Mercedes EQB, EQG und Maybach EQS: Gutes Gewissen im Gelände
Er ist der Dinosaurier unter den Geländewagen und glaubt man dem Mercedes-Marketing, dann ist er sogar „Stronger Than Time“. Doch nur, weil es die G-Klasse jetzt schon seit über 40 Jahren und mehr als 400.000 Exemplaren gibt und sie noch heute (fast) so aussieht wie bei der Premiere 1979, ist sie nicht immun gegen den Zeitgeist. Deshalb wagt zur IAA jetzt auch die G-Klasse die ersten Meter auf der Electric Avenue und surrt als Concept EQG lautlos mit der Kraft von vier E-Motoren auf die Münchner Messebühne.
Allerdings sei der EQG nicht nur für den Laufsteg gemacht, beteuert Entwicklungsvorstand Markus Schäfer und beschwört die Performance in der Pampa: Es bleibt deshalb beim Leiterrahmen, in den künftig die Batterien integriert werden, es bleibt bei der Einzelradaufhängung vorn und der Starrachse hinten, und es bleibt beim schaltbaren Getriebe, mit dem sich eine Geländeuntersetzung darstellen lässt. Der legendäre Schöckl, der Hausberg am Produktionsstandort Graz, soll deshalb auch für die elektrische G-Klasse zur leichten Übung werden.
„Damit treten wir eine Reise in die Zukunft an. Dieses Fahrzeug vereint modernste Offroad-Fähigkeiten mit dem Zeitalter der Elektromobilität, in das wir alle steuern“, sagt Designchef Gorden Wagener und wahrt deshalb auch bei der Form die vorsichtige Balance zwischen alter und neuer Welt. Denn natürlich ist auch der elektrische G ein Vierkant auf Rädern, selbst wenn aus dem Kühlergrill eine schwarze Blende mit leuchtenden Quadraten wird und statt des Ersatzrades nun ein Wandschrank im Form einer Wallbox an der Heckklappe prangt.
Die elektrische G-Klasse ist aber nur der eine Pol bei der Akku-Fahrt ins Abenteuer. Den anderen markiert das Concept Maybach EQS, mit dem Mercedes zur sauberen Schlammschlacht im Smoking bittet. Denn diese nicht minder seriennahe Studie gibt einen Ausblick auf ein SUV, das 2022 so dem EQS zur Seite stehen soll, wie es heute der GLS bei der S-Klasse tut. Und wer dieses Dickschiff als Maybach ordert, der darf neben 600 Kilometern Reichweite auch auf reichlich Lack und Leder sowie jede Menge Lametta hoffen – von den verchromten Nadelstreifen auf der Kühlermaske und am Heck über die Zweifarblackierung bis zu den Loungeliegen und dem politisch korrekten Kunstfell im Fond.
Zwar unterstreicht Mercedes damit einmal mehr die Ernsthaftigkeit bei der Elektrifizierung des Modellportfolios und so ganz langsam nimmt man den Schwaben ab, dass es zum Ende des Jahrzehnts zumindest in den entsprechend entwickelten Märkten nur noch Akku-Autos geben könnte. Zumal es neben dem EQS SUV auch noch eine hochbeinige Version des EQE geben soll. Doch wissen sie auch, dass beide Münchner Messehighlights nur sehr exklusive Nischen bedienen. Deshalb gehen sie auf der IAA bei ihrer elektrischen SUV Offensive auch in die Breite und rollen einen weiteren Stromer auf die Bühne, der sich zwischen diesen Dickschiffen allerdings fast verliert. Den EQB.
Knapp 4,70 Meter lang und mit seiner Option auf sieben Sitze das familienfreundlichste Elektro-SUV aus Stuttgart, teilt sich der EQB die Technik mit dem EQA – auch ihn wird es deshalb als Fronttriebler oder mit Allrad und mit bestenfalls mehr als 200 kW/272 PS geben, geplant sind verschiedene Akkus für Reichweiten von bis zu 419 Kilometern und geladen wird mit bis zu 100 kW, so dass der EQB bei Ionity & Co den Hub von 10 auf 80 Prozent in weniger als 30 Minuten schafft. Während er im Stand schnell ist, gehört der EQB auf der Straße aber zu den Schleichern: Genau wie die Konkurrenz aus Wolfsburg zieht Mercedes bei 160 km/h den Stecker. Darüber sollten die Kunden im EQG und im aufgebockten EQS nur lachen. Dafür allerdings brauchen sie etwas mehr Geduld, bis sie Gas – sorry – Strom geben können. Denn während der EQS erst spät im nächsten Jahr kommt und der EQG wohl kaum vor 2024, kommt der EQB noch in diesem Jahr zu den Händlern.