Der schönste Skoda?
Mit dem Vision E in die Zukunft
Donnerstagmittag in einem Fotostudio in Ingolstadt – die Nervosität steigt. Kommt sie oder kommt sie nicht? In nicht einmal zwei Wochen soll diese Studie von Skoda, an der vielleicht die Zukunft der ganzen Marke hängt, in Shanghai sein. Und jetzt schafft sie es nicht einmal die zehn Kilometer aus der geheimen Werkstatt, weil irgendwas im Innenraum noch klemmt. Vielleicht auch, weil der Fahrer mit dem hermetisch versiegelten Lastwagen einfach den Weg nicht findet. Dabei dängt die Zeit und zu allem Übel hat sich auch noch der Vorstand zur finalen Designabnahme angesagt.Von Thomas Geiger
Technisch ist der Vision E keine große Überraschung. Denn erstens nutzt er den von der Konzernmutter VW schon drei Jahre vor dem ersten Serienmodell bis zur Sättigungsgrenze durch die Schlagzeilen geprügelten Modularen Elektrizitätsbaukasten. Und zweitens sind 225 kW Leistung aus zwei Motoren, 180 km/h Höchstgeschwindigkeit und mehr als 500 Kilometer Reichweite für eine Studie kein großer Wurf, wenn ein Opel Ampera-E schon heute auf 520 und ein Renault Zoe auf 400 Kilometer kommen.
Dazu gibt es einen Innenraum, der ohne Mitteltunnel deutlich mehr Platz bietet, ein Anzeige- und Bedienkonzept, das mit großen Touchscreens, Gesten- und Blicksteuerung ebenfalls den Aufbruch in eine neue Zeit wagt, und Assistenzsysteme, die noch einen weiteren Schritt nach vorne machen. So kann der Vision E nicht nur automatisch auf einer induktiven Ladeplatte parken, sondern nach dem so genannten Level 3 auch selbstständig über die Autobahn rollen. Damit der Fahrer dabei nicht ganz wegdriftet oder sich zu tief in den Möglichkeiten des Infotainments verliert, überwacht Skoda neben seiner Aufmerksamkeit sogar seinen Herzschlag. Und natürlich haben sich die Tschechen auch wieder ein paar Neuigkeiten aus der Rubrik Simply Clever einfallen lassen – zum Beispiel Frontsitze, die man um 20 Grad drehen kann.
Eine wunderbare Karosserie und ein atemberaubendes Ambiente – und dies ist das Versprechen von Karl Neuhold: „Natürlich werden wir nicht alles übernehmen können und haben bei manchen Details etwas überzeichnet“, räumt der Chef fürs Exterieur-Design ein. „Aber die Vision E ist vom Serienmodell nur noch so weit entfernt wie damals die Vision S vom Kodiak.“ Und bei diesen beiden Autos sind die Parallelen so augenfällig, dass man am Ende fast schon überrascht war. Selbst ein wenig von dem Bleikristall-Ornat möchte Neuhold in die Produktion retten, weil er den Kontrast zwischen traditioneller Handwerkskunst aus Böhmen mit dem Hightech von Antrieb und Bedienung reizvoll findet.
Dazu zählen neben den fünf reinen Stromern für ihn allerdings auch Plug-In-Hybride, mit denen die Offensive 2019 beginnen soll. Anders als bei der Studie auf dem Weg nach Shanghai sollte das dann auch keine Zitterpartie mehr werden. Denn als Basisfahrzeug dient der sattsam bekannte Superb und selbst wenn Skoda auf eine neue Zellgeneration und mehr als 50 Kilometer Reichweite hofft, läuft sich die Batterietechnik unter dem Blech seit Jahren im VW Passat GTE warm.