von Philipp Stalzer
Was in Russland sogar Pflicht im Sinne einer niedrigen Haftpflicht-Versicherungsprämie ist (und uns ein schier unglaubliches Arsenal an unfassbaren Mitschnitten vom Irrsinn im Straßenverkehr beschert), soll bei uns nicht erlaubt sein. Die Rede ist von der sogenannten „Dashcam“, die die Geschehnisse rund ums eigene Vehikel in Form einer Videoaufzeichnung dokumentiert. Soweit, so schlau, möchte man meinen. Keine Schuldigkeitsfragen nach einem Verkehrsunfall mehr, die sich auf oft gar nicht willkürlich wackeligen Zeugenaussagen stützt – alles unanfechtbar in digitaler und unverfälschbarer Form aufgezeichnet. Klingt zwar gut, ist aber laut Gesetz eine „systematische, fortlaufende Feststellung von Ereignissen durch technische Bildaufnahmegeräte“, also angeblich eine Videoüberwachung des öffentlichen Raumes, die ausschließlich Sache der Sicherheitsbehörden sei und somit nicht erlaubt. Daher drohen hierzulande Geldstrafen bis zu 25.000 Euro und bei Schädigungsabsicht sogar eine eventuelle Gefängnisstrafe.
Absurdes Verbot
Dass die Strafandrohung eher hypothetisch und in anderen Zusammenhägen zu verstehen ist, ist klar. Eine Schädigungsabsicht durch eine Kamera hinter der Windschutzscheibe wird schwer nachzuvollziehen sein – genauso wie es schwer nachzuvollziehen ist, wo genau das Problem liegt. Erstens: es gibt bereits Urteile von zumindest zwei Zivilgerichten, die sich auf das Bildmaterial der scheinbar illegalen Videoaufnahmen stützt. Man kann zwar daraus nicht schließen, dass das Mitfilmen erlaubt ist – die Auswertung des eindeutigen Beweismaterials, das jedes Verfahren in wenigen Minuten in sonnenklarem Licht erscheinen lässt, aber zulässig und vermutlich sogar sehr gern gesehen ist.
Eine Frage der Argumentationslinie
Zweitens: jemandem mit einer leicht aus dem Auto zu entfernenden Einrichtung „systematische Feststellung von Ereignissen“ nachzuweisen, wird – gelinde gesagt – verdammt schwer. Auf der einen Seite, weil das Videomaterial für den Kamerabesitzer völlig aussagelos ist, bis es etwas nachzuweisen gilt und manche Kameras die Daten auch erst nach einer Erschütterung oder der manuellen Befehlserteilung für einen definierten Aufzeichnungszeitraum auslesbar zur Verfügung stellen. Andererseits ist es definitiv erlaubt die Fahrt in den Urlaub, ans Ausflugsziel oder sonst wo hin in welcher Weise auch immer für sich zu dokumentieren. Das ist keine Überwachung der Allgemeinheit, sondern ein höchstpersönlicher Videomitschnitt von Lebensereignissen. Wenn sich darauf zufällig ein Missgeschick befindet und man damit seine Unschuld beweisen kann – umso besser, oder? Sollte das nicht zulässig sein, wäre auch jede Art von „Versteckter Kamera“ oder „Ups, die Pannenshow“ mit Videomitschnitt vom rutschigen Hafenpier oder dem Gschropp in der Wohnstraße beim Fahrradfahren im Fernsehen unzulässig. Eher undenkbar, wie ich meine.
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Jemandem mit einer leicht aus dem Auto zu entfernenden Einrichtung „systematische Feststellung von Ereignissen“ nachzuweisen, wird – gelinde gesagt – verdammt schwer.