Reduce to the max: Mit der freiwilligen Selbstbeschränkung auf das wirklich Wesentliche ist der kleine Smart vor mehr als 20 Jahren groß rausgekommen und hat die Autowelt auf den Kopf gestellt. Zwar war kein andres Auto so radikal reduziert wie der bunte Bonsai-Benz, doch so wirklich erfolgreich war er nie – und verwässert haben die Schwaben das Konzept mit starken Motoren und immer neuen Modellen bis hin zum Viertürer auch. Doch nachdem sie die alleinige Hoheit über den Stadtflitzer gerade abgegeben haben und den Nachfolger für das Jahr 2022 gemeinsam mit Geely in China auf den Weg bringen, kehren sie auf der Zielgerade noch einmal zur alten Konsequenz zurück.
Von Thomas Geiger
Denn wenn im Februar zu Preisen ab 21.940 Euro für den Fortwo, 22.600 Euro für den Forfour und 25.200 Euro (D) für das Cabrio die überabeitete Generation an den Start geht, dann geht es weniger um das, was es künftig neu gibt. Sondern interessant ist das, was es in Zukunft nicht mehr geben wird: Den Benzin-Motor. Während die großen Marken und auch die Mutter Mercedes den Abschied vom Verbrenner zwar herbeireden, sich dabei aber noch das eine oder andere Jahrzehnt zeitlassen wollen, machen sie bei Smart Nägel mit Köpfen und schwenken als erste und bislang einzige Marke voll auf den Elektroantrieb um.
Der passt zum Smart besser als zu vielen anderen Autos. Denn angesichts des winzigen Wendekreises fühlt man sich im Fortwo ohnehin wie im Autoscooter – und der fährt schließlich auch elektrisch. Außerdem ist mit dem E-Antrieb endlich das nervige Schnattern des Dreizylinders passé, das allenfalls mit Brabus-Tuning erträglich war. Und weil der Smart ohnehin fast ausschließlich in der Stadt gefahren wird, stört sich auch niemand an den bescheidenen Fahrleistungen. Maximal Tempo 130? Wen interessiert das schon. Von 0 auf 100 km/h in knapp zwölf Sekunden? Wichtig sind nicht die maximal 60 kW, sondern die bestenfalls 160 Nm, die mit knapp 1100 Kilo leichtes Spiel haben und für einen spontanen Antritt sorgen. Die 4,8 Sekunden von 0 auf 60 km/h hören und vor allem fühlen sich deshalb viel besser an als die knapp zwölf Sekunden, die bis Tempo 100 vergehen,
Selbst mit der bescheidenen Reichweite lässt sich unter diesen Voraussetzungen leben. Denn wer sich tatsächlich nur in der Stadt bewegt, der kommt mit dem Normwert von 159 Kilometern locker über die halbe Arbeitswoche. Nur das Laden selbst ist nervig, weil es unverhältnismäßig lange dauert: Selbst mit dem immerhin knapp 1.000 Euro teuren 22 kW-Lader dauert es 40 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Da sind Konkurrenten wie der elektrische Mini oder der Opel Corsa-E deutlich flotter unterwegs.
Während Smart mit dem Verzicht auf den Verbrenner für Schlagzeilen sorgt, halten sich die Neuerungen sonst in engen Grenzen: Von außen sind es vor allem eine retuschierte Frontschürze mit ernstem Blick und unterschiedlichem Design für Zwei- und Viertürer sowie die nachgezeichneten Leuchten, die den Unterschied machen. Und innen gibt es zwar ein Update fürs Infotainment. Aber auch die versprochene Smartphone-Integration ändert nichts daran, dass die analogen Instrumente und langsame Navigation wie von gestern wirken. Vom Rest des Infotainments ganz zu schweigen.
Dabei ist den Entwicklern die Digitalisierung keineswegs fremd. Doch weil für Software-Änderungen im Auto Geld und Möglichkeiten fehlen, toben sie sich bei den Apps zum Fahrzeug aus. So kann man das Laden nicht nur von der Apple-Watch aus steuern, sondern kann sogar sein privates Carsharing starten. Weil man den Wagen auch mit einem Code auf dem Smartphone öffnen und anlassen kann, lässt er sich problemlos im Freundes- und Familienkreis teilen. Nur den Parkplatzfinder mit Echtzeit-Informationen aus Tiefgaragen und Wahrscheinlichkeiten für ganze Straßenzüge hätten sie sich sparen können: Denn wenn es ein Auto gibt, für das man immer einen Platz findet, dann ist es der Smart.