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BMW Dreier: Dynamisch ins digitale Zeitalter

Dynamisch ins digitale Zeitalter

Ausfahrt im neuen BMW Dreier

Die digitale Revolution macht auch vor den Gralshütern der Fahrfreude nicht halt. Denn so stolz BMW auf das agile Fahrverhalten und die ebenso vertrauenserweckende wie vergnügliche Abstimmung der meisten Modelle ist, so wenig interessieren sich dafür noch die Kunden. Sondern Bits und Bytes sind den meisten längst wichtiger als PS und Nm und der Hubraum ist fast schon egal, wenn die Bildschirmdiagonale groß genug ist. Kein Auto macht dieses Problem so offensichtlich wie der Dreier, der jetzt in die siebte Generation geht. Denn auf der einen Seite ist es genau die sportliche Limousine für die Mittelklasse, auf der die sprichwörtliche Freude am Fahren fußt. Und auf der anderen Seite gibt es in diesem Segment genau jene Kunden, die für die digitale Revolution aufgeschlossen und experimentierfreudig genug sind und dafür auch noch genügend Geld ausgeben können. So wurde die Entwicklung des neuen Dreiers für die Bayern eine gefährliche Gratwanderung, die sie aber mit Bravour gemeistert haben.

Von Thomas Geiger
Denn wenn im März zu Preisen ab 37.850 Euro die intern G20 genannte Generation an den Start geht, will BMW damit einmal mehr die sportliche Spitze in der Mittelklasse definieren und zugleich auf dem Datenhighway in die Pole Position fahren. Und kein Detail beweist das besser als ein zugegeben etwas gekünstelter Dialog mit der neuen Sprachsteuerung: Wer sich bei der beschwert, dass ihm langweilig ist, bekommt deshalb keine Musik eingespielt und kein Hörbuch. Sondern der digitale Assistent schlägt zur Aufmunterung den Wechsel in den Sportmodus vor.
Auf dem Weg zum „Ultimate Sports Sedan“ setzen die Entwickler zwar auch