Volkswagen Transporter T6. Der neue Bulli ist da. Und vielfältiger als je zuvor. Ob robuster Kastenwagen, Pritsche, Caravelle oder luxuriöser Multivan. Bei über 500 verschieden Fahrzeugvarianten wird die Konfiguration am Computer zur abendfüllenden Beschäftigung.
Text: Seppi Linsbichler
Zwei Drittel aller VW Transporter werden als Nutzfahrzeug verkauft; zwölf Millionen Exemplare waren es seit 1950. Oft an Menschen, die ein solches Auto für ihren Broterwerb benötigen und einen zuverlässigen, fahrbaren Untersatz benötigen. Und da diese Personengruppe dann eben entsprechend viel Zeit in diesem Gefährt verbringt, setzte man bei VW alles daran, vieles am neuen T6 mit dem Komfort eines Personenwagens zu vereinen. Und ihn somit das Image des Arbeitstiers ablegen zu lassen.
Erste Ausfahrt, zweiter Blick
Es ist Samstag. Mittsommerfest in Schwedens Hauptstadt, an sich schon ein Erlebnis für sich. Uns bietet sich zusätzlich noch die Möglichkeit, den neuen Bulli erstmals Probe zu fahren und seine Fähigkeiten als Allrounder zu testen.
Schätzungsweise 90 Prozent der Stadtbevölkerung haben bereits Stockholm fluchtartig verlassen, um die Feiertage mit ihren Familien am Land zu verbringen. Uns stört das keineswegs. Leere Straßen, freie Parkplätze – Autotesterherz, was willst du mehr.
Da steht er nun, der neue T6. Eigentlich hat sich nicht viel verändert, denkt man sich. Erst auf den zweiten Blick erkennt man die schärferen Kanten und die neuen LED-Scheinwerfer mit ihrem 3D-Innenleben.
VW T6: Veränderung von Innen
Während man außen mindestens zwei Blicke benötigt, um die Unterschiede zum Vorgägner zu entdecken, so zeigt sich im Innenraum die wahre Revolution der sechsten Generation. Schlichte Eleganz, aber auch umfangreiche Praktikabilität in Form von offenen Ablage- und strapazierfähigen Oberflächen prägen den schicken Kleinlaster.
Wo liegt nun aber genau der große Unterschied zum altbewährten T5? Laut Entwickler sind das neben dem Design und der neuen Generation an Navigationssystemen vor allem die Assistenzsysteme, der Antrieb und die gehobene Ausstattung. Viele Dinge wurden hier dem Baukasten von Golf und Passat entnommen. Zur Serienausstattung des Transportes zählen unter anderem sechs Airbags, Front-Assistent mit automatischer Notbremse, Müdigkeitserkennung, Klimaanlage, Servolenkung, drehbare Einzelsitze im Fond und Start-Stopp-Automatik.
Reisemobil
Nachdem in der Innenstadt nun die diversen Assistenzsysteme ihre Tauglichkeit beweisen konnten, sollte die Fahrt aufs Land die Qualitäten des Transporters als Reisemobil preisgeben.
Da Schweden nicht unbedingt zum Rasen einlädt und auf Verkehrssünder abartig hohe Strafen warten, ist der Griff zum Tempomat-Knopf anzuraten. Und auch hier beweisen sich die vorhandenen Assistenten. Dank automatischer Distanzregelung (ACC) werden im Kolonnenverkehr auch plötzliche Spurenwechsler erkannt. Dabei wird nicht schnell abgebremst, sondern angenehm die Geschwindigkeit angepasst. In Verbindung mit DSG sogar bis zum Stillstand des Wagens.
Vergeblich wartet man auf alternative Antriebstechnologien. Diese bleiben wohl dem T7 vorenthalten, man arbeite zumindest mit „Vollgas“ daran.
Volkswagen T6: Die Motoren
Vier TDi- und zwei TSI-Antriebe umfasst das Angebot der neuen Euro-6-Motoren, die eine Kraftstoffreduktion von 15 Prozent versprechen. Das Leistungsspektrum reicht von 62 kW/ 84 PS bis zu sportlichen 150 kW/ 204 PS, welche den Bulli das erste Mal in seiner 65-jährigen Geschichte die 200 km/h-Marke knacken lassen.
Während die Nutzfahrzeuge meist als Fünf- bzw. Sechsgang-Schalter verkauft werden, greift der komfortorientierte Privatnutzer häufig zur 7-Gang-DSG. In Verbindung mit dem angepassten Fahrwerk wird den Insassen eine Beförderung geboten, die noch nie so nahe an eine PKW herangekommen ist. Wer sicher gehen will, auch abseits befestigter Straßen voranzukommen, kann zusätzlich zum Allrad-Antrieb greifen.
Je nach Bedürfnis des Kunden kann der Bulli auch noch mit Front-Assist-System, City-Notbremsfunktion, Multikollisionsbremse, adaptivem Tempomat, Fernlichtautomatik, Frontscheibenheizung, Müdigkeitswarner, Rear Assist und vielen weiteren Extras ausgestattet werden.
Raumwunder
Doch, auch wenn sich der Bus in vielen Dingen an den Golf und Passat anlehnt, bleibt er seinen alten Eigenschaften treu. Die auf Schienen befestigten Sitze (oder Bänke) im Fond lassen sich mit ein wenig Kraftaufwand verschieben, drehen, oder, sollte noch mehr Stauraum benötigt werden, ganz ausbauen. Es herrscht viel Platz vor und auch eine erhabene Sitzposition, die eine ausgezeichnete Verkehrsübersicht bietet. Man bewegt sich luxuriös und dennoch verspürt man keine neidischen Blicke auf der Straße. Blue collar- statt Protzer-Image.
Sondermodell Generation Six
Zum 65. Geburtstag erhält der Bulli das Sondermodell „Generation Six“. Basis hierfür ist der Multivan Comfortline. Im rot-weissen Look verbreitet der Siebensitzer Retrofeeling und Moderne in einem. Auch im Inneren zieren rote Details das Cockpit und versprühen ein wenig Hippie-Feeling.
Resumee
Nachdem der T5 nach fast dreizehn Jahren ausgedient hat, folgt mit dem T6 keine großartige Revolution. Vielmehr eine Evolution bewährter Eigenschaften. Allerdings: diesen Schritt als bloßes Facelift abzustempeln, erachten wir als falsch. Zu viele Details wurden verbessert, Kleinigkeiten, die einen großen Unterschied erzeugen können.
Doch, will man auch wirklich jede Annehmlichkeit genießen, wird einem der tiefe Griff ins „Börserl“ nicht erspart bleiben. Schon die Einstiegspreise des neuen Raumwunders, haben es in sich. So kommt die Basisversion des Kastenwagens mit 62 kW/84 PS auf 19.950,-/23.940,-. Die „Generation Six-Version“ des Multivan bekommt man für stattliche 45.705,97/60.846,-. Dafür dann aber mit vielen Extras und dem speziellen zweifärbigen Retro-Look.
Kein Strom
Vergeblich wartet man auf alternative Antriebstechnologien. Diese bleiben wohl dem T7 vorenthalten, man arbeite zumindest mit „Vollgas“ daran. Im Herbst dieses Jahres komplettiert dann der California das T-Sortiment.