Solange Autos Räder haben, werden sie primär zum Fahren dienen. Doch die neuen coolen Kids am Block, sprich die Elektroautos und Plug-in-Hybride, können zwar ebenfalls rollen, spielen ihre Stärken aber definitiv nicht bei weiten Trips aus. Der Škoda Octavia Scout beweist, warum auch 2021 der Diesel der König der Langstrecke ist.
„Der Diesel“ bedeutet in diesem Fall ein ganz klassischer Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum und 200 PS. Altbewährt, und zwar mit gutem Grund. Um dieses Konzernaggregat herum haben die Herren aus Jungbunzlau nun also den Škoda Octavia Scout modelliert. Oder war vielleicht doch das Auto vor dem Motor da? Egal, lassen wir das Huhn in Ruhe seine Eier brüten. Unter Scout versteht man in Tschechien eine etwas robuster gestaltete Version, die im Falle des aktuellen Octavia unter anderem mit 15 Millimetern mehr Bodenfreiheit daherkommt, eine markige Beplankung aufweist und außerdem immer als Kombi ausgeliefert wird. Allradantrieb gibt es natürlich (optional), war in unserem Testwagen auch mit an Bord. Wieso dieses Setup also so super fürs Reisen sein soll, sei im Folgenden erklärt.
Punkt eins: Kombi. Keine andere Karosserieform vereint Simplizität und Praxistauglichkeit so gekonnt. Ja, auch SUVs können groß und geräumig sein, keine Frage. Aber die stehen halt auch im Wind wie ein Haufen Ziegel. Und ganz ehrlich: Niemand muss auf der Autobahn am Hochstand sitzen wie auf dem Iron Throne. Findet zumindest der Verfasser dieser Zeilen, der im Škoda Octavia Scout zu zwei Wochen Urlaub angetreten ist. Nämlich zu dritt. Plus Vierbeiner. Da kommt schon einiges an Gepäck zusammen, vor allem wenn drei der vier Reisenden der Damenwelt zuzurechnen sind. Na gut, war nur ein Spaß! Fakt ist: Der 640 Liter große Kofferraum muss sich beim Schlucken von zwei großen Koffern, vier Reisetaschen und diversem Hundebedarf (Futter für zwei Wochen braucht beispielsweise auch seinen Platz) zwar ein bisschen Mühe geben, hakt die Aufgabe aber klaglos ab.
Während der Fahrt loungieren auf der Rückbank des 4.703 Millimeter langen Octavia Scout also eine Erwachsene und eine mittelgroße Hündin (natürlich vorschriftsmäßig fixiert) ganz relaxt und ohne Klaustrophobie. Vorne ist sowieso alles eitel Sonnenschein. Das Infotainmentsystem samt großformatigem Touchscreen sorgt für musikalische Unterhaltung und sichere Navigation. Unverständlich bleibt weiterhin, warum das neue VW-Infotainment nicht in der Lage ist, Songtitel bei Bluetoothwiedergabe im Mediaplayer anzuzeigen, sondern nur im Homescreen. Aber das ist kein Octavia-Problem, sondern markenübergreifend ein First World Problem. Etwas nerviger ist da der Spurhalteassistent, oder vielleicht sollte man ihn Spurmittehaltassistent nennen. Des öfteren nämlich hat der die Reise mit einem nervigen „Ding, ding, ding“ versüßt, weil man „in der Mitte der Fahrspur“ fahren soll. Sorry, aber die meisten Leute sind nun mal ohne Geodreieck unterwegs. (Dezente) Warnungen bei Überschreiten der Spurlinien sind ja okay, aber wenn das System loslegt, sobald man der Bemalung nur nahe kommt, ist es doch zu viel des Guten. Diese Geschichte kann man glücklicherweise mit einem gezielten Knopfdruck deaktivieren und schon herrscht wieder Ruhe. Auch kein Weltuntergang also, aber auch nicht ideal.
Ebenfalls interessant sind die digitalen Instrumente, die man sich natürlich je nach Vorliebe stylen kann. Besonders die Zahl, die nach mehreren hundert Kilometern Autobahn mit 130 km/h (ähem, plus Toleranz) da steht: 5,9 Liter pro 100 Kilometer. Und das bei doch 200 Pferden und Allradantrieb. Da ginge also sogar noch mehr, äh weniger, im Reich der Selbstzünder. Doch schon so lässt sich der Verbrauch verdammt beeindruckend an. Die Fahrt hin und zurück mit rund 1.200 Kilometern geht sich jedenfalls mit einmal Nachtanken ganz locker aus. Da können Benziner eine Träne zerdrücken, Plug-in-Hybride sich in ihr Zimmer verkriechen und Elektroautos ihren ganz persönlichen Lockdown of Shame vollziehen. In der Disziplin Urlaub ist der Diesel eben nicht nur praktisch und günstig, sondern auch vergleichsweise umweltfreundlich unterwegs, spätestens in der AdBlue-Ära.
Übermäßig aufs Börserl schlägt die große Fahrt im Škoda Octavia Scout schon mal nicht. Sehr fein, so bleibt mehr zum Ausgeben für urlaubliche Genüsse. Nach der Ankunft sind alle Insassen jedenfalls bestens ausgeruht. Drei, weil sie sowieso die meiste Zeit wie Babies geschlummert haben und einer, weil sich der Scout bei aller Offroadoptik immer noch wie eine gediegene Reiselimousine fährt und am Steuer stets Ruhe herrschen lässt.
Kurzum: Die Urlaubsfahrt mit dem Škoda Octavia Scout war eine wahre Freude. Unaufgeregt und zielstrebig unterwegs, verwöhnt er die Reisenden mit Platz und bequemen Sitzen und frisst so viel Gepäck, dass er schier unersättlich erscheint. Dieses long distance-Vergnügen kostet den geneigten Ferienmacher exakt 51.553,57 Euro. Für ein vierdreiviertel Meter langes Auto mit moderner Innen- und Assistenzausstattung ein fairer Preis. Vor allem wenn man bedenkt, dass die stets sehr deutlich teurere Premiumriege dem Škoda Octavia Scout rein leistungstechnisch meist nicht viel voraus hat.
Sicher, Škoda wird nie das aufregendste oder extravaganteste Auto der Welt bauen und wer sich in Lack und Leder suhlen will, sollte seinen Blick auch woandershin richten. Doch es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die Tschechen sehr fesche Auto samt elegantem und hochwertigem Interieur bauen, von der Technik ganz zu schweigen. Der Octavia Scout richtet sich also beileibe nicht nur an Pragmatiker, die einfach nur ankommen wollen. Sondern gerade Fahrer und Mitfahrer, die ihre Reise auch genießen wollen, wohnen in diesem Kombi gut. All dem aktuellen Hype über urbane Mobilität zum Trotz hat sich der Scout auf die Fahnen geschrieben, Reisen again great zu maken. Well done!