Jaguar F-Pace: Der erste SUV von Jaguar wird ein Bestseller, so viel steht jetzt schon fest. Ob er die Marken-Traditionalisten vor den Kopf stößt und wie er mit der Verwandtschaft von Landrover aufräumt (oder auch nicht), klärt ein erster Test in Montenegro.
von Franz J. Sauer
Es wird den Jaguar F-Pace auch mit Heckantrieb geben, so weit, so sympathisch. Schließlich liegt Alexander Wurz mit der gegenüber dem WIENER einst kundgetanen Meinung, es sei Humbug, die komplette Lenk-Geometrie eines Autos zu zerstören, um dann den einzigen Vorteil des Hochstellens, nämlich den Allradantrieb, gegen einen inferioren Frontantrieb zu tauschen. Nun ist ein Heckantrieb noch immer kein 4WD, aber doch weit männlicher, als sich von der Frontachse ziehen zu lassen. Bei Heckantrieb, da kommt Sport auf im Kopfkino, unwillkürlich. Und auch wenn der einzige Vorteil gegenüber dem Frontantrieb bei der verschneiten Berganfahrt auszumachen ist, wir Buben mögen es halt einfach lieber, wenn von hinten geschoben wird und nicht von vorne gezogen.
Gefällige Formen, eindeutig Jaguar. Und Größe wird verschämt kaschiert … warum eigentlich?
Glaubt man nun den Leuten von Jaguar Austria, so bleiben derlei Hymnen an den Zweiradler-F-Pace aber sowieso zwecklos, vor allem bei uns daheim. Klar, Österreich ist ein Allradland, vor allem oder gerade auch am SUV-Markt. Es gilt ja schließlich allernorts irgendwelche Berge zu erklimmen, die sich neuerdings ja bis tief in den Mai verschneit geben. Und letztlich hat sich ja auch schon breitenwirksam herumgesprochen, dass ein Auto, dem alle Räder angetrieben werden, nicht nur im Schnee oder abseits des Asphalts gehörige Vorteile puncto Handling und Sicherheit mit sich bringt.
Fein. Somit könnten wir bei unserem Bericht hier das Einstiegsmodell in die Welt des ersten Jaguar-SUV der Geschichte gleich aussen vor lassen. Für knapp 45.000 Euro gibt es nämlich Heckantrieb, Handschaltung (das hat ja schon wieder was …) und Stoffsitze. Aber immerhin: es steht kein Fünfer an der ersten Stelle des Anfangspreises. Und darauf hat man bei Jaguar zurecht Wert gelegt.
Mal ehrlich: die anderen Jaguare sind derzeit keine Verkaufsrenner, womit wiedermal bewiesen wäre, dass einem die Imageverliebtheit der Mitteleuropäer beim Vermarkten von Automobilen ganz schön ins Gebläse scheisst. So ist etwa der Jaguar XF (vor allem in seiner neuesten Ausformung) ein wirklich tolles Auto. Es sieht gut aus, fährt gut, nimmt es in den wesentlichen Disziplinen locker mit jeder Art von deutschem Mitbewerb auf und ist sogar als Kombi zu haben. Man wäre verkaufsseits sogar bereit, Flottenmanagern echt unmoralische Angebote zu machen, würden sie einem einen Stapel XFs abkaufen und ihre Firmen-Fuhrparks ein wenig audibereinigen. Aber die Antwort ist stets die gleiche: Jaguar? Geht nicht. Sonst glaubt der Kunde, Du schwimmst im Geld …
Dem tollen XJ wiederum nehmen es die Altkunden übel, mit der guten alten Barock-Jaguar-Tradition gebrochen zu haben. Und die Vorstandsetagen? Siehe oben. Die geben lieber das Doppelte für eine S-Klasse aus und fühlen sich weiterhin total understatig.
Der neue Jaguar XE? Sehr flott, sehr schick, demnächst ebenfalls als Kombi. Und hierzulande gegen Audi A4 oder BMW 3er chancenlos. Warum? Weil Jaguar Altherrenfahrzeuge sind, punkt. Und das krieg mal raus aus all den Stahlschädeln.
Basiswissen
Nun sind wir durchaus ein wenig abgeschweift. Wo waren wir? Ach ja, beim Einstiegs-F-Pace. Wir notieren also: um Jaguar stünde es traurig, gäbe es da nicht die sich blendend verkaufende Schwesternmarke Landrover. Das gab der schwächelnden Marke – nein, auch der F-Type geht nicht millionenfach über die Budel – Mut und Momentum, einen SUV zu entwickeln (und kostete uns geifernden Fans leider die Herstellung des wunderbaren Bond-Bösewicht-Autos), vor allem weil das Publikum auf sowas steht. Und in der Tat: mit einer völlig neuen Fahrzeuggattung tut sich Jaguar keinesfalls weh. Weder vergrämt man irgendwelche Traditionalisten, die sagen könnten, die alten Gelände-Jaguars waren viiiiel schöner, ganz einfach weil es sie nicht gab, noch kämpft man mit Image-Duseleien, weil ein SUV ja als solches schon als Fahrzeug für gehobenere Kreise gilt, selbst wen VW vorne draufsteht.
Nun etabliert sich der F-Pace größenmäßig ziemlich genau zwischen Porsche Macan und Cayenne, was einerseits den kommoden Einstiegspreis ermöglicht, andererseits aber doch ausgewachsene Familien abholt. Damit werden Pfennigfuchser von vornherein eher ausgeschlossen und nun kommen wir auch schon zum Auto direkt.
