Lucid Gravity: Graziler Koloss
Gegen ihn sehen Teslas Model X und das Mercedes EQS SUV aus wie grobe Klötze und der kommende Volvo EX90 wie ein Modell aus dem Lego-Baukasten: Wenn Lucid der eleganten Limousine Air im kommenden Jahr den Gravity zur Seite stellt, definieren die Amerikaner die Idee vom eleganten Elektro-SUV für die Oberklasse neu – das zumindest ist das große Versprechen, mit dem der einst bei Tesla tätige Firmenchef Peter Rawlinson jetzt auf der Autoshow in Los Angeles das Tuch von dem grazilen Koloss gezogen hat.
Fotos: Hersteller
Dabei mag die Frage nach der Eleganz in den Augen des Betrachters liegen und jeder muss selbst entscheiden, ob ihm die schlanke Silhouette, das von einem Delphin inspirierte Gesicht und das muschelförmige Heck des rund fünf Meter langen Luxusliners gefällt. Doch zumindest die Effizienz der Linienführung steht außer Zweifel. Denn mit einem cw-Wert von 0,24 ist der Gravity das schnittigste SUV seiner Art. Auch das ist ein Grund, weshalb die Amerikaner eine Reichweite von mehr als 700 Kilometern in Aussicht stellen.
Dabei setzten sie zwar auf eine neue, eigens für das SUV entwickelte Plattform – nutzen aber weiterhin ihren in der Formel E erprobten Antrieb: Eine Batterie mit 900 Volt-Technik für ultra-kurze Ladezyklen, bei denen in 15 Minuten der Strom für mehr als 300 Kilometer fließt, und die bekannten und ebenso kräftigen wie kompakten Motoren, die im Air im besten Fall auf mehr als 1.000 PS kommen. Wie genau der Gravity spezifiziert wird, hat Lucid zwar noch nicht verraten. Doch an Kraft wird es ihm kaum mangeln, wenn er den Sprint von 0 auf 100 km/h in weniger als 3,5 Sekunden schaffen soll.
Genau wie außen, setzt Lucid auch innen auf eine nüchterne Eleganz – und spannt dafür ein 34 Zoll großes Display quer durchs Cockpit, das die allermeisten Schalter ersetzt und zur Bühne wird für spezielle Szenarien, die sich an den Wellnessprogrammen der EQ-Modelle orientiert. Damit man beim Laden runter kommt oder die Ruhe der Nationalparks genießen kann, startet dort auf Knopfdruck das Programm „Sanctuary“ oder „Spaces“ und verwandelt den Gravity in eine Chillout-Zone.
Platz dafür gibt es jedenfalls reichlich bei rund drei Metern Radstand und drei Reihen, von denen die mittlere für den bequemen Zustieg und den besten Kompromiss bei der Kniefreiheit natürlich verschiebbar ist.
An Nehmerqualitäten mangelt es dem Gravity dabei nicht: Der Kofferraum fasst – zugegeben nach der laxen US-Norm – über 3.000 Liter, es gibt einen nennenswerten Frunk und wer dem Trend zum Glamping folgt, der kann nicht nur runde 800 Kilo zuladen, sondern auch knappe drei Tonnen an den Haken nehmen.
So elegant der Gravity aussieht und so vielversprechend seine Technik ist, hat die Sache allerdings noch einen Haken. Und nein, das ist diesmal nicht der Preis. Denn mit unter 80.000 Dollar für das Einstiegsmodell rangiert der Lucid sogar noch unter Konkurrenten wie dem Mercedes EQS SUV oder dem Tesla Model X. Sondern das ist die Zeitplanung der Amerikaner. Nach aktuellem Stand wollen sie erst Ende nächsten Jahre mit der Produktion beginnen. Und von einem Export nach Europa ist noch gar nicht die Rede.