Ein Sir steht unter Strom
Der Range Rover PHEV
Von Thomas Geiger
Dafür kombinieren die Briten die im Achtgang-Automaten integrierte e-Maschine mit dem Benziner, auf den sie aktuell am stolzesten sind. Nein, nicht mit dem famosen 5,0 Liter-Kompressor, der in seiner ganzen Dekadenz so gut zu dem Luxusliner passt und dem Alltag-Adel so einzigartig macht. Sondern mit dem Vierzylinder-Ingenium-Motor, den sie in ihrer neuen Fabrik bauen und in mittlerweile fast allen Modellen von Jaguar und Land Rover einsetzen. Schließlich müssen die Briten irgendwie von ihrem verboten hohen CO2 Ausstoß herunter.
Und eine schlechte Wahl ist der 2,0-Liter ganz bestimmt nicht. Immerhin pressen ihm die beiden Turbos stolze 300 PS, und zusammen mit den 116 PS der E-Maschine hat der Antrieb selbst mit dem immerhin 2,5 Tonnen schweren Prunkschiff buchstäblich leichtes Spiel. Wozu schließlich wuchten die beiden Motoren zusammen bis zu 640 Nm auf die Kette.
Selbst der Stromer alleine kommt gut mit dem Schwergewicht zurecht: Solange man bei den Fahrprogrammen den e-Modus vorwählt oder das breite fahrpedal mit Samtfüßen streichelt, surrt Sir Range mit einer majestätischen Ruhe durch die Stadt, die perfekt zum luxuriösen Auftritt und Ambiente des Wagens passt. My car is my Castle – selten hat man sich in einem SUV derart der Welt entrückt gefühlt, wie im elektrifizierten Range.
Und die elektrische Entrückung währt nicht nur im Stadtverkehr. Sondern selbst durch den Schlamm kann man sich ohne Sprit und nur mit Strom wühlen. Und wer die in der Theorie versprochenen 51 Kilometer Reichweite möglichst schnell reduzieren und danach mit dem im Kofferraum verbauten 13 kWh-Akku für 2:45 Stunden an die Steckdose will, der versucht sein Glück am besten auf der Autobahn, wo der E-Motor immerhin noch bis weit jenseits von 100 Sachen mitspielt.
Flüsterleise, politisch korrekt, mit 64 g/km ein Segen für die Flottenstatistik und mit einem rechnerischen Verbrauch von 2,8 Litern sparsamer als ein Mini Countryman mit Dieselmotor – also alles richtig gemacht beim elektrifizierten Range? Leider nein. Denn die gewählte Kombination mag zwar die vernünftigste sein, aber ganz sicher nicht die vergnüglichste. So richtig imposant sind weder die 6,8 Sekunden von 0 auf 100 noch das Spitzentempo von 220 km/h imposant. Und Vernunft ist ein Argument, das bei Range Rover-Kunden vermutlich am wenigsten verfängt. Denn wie sollte man sonst den Kauf eines übergewichtigen und überdimensionierten Luxusliners erklären, der in allem und überall so viel besser ist als jeder seiner Fahrer und auf jedwedem Terrain weiter kommt als irgend jemand je möchte? Das einzige was da noch ziehen könnte, ist der Preis. Denn der ist mit 136.100 Euro so unsittlich, wie man es bei diesem Auto erwartet. Nur der V8-Kompressor ist teurer.
So mögen die Briten bei diesem Auto zwar dem Gebot der Stunde gefolgt sein, doch haben sie zugleich einen großen Fehler gemacht. In Zeiten, in denen Porsche beim Panamera und demnächst auch beim Cayenne gleich zwei Hybriden anbietet und einen davon statt mit sechs mit acht Zylindern aufrüstet, hätte auch Land Rover in die vollen gehen und den Achtzylinder mit Kompressor als Partner wählen sollen. Das hätte zur Idee von Überfluss und Luxus gepasst und trotzdem einen Anstrich von Vernunft gehabt.
Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Schließlich haben die Briten gerade versprochen, dass in den nächsten Jahren alle Baureihen elektrifiziert werden und somit weitere Plug-In-Hybriden kommen. Und auch ein rein elektrischer Geländewagen ist in Planung. Während der bei der Schwestermarke mit dem Jaguar i-Pace allerdings schon in den Startlöchern steht, wird Land Rover auch da wieder hinterherfahren – und die Kundschaft noch bis zum nächsten Jahrzehnt warten lassen.