Fette Motoren
Zwei Diesel und zwei Benziner werden vorerst angeboten und bilden eine Range von 180 bis 380 PS Leistungsspektrum ab. Der kleine Diesel ist ein Vierzylinder, in allen Antriebsvarianten zu haben, eben auch geschalten. Ab dem stärkeren Diesel (300 PS) sind Allrad wie Automatik Pflicht, selbiges gilt für alle Benziner. Ab 48.050 Euro werden alle Räder angetrieben, mit ein bisserl Ausstattung und Dings kommt man allerdings recht spielerisch über die 70.000 Euro Grenze, bevor man zu feilschen beginnt. Nicht wenig Holz generell, dann aber doch nicht so viel für einen ausgewachsenen SUV, der das komplette Jaguar-Feeling der letzten 50 Jahre ziemlich gekonnt auf den höhergelegten Punkt bringt.
In der Tat fühlt sich der Jaguar F-Pace viel mehr wie ein Sportwagen, denn wie ein SUV an. Speziell mit dem stärksten Motor, dem rabatz-starken 380 PS V6 herrschen hier Sound- und Fahrwerksverhältnisse vor, die einst für Geländeautos und ihre Derivate nicht denkbar gewesen wären. Es röhrt und spotzt, die Automatik reicht acht Gänge im Eiltempo durch und auch die Straßenlage präsentiert sich mit ihrem leichten Drang zum Übersteuern ganz und gar nicht hochgelegt an. Hier lassen sich Straßen versaugen und Meter machen. In enge Kurven spitzt Du den F-Pace rein, als hätte er ein „Type“ hinterm „F-“ und wenn Du übermütig wirst, zeigt Dir das die Fuhre zeitgerecht an. Lenkung? Knackig. Sitz? steif. Platzgefühl? Naja..
Maßanzug
Man gab sich Mühe, auch das Innere des F-Pace mehr nach Sportwagen, als nach SUV riechen zu lassen, was freilich dem Wesen eines letzteren eher nicht so ganz entgegenkommt. Schließlich kauft man sich ein großes, dickes Auto auch ein bisserl des Platzgefühls wegen. Und da wirds beim F-Pace auf den Vordersitzen schnell eng. Ziemlich nahe kommen A-Säule und Scheibe, ziemlich weit ins Innere ragt die Armaturentafel und große Menschen müssen sich sowieso ganz nach hinten, ganz nach unten schrauben. Das Lenkrad steht einem dann fast immer im Blick auf die Armaturen, gottlob gibts ein On-Screen-Display. Und das rechte Knie liegt schnell mal auf der wuchtigen Mittelkonsole auf, die in dieser Größe weit weniger fett daherkommen könnte, weil man ja für den jaguarschen Dreh-Automatik-Wählhebel nicht wirklich so viel Platz braucht. Auf längeren Strecken mit längeren Beinen könnte derlei nerven. Aber das haben wir diesmal ja noch nicht ausprobiert.
Überraschend durchzugsstark gibt sich der kleine Diesel, erstaunlich wie viel Spaß das Ding machen kann, wenn man die Radioanlage schön lauf aufdreht – weil den Motorsound sollte man sich nicht zu audiophil vorstellen. Aber so sind Vierzylinder nun einmal, die ambitionierten Durchschnitts-Verbrauchswerte aus dem Prospekt von 5,3 Litern auf 100 km lassen sich nicht übertrieben weit verfehlen – mit rund 6,5 Litern im Mix kommt man schon durch.
Der F-Pace vergrämt niemanden. Weder alte Jaguar-Traditionalisten, noch die eigenen Kunden, die meinen, man habe zu viel Geld.
Designgröße
Bleibenden Eindruck hinterlässt das gleichzeitig unaufgeregte wie eihzigartige Design des Jaguar F-Pace. Er ist wirklich aus jedem Blickwinkel eindeutig als Jaguar zu identifizieren, gleichzeitig niemals als Landrover, wovor man sich ja zunächst zurecht ein wenig fürchtete. Aber die Genetik der beiden Schwestermarken wurde hier behände und deutlich getrennt, umso mehr verwundert, dass man beim ersten Anblick des F-Pace irgendwie das Gefühl nicht loskriegt, es hätte immer schon Jaguar-SUV gegeben. Der Kühlergrill übt sich in brutaler Markanz, die Augen, aber auch die Hecklichter sprechen deutlich britisch, die Heckklappe versucht keusch, schnöden Laderaum zu verbergen, als gehöre sich sowas nicht in besseren Kreisen. Klappt man sie dann auf, werden wirklich alle Erwartungen getoppt. Und weil man hier auch viel umlegen und durchreichen kann, bleibt das Urlaubsgepäck bei Jaguar somit nie wieder auf der Strecke.
Fazit
Offroad? Ja kann er auch. Wird er noch weniger brauchen als all die ambitionierten Evoques da draussen, deren sophistische Allradsysteme ja nie und nimmer zum Einsatz kommen. Vom Fahrgefühl her gaukelt der F-Pace Fahrbahnnähe vor und das ist wahrlich eine Großtat, hier hätte sogar ein Alex Wurz wenig zu mäkeln. Gespannt dürfen wir auf den großen Dieselmotor sein, der ja ein ziemliches Drehmomentmassaker anrichten dürfte, wenn danach gefragt. Mit 300 PS Leistung liegt er jedenfalls deutlich über den Kennzahlen des wendigen Porsche Macan und der kann bekanntlich Sportwagen wirklich sehr, sehr gut.
Die Preise
Wie schon besprochen beginnt der Jaguar F-Pace in Österreich bei einem Einsteigspreis von 44.850 Euro, die „First Edition“-Modelle mit allem Drum und Dran sowie besonderen Farbvarianten (heiße Empfehlung: das sündige Gold!) kosten als V6-Diesel 89.400 Euro, als Benziner-Haudrauf 101.300.