Wenn es sich nicht um einen Mercedes-Benz GLA 45 AMG sondern um eine ziviler Ausgabe des Kompakt-SUV aus Stuttgart handelt, so wird er typischerweise gerne von Golden Agers pilotiert. Was ein bisschen rote Farbe und Folie, ein wenig mehr schwarz glänzendes Spoilerwerk und haufenweise Pferdestärken alles ändern können…
Text: Philipp Stalzer
Dinge, die die Welt nicht braucht sind doch auffallend oft die, die man am liebsten Haben möchte? Das treibt der GLA 45 AMG ziemlich souverän auf die Spitze. Ein auf 360 PS gedoptes, mit zugegebenermaßen famosen Schalensitzen ausgestattetes, dadurch nicht minder steinhart gefedertes Kompakt-SUV ist so unnötig, dass man sich eigentlich dafür schämen sollte. Aber das tun wir nicht. Der GLA 45 AMG übrigens auch nicht, wenn er im vollen „Edition 1“-Ornat seine Angriffslustigkeit in die Welt hinausträgt.
Eskalationsstufe Clownfisch
Der Entwurf der Verspoilerung dürfte zu später Stunde an einer Hotelbar in der Nähe der Nürburgring Nordschleife entstanden sein. Einfach mal die Aerodynamik-Details eines GT3 Renners, inklusive fettem Heckspoiler, Potenz ausstrahlendem Diffusor, dicken Seitenschwellern und markantem Frontspoiler auf einen Kompakt-SUV klatschen, hehe, das ist witzig! Das mach’ ma!
Inklusive den Flicks, den kleinen Dowsize-Helferchen an den vorderen Ecken der Stoßstange, die einst den 911 GT3RS 4.0 zum ultimativen Tracktool adelten. Dazu noch der seitliche Aufkleber und rote Akzente, damit es richtig ballert. Genauso wie der Auspuff, hehe, saulaut, auch optisch.
„Bauen wir Flicks drauf?“
„Aber sicher doch! Hahahaha!!!!“
Ein Vierzylinder zum Niederknien
Damit das alles stimmig poltert und kracht, ist auch der Kraftspender eine Wucht. Jo, ist zwar „nur“ ein 2-Liter Vierzylinder-Turbo – aber der mit viel Abstand emotionalste, den man für (viel) Geld bekommen kann. Der Ganslhaut-Faktor wurde von den AMG-Mannen aus den bollernden 8-Zylindern nahtlos in den „Kleinen“ transplantiert. So wild schießen, sprotzen und Kraftsalven schmettern traut sich sonst kein 2-Liter Motörchen.
Bei einer Literleistung von 181 PS und den derbe antauchenden 450 Newtonmetern auch kein Showeffekte haschen sondern purer Ernst – dieses Motörchen muss atmen können. Einziges Manko ist das manchmal recht träge auf Schaltbefehle von den Lenkradpaddles reagierende 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe. Das geht besser, wie der neue Hengst aus dem AMG-Stall, der AMG GT, beweist.
Schraubstock im Sofawagen
Eine optimal abgeschmeckte Prise Hardcore findet man im Innenraum des Mercedes GLA 45 AMG vor. Die schon erwähnten Schalensitze – ebenfalls im „großen Krawallbruder“ AMG GT im Einsatz – schmiegen sich nach der Bedienung von vielen kleinen Plastikknöpferl an jeden Körper von etwa 40-140 Kilogramm wie für einen höchstpersönlich gemacht an, der feine Alcantarabezug versprüht nicht nur Sportlichkeit sondern hält einen auch zusätzlich da, wo man Platz genommen hat. Das ebenso griffige Alcantara-Lenkrad lässt man mit einem bösen Teufelchen und einem braven Engelchen auf den Schultern durch die Hände gleiten. Das Teufelchen freut sich wahnsinnig über die verführerische Haptik und Optik, das Engelchen gibt speckige Stellen vom Handschweiß innerhalb kürzester Zeit zu Bedenken und fordert den Einsatz von Lenkradpräservativen. Oder auch kurz gesagt Handschuhen. Vielleicht einfach weniger wild fahren, dann bleiben auch die Hände trocken. Und besser zum GLA-Wesen passts auch noch. Aber wenn die den so aufbrezeln, muss man ja auch dementsprechend… Vielleicht dann doch lieber die A-Klasse. Nicht ganz so pervers als Gesamtkunstwerk, einen Zacken agiler und genauso rotzig. Danke, dass es solche Autos noch gibt.