Nio Eve: Better than all the rest?
Better than all the rest?
Der Nio Eve macht viele Versprechungen
Die Zahl der selbsternannten Tesla-Jäger wächst immer weiter. Denn das von chinesischem Geld finanzierte Start-Up Nio bereitet sich darauf vor, Elon Musk vom Thron der Akku-Jünger zu stürzen. „Mit uns beginnt das Autozeitalter 3.0“, sagt Managing Direktor Hui Zhang, der Firmen wie Daimler oder VW in die Kategorie 1.0 sortiert und Tesla allenfalls eine 2.0 zugesteht.Von Thomas Geiger
Denn statt sich mit dem Mühsal der Fahrzeugführung zu beschäftigen, überlässt man die Arbeit dem Autopiloten. Lenkrad und Pedale ziehen sich in die Konsolen zurück, die virtuellen Instrumente auf der digitalen, bis in den Fußraum verlängerten Frontscheibe verschwinden und geben den Blick frei auf ein Panorama, wie es sonst nur Helikopterpiloten kennen. Und wer seine Beine ausstrecken will, der klettert nach hinten und lümmelt sich auf eine halbrunde Sitzgruppe, die einladender ist als das Sofa daheim im Wohnzimmer – unvermeidlicher Liegesessel inklusive. Platz ist dafür bei 5,20 Metern Länge und 3,52 Metern Radstand reichlich, erst recht, wenn die kompakten Motoren an den Achsen montiert werden und der Lithium-Ionen-Akku im Wagenboden verschwindet. So bringt man auf der Fläche einer S-Klasse spielend sechs Passagiere unter, die besser sitzen und mehr sehen als in jedem Auto der Generationen 1.0 und 2.0. Selbst das Tesla Model X wird da zur Sardinenbüchse unter Strom.
Die Bedienung übernimmt dabei Nomi, die Schalt- und Steuerzentrale, die sich hinter dem pulsierenden Licht eines magischen Würfels auf dem völlig leeren Armaturenbrett verbirgt. „Das ist das Herz von Eve“, sagt Designer Tomasson über den digitalen Assistenten, der die Insassen so gut kennt, dass er die meisten ihrer Wünsche schon erfüllt, bevor sie überhaupt ausgesprochen sind. Und falls das mal nicht klappt, ist die Sprachsteuerung mittlerweile so ausgreift, dass Tomasson auf alle Knöpfe verzichtet hat.
Das Fahren selbst wird dabei so nebensächlich, dass Nio über Banalitäten wie die Motorleistung oder die Spitzengeschwindigkeit kein Wort verliert. Und ob es bis zum avisierten Marktstart von Eve im Jahr 2020 tatsächlich halbwegs bezahlbare Akkus für mehr als 1000 Kilometer Reichweite oder eine Ladetechnik gibt, mit der man in zehn Minuten den Strom für 300 Kilometer zapft, muss die Zukunft erst noch zeigen. Erst recht, wenn das Serienauto nicht viel mehr kosten soll als eine aktuelle Luxuslimousine und deshalb die etwa 150 000 Euro für einen gut ausgestatteten Tesla mal als Referenz dienen können. Auch was Designer Tomasson aus diesem „Vision Car“ tatsächlich in die Serie retten kann, will er noch nicht verraten. Die elektrischen Schiebetüren zum Beispiel stehen auf der Kippe und digitales Glas, das mit OLED-Technik zum vollflächigen Head-Up-Display wird, dürfte auch in drei Jahren noch unbezahlbar sein. Aber für den Helikopterblick aus dem Cockpit zum Beispiel, die Anordnung der Sitze und das radikal reduzierte Bedienkonzept will er durchaus kämpfen.