nach Rijeka fällig wurde (knapp 80 Euro), wäre man mit dem vergleichbaren Diesel im selben Auto locker tour-retour gekommen.

BMW iX3

impressive Leistung: 286 PS
Verbrauch: 18,9 kWh/100km
Drehmoment: 400 Nm
Beschleunigung: 0–100: 6,8 s
Spitze: 180 km/h
Reichweite: 460 km (WLTP)
Gewicht: 2260 kg
Preis: ab 66.950 Euro

Ford Mustang Mach-E AWD Extended Range

Leistung: 351 PS
Verbrauch: 19,5 kWh/100km
Drehmoment: 580 Nm
Beschleunigung: 0–100: 5,8 s
Spitze: 180 km/h
Reichweite: 540 km (WLTP)
Gewicht: 2182 kg
Preis: ab 64.200 Euro

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