Von wegen Volkswagen! Der Käfer mag ein erschwingliches Auto gewesen sein und einen Golf konnten sich Otto-Normalverdiener auch noch irgendwie leisten. Doch beim ID.3 ist es mit der Volkstümlichkeit so eine Sache. Denn auch wenn die Niedersachsen ihren elektrischen Erstling als „Golf für die Generation E“ rühmen, ist der Stromer für die breite Masse mit einem Grundpreis von über 35.000 Euro schlicht zu teuer und auch nach Abzug der E-Prämie für viele schwer zu stemmen. Das wissen sie natürlich auch in Wolfsburg und arbeiten mit Hochdruck an einem Auto, das tatsächlich das Zeug zum Volkswagen hat und Elektromobilität zumindest halbwegs erschwinglich machen soll. Dabei kommen sie offenbar gut voran, denn statt 2027 wollen sie den elektrischen Einsteiger nun schon 2025 in den Handel bringen und bereits jetzt gibt VW mit dem Concept ID Life darauf einen ziemlich konkreten Ausblick.
Technisch basiert der ID Life wie alle Wolfsburger ID Modelle auf dem Modularen Elektro Baukasten (MEB). Aber so, wie sie den MQB in der alten Welt für Polo & Co gestrippt haben, haben die Niedersachsen auch ihre E-Plattform für den Einstieg modifiziert und zum Beispiel auf Frontantrieb umgerüstet. Statt im Heck wie beim ID.3 steckt der Motor hier deshalb im Bug. Er leistet in der Studie 172 kW und geht mit 290 Nm zu Werke. Das reicht für ein Spitzentempo, das mit 180 km/h sogar über den bisherigen ID-Modellen liegt. Der Akku hat eine Kapazität von 57 kWh und soll einen Aktionsradius von rund 400 WLTP-Kilometern erlauben. Und während die ID-Modelle den Strom bislang nur verbrauchen, kann ihn der ID Life auch zwischenspeichern und über eine 220 Volt-Steckdose im Bug wieder ins Netz zurückspeisen.
Verpackt ist das Ganze in einer Crossover-Karosserie, die in ihrer sympathischen Schlichtheit ein wenig an den Honda e erinnert – und neben den anderen ID-Modellen vergleichsweise klein wirkt – kein Wunder bei nur 4,10 Metern Länge. Doch wie immer bei dezidierten E-Autos ist der Radstand mit 2,65 Metern relativ groß und innen geht es entsprechend geräumig zu. Das gilt diesmal aber nicht nur für die Passagiere, sondern auch fürs Gepäck: Der Kofferraum fasst 410 bis 1.285 Liter, es gibt ein Staufach unter dem Ladeboden und erstmals in einem elektrischen VW einen „Frunk“, und analog zum Honda Jazz kann die Sitzfläche der Rückbank für den Transport sperriger Gegenstände wie beim Kinosessel aufgestellt werden.
Wie jede Studie ist natürlich auch der ID Life ein wenig überzeichnet und leistet sich Details, hinter die man zumindest ein paar Fragezeichen setzen kann. Dass die meisten Bezugsstoffe aus recyceltem PET gemacht sind, mag noch angehen. Und auch Kameras anstelle von Außen- und Innenspiegel sind nicht bar jeder Machbarkeit, wenngleich ein teures Vergnügen. Genau übrigens wie die Displayfläche im Kühlergrill. Doch Blinker, Hupe, Scheibenwischer und die Gangwahl als Sensorschalter im nach oben offenen Lenkrad? Das könnte manch einen Kunden überfordern. Und die mit Reißverschlüssen in die Karosserie gefügte Luftpolster-Folie als Fronthaube und Sonnendach mag zwar cool aussehen und obendrein das Gewicht drücken, erscheint aber für die Serie – nun ja – denkbar unwahrscheinlich. Erst recht nicht, wenn VW mit dem kleinen wirklich Masse machen und ihn aus dem gemeinsamen Werk in Barcelona auch noch bei Seat und Skoda unterbringen will.
Zwar spricht VW beim ID Life von elektrischer Einstiegsmobilität und senkt die Hürde mit einem Zielpreis zwischen 20.000 und 25.000 Euro gegenüber dem ID.3 mal eben um ein Drittel. Doch darf man sich davon nicht blenden lassen: Autofahren wird für die Generation E teurer denn je: Denn aktuell ist das billigste VW Modell ein Up, der bei 13.090 Euro startet – kaum mehr als halb so viel.