Herzig und fetzig zugleich sein, das ist ein ganz schöner Spagat. Einer, den sich Renault mit seinem Kleinen von 75 bis 220 PS traut. Aufgefrischt sind jetzt Fünftürer, Grandtour und R. S. sowie R.S. Trophy.
Text: Beatrix Keckeis-Hiller
Fotos: Renault
Abgeschworen hat Renault der optischen Bescheidenheit und Unauffälligkeit mit dem Wechsel des Chef-Designers. Laurens van den Acker, seit 2009 Herr des optischen Auftritts der Rhombus-Marke, liebt kräftige Farben, sinnliche Formen und den automobilen Sport. Diesen Stempel drückt er allen neu gemachten Modellen der französischen Marke auf.
Herzig & farbig
Der erste, der mit Formen und Farben auffallen durfte war der Renault Clio, in seiner vierten Generation. 2012 debutierte der Kleine in komplett verändertem und markant herzigem Look. Wie die Vorgänger hat er, als Kleinwagen – entweder mit fünf Türen oder mit Lade-Rucksack -, unverändert den Auftrag mitbekommen, brav zu sein: einerseits möglichst wenig Platz zu vereinnahmen, andererseits zurückhaltend mit Treibstoff umzugehen.
Soweit, so brav. Tradition bei Renault aber ist, dass auch die Kleinen Muskeln zum Spielen bekommen. Siehe den Clio-Vorgänger R5, der es als Turbo in Spitzenvarianten auf bis zu 170 PS gebracht hatte. Ums Leistungstraining, das nachfolgend auch für den Renault Clio in allen Modellreihen zur Anwendung kam, kümmerte sich die Renault-Sportabteilung, markiert mit dem Kürzel R.S. Mit dieser Tradition wollte van den Acker nicht brechen, und auch die vierte Modell-Reihe hat ein Krawall-Kerlchen dazubekommen. Zum Start mit 200 PS, nunmehr aus einem 1,6-Liter-Turbobenziner und zusammengespannt mit einem sechsstufigen DSG. In der Folge stellte Renault Sport die verschärfte „Trophy“-Version mit 220 PS dazu.
Zwischenzeitlich hat sich das Gesicht der französischen Marke insgesamt stark gewandelt, die enge Verwandtschaft sieht man allen neuen oder neu gemachten Modellen von Twingo über Captur, Kadjar, Mégane und Talisman eindeutig an, ohne dass sich bisher Uniformität eingeschlichen hätte. Dafür beginnt jetzt der Auffrischungs-Zyklus von vorne: beim Clio. Die kosmetischen Korrekturen für die Phase zwei sind außen behutsam ausgefallen, an Frontschürze, Kühlergrill und Heckleuchten. Innen fallen die feineren Materialien und die neuen Tapezierungen auf.
Technische Updates
Dazu kommt ein neuer Top-Diesel mit 110 PS und manueller Sechsgangschaltung, der sich völlig unbrummig und direkt sportlich gibt. Der Top-Benziner kann nun ebenfalls mit sechsgängigem Handschaltgetriebe geordert werden, was gut harmoniert. Komplettiert wurde das Infotainment-Offert um Smartphone-Integration. Man kann nun auch einen Parkassistenten ordern und Voll-LED-Scheinwerfer. Die sind in den R.S.-Versionen Serien-Zugabe. Frisch hinzu gekommen sind für diese neue Multifunktionsleuchten, ebenfalls LEDs. Um die in allen Funktionen auszuprobieren war’s allerdings rund um Bordeaux, dem Zentrum einer der renommiertesten Weinregionen Frankreichs, wohin Renault eingeladen hatte, zu hell.
Dafür erhellte die Fahrt über die Testroute das Wissen über den Südwesten Frankreichs. Was man weiß: Im Bordelais wächst Wein. Das Périgord kennt man von den Trüffeln. Im Einzugsgebiet beider Regionen aber haben die Franzosen – außer jeder Menge Historie – auch etwas automobiles Kulinarisches zu bieten: eine kleine, feine Rennstrecke. Der 2009 eröffnete Circuit de Haute-Saintonge offeriert eine 2,2 Kilometer lange Piste und eine Kart-Strecke. Für Test-, Trainings- und Abstimmungsfahrten sowohl zwei- als auch einspurige. Zur Förderung der Verkehrssicherheit. Aha.
Auf jeden Fall das richtige Terrain, um sich auf Renaults Zugang zum Sport einzustimmen. Im Trophy. Das neue Top-Modell R.S. 16 mit 275 PS und 360 Nm aus zwei Litern Hubraum hatte Renault – noch – nicht mitgebracht. Aber man soll nicht unbescheiden sein. Der selbstverständlich mit Akrapovic-Auspuffanlage bestückte 220-PS-Typ passt perfekt zur auf Fahrtechnik ausgelegten Rennstrecke, seine Leistung reicht für einen anregenden Aufstand im Zwergerl-Paradies gut aus.
Wie üblich, war der Spaß mit dem fetzigen Herzigen auf drei Runden – immerhin exklusive Aufwärmen und Abkühlen – limitiert. Wer noch einmal wollte, der durfte. Und so kreisten die Hot Hatches in der heißen Mittagssonne, was das Zeug hielt, kreischten und quietschten, je nach Drehzahl brabbelnd oder fauchend um die Wette. Bis der Zeitplan – man musste zurück zum Airport nach Bordeaux – dem vielleicht aufkommenden Übermut Einhalt gebot.
Ab mitte September
Wer’s ausprobieren will: Zu den Händlern kommen die überarbeiteten Clios ab mitte September. Die Zahmen kosten ab 12.990 Euro. Die Wilden kommen auf ab 26.490 Euro, für die zwanzig Mehr-PS des Trophy muss man dann 3.500 Euro dazulegen.