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VW ID.3: Götterdämmerung auf dem Golf-Platz

Es ist ein bisschen wie damals beim Übergang vom Käfer auf den Golf: Es liegt ein Zeitenwechsel in der Luft, wenn VW jetzt auf der IAA in Frankfurt endlich den ID.3 enthüllt. Denn so, wie damals der Wechsel vom luftgekühlten Heckmotor zum wassergekühlten Frontmotor eine neue Generation von Autos für die breite Masse hervorbrachte, will VW jetzt den Wechsel vom Verbrenner zum Stromer schaffen und in eine neue Ära aufbrechen. Nicht umsonst investiert allein die Marke in der nächsten Dekade neun Milliarden Euro in die E-Mobilität, plant mindestens 20 elektrische Modelle und will davon binnen zehn Jahren über zehn Millionen Exemplare verkaufen.

Von Thomas Geiger

Den Anfang macht dabei mit dem ID.3 ein Auto, das dem Golf noch ziemlich nahekommt. Als erstes Modell aus dem Modularen E-Antriebsbaukasten (MEB) konstruiert und ab Mitte nächsten Jahres auf der Straße, schreibt er nicht nur die Form des Golfs fort, wenngleich er deutlich schlanker und schnittiger auftritt und viel kürzere Überhänge hat. Sondern auch das Format sortiert den ID.3 mit seinen 4,26 Metern in die Kompaktklasse.

Allerdings gilt das nur von außen. Innen bietet der ID.3 mit seinen 2,77 Metern Radstand, dem platzsparenden Antriebskonzept mit der Batterie im Wagenboden sei dank, trotz stolzer 385 Liter Kofferraum ein Platzangebot auf Passat-Niveau, nur dass der Wagenboden topfeben ist und das Auto deshalb noch geräumiger wirkt. Diesen Eindruck unterstützt auch das radikal reduzierte und modernisierte Bedienkonzept mit einem winzigen Bildschirm-Cockpit auf der Lenksäule und einem großen Touchscreen daneben – so wirkt der ID.3 in der ersten Reihe noch luftiger und geräumiger als er ohnehin schon ist.

Nach zwei Jahren medialem Vorgeplänkel ist der Antrieb des ersten Großserienstromers aus Wolfsburg keine Überraschung mehr: Sondern aus dem in jeder Hinsicht skalierbaren Baukasten haben die Niedersachsen zunächst einen Frontmotor mit 150 kW/204 PS und 310 Nm für bis zu 160 km/h und drei Batteriegrößen ausgewählt: Das Basismodell für unter 30.000 Euro fährt mit einem 45 kWh großen Akku, der im WLTP-Zyklus für 330 Kilometer reicht. Darüber rangiert ein Akku mit 58 kWh und 420 Kilometern Reichweite und das Topmodell fährt mit 77 kWh bis zu 550 Kilometer weit. Die beiden kleineren Akkus können mit einer maximalen Ladeleistung von 11 kW (Wechselstrom) und 100 kW (Gleichstrom) geladen werden, so dass der ID.3 im besten Fall binnen 30 Minuten den Strom für 290 Kilometer zapft. Für den großen Akku hat VW die Leistung beim Gleichstrom-Laden auf 125 kW angehoben.

Zwar meldet VW stolz bereits über 30.000 Vorbestellungen für den ID.3 und plant mit großen Stückzahlen. Doch zumindest ein paar Jahre noch dürfte der Golf die Nase wohl noch vorne haben. Allerdings hat er den ersten Kampf gegen den designierten Thronfolger bereits verloren: Während VW die große Weltbühne auf der IAA dem Stromer alleine überlässt, bleibt für den bisherigen Bestseller nur eine Premiere in der Provinz – sechs Wochen später in Wolfsburg

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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