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Porsche 911 GTS: Turbo light

Mit dem Erfolg ist das so eine Sache: Zwar ist der Porsche 911 als Legende für die linke Spur längst über jeden Zweifel erhaben. Doch weil die vielen Lorbeeren seiner langen Geschichte auch ein bequemes Bett sind und er es obendrein mittlerweile allen recht machen muss, haben zumindest die zentralen Modelle in der Palette etwas von ihrer Charakterschärfe eingebüßt. Natürlich fahren alle Elfer ihren meisten Konkurrenten noch immer mühelos davon und machen jeden Kilometer zum Vergnügen. Doch der früher ach so wilde Carrera ist heute ein guter, aber gewöhnlicher Sportwagen für Jedermann und der einst ungezähmte Turbo ein potenter Porsche für Poser, die sich mit Wohlstandsbauch und Seniorenhüfte nicht in einen Lamborghini oder Ferrari zwängen möchten. Wer dagegen einen Elfer mit ausgeprägtem Profil wollte, der musste bislang zu einem RS und dafür tief in die Tasche greifen. Doch jetzt legt Porsche noch einmal nach und bringt zu Preisen ab 175.580,50 Euro in gleich fünf Spielarten als Coupé, Cabrio und Targa mit Heck- oder Allradantrieb, DSG oder Handschaltung den neuen GTS an den Start. 

Theoretisch ist das nicht viel mehr als eine weitere Variante in der großen Familie, die für gute zehn Prozent Aufschlag zum Carrera S einen Hauch mehr Leistung und einen etwas düstereren Look bietet. Denn statt 450 PS stehen für den immer gleichen 3,0-Liter-Boxer nun 480 PS im Datenblatt, das maximale Drehmoment klettert um 20 Nm und liegt jetzt bei 570 Nm, und die Unterschiede bei den Fahrleistungen sind auf dem Papier kaum mehr als Marginalien: 0 auf 100 in bestenfalls 3,3 Sekunden machen gerade mal drei Zehntel zur Serie aus und die Spitzengeschwindigkeit von 309 km/h liegt lediglich 3 km/h über dem Carrera 4S. Selbst die dunkle Designdetails wie der schwarze Bügel beim Targa, die Räder oder die Spiegelkappen halten die gewöhnlichen Geschwister nur sehr dezent auf Distanz.

Doch praktisch definiert Porsche damit den Sweet-Spot des Elfers. Denn aus den jeweils besten Komponenten der einzelnen Baumuster schmieden sie in Weissach und Zuffenhausen einen Sportwagen, der gemessen am Preis mehr Lust und Leidenschaft pro Euro bietet als jede andere Variante – den Turbo und den GT3 eingeschlossen.

Das verdankt der GTS neben dem nachgeschärften Motor mit dem neuen Sportauspuff vor allem dem Fahrwerk, das bei Coupé und Cabrio direkt vom Turbo übernommen wird. Serienmäßig mit der adaptiven Federung ausgestattet und bei Coupé und Carbio auch noch einen Zentimeter tiefegerlegt, übernimmt es auch die Helper-Federn an der Hinterachse: Sie halten die Hauptfedern jederzeit und unter allen Umständen unter Spannung und der Ausfederweg bleibt stets erhalten. So schnürt der Elfer ein enges Band zwischen Fahrer und Fahrbahn und folgt der Ideallinie deshalb noch konsequenter.

Neben dem Plus an Power und Präzision gibt’s auf Wunsch auch noch ein Minus bei den Pfunden: 25 Kilo schneiden die Schwaben dem Sportwagen dafür aus den Rippen. Und selbst wenn man schon ein sehr empfindliches Popo-Meter braucht, um diesen Unterschied zu spüren, kann ihn jedermann zumindest hören. Denn der Diät sind auch ein paar Dämmmatten und die dicken Isolierglas-Scheiben zum Opfer gefallen, so dass nun bei jedem Gasstoß ein voller, kräftiger Klang die Kabine flutet. Eigentlich könnte man da gleich auch das Infotainment weglassen und so noch ein paar Kilo sparen. Dabei hat Porsche auch da noch einmal nachgelegt und dem Elfer mit dem GTS ein Update spendiert: Die App mit dem virtuellen Rennfahrer-Training ist nun Standard, die kabellose Smartphone-Integration klappt jetzt auch mit Android und die Bedienung ist insgesamt leichter geworden, was vor allem dann keine schlechte Sache ist, wenn man alle Hände voll mit dem Fahren zu tun hat.

Und das passiert im GTS fast wie von selbst. Denn das Auto stachelt seinen Fahrer gefährlich an. Man stellt den etwas enger geschnittenen Sportsitz mit seinem schmucken Race-Tex-Bezug wie von selbst ein wenig steiler und preist das eben noch störende Zwicken an den Hüften als hilfreichem Seitenhalt. Man lässt den Arm im offenen Auto nicht mehr lässig auf der Brüstung liegen, sondern greift fester ins Lenkrad, während sich die Rechte wie eine eiserne Faust um den für schnellere Gangwechsel verkürzten Schaltknauf legt. Oh wie schön, dass sich die Schwaben noch den Luxus eines Schaltgetriebes leisten.

Die Kurven fährt man zackiger, und der rechte Fuß wird fast automatisch schwerer. Spätestens dann fühlt man auch, wie die breitere Spur die Kurvenlage verbessert, das Auto bei schnellen Rechts-Links-Kombinationen noch länger die Ruhe bewahrt, weil es weniger wankt und mehr Traktion aufbaut.

Wenn dann das Rädchen im Lenkrad in die Sport Plus-Raste klickt, kennt der Elfer kein Halten mehr. Gierig frisst der Sportwagen die Kurven, verbeißt sich in der Ideallinie und macht mit jedem Gasstoß mehr Laune. Dabei ist es fast schon beängstigend, wie sicher und solide sich der GTS auf Kurs halten lässt – erst recht natürlich die Allradvarianten. Dann scheint die Physik förmlich Pause zu machen und man fühlt sich beim Ritt auf Messers Schneide gefährlich unverwundbar. Bis irgendwann die Einsicht reift, dass hier der Fahrer und nicht das Fahrzeug der limitierende Faktor ist. Spätestens dann sollte man den Sport-Plus-Modus wieder deaktivieren, den Sitz etwas bequemer einstellen, den Griff am Lenkrad lockern und die andere Seite des GTS genießen. Denn im Gegensatz zum kompromisslosen GT3 lässt sich dieser Sportler mit der entsprechenden Willensstärke auch halbwegs kommod und dabei überraschend rückenschonend bewegen und verwöhnt dabei mit einem Restkomfort, der auch für eine lange Reise reicht. Vielleicht sind ein paar Lorbeeren ja doch kein so schlechtes Ruhekissen.

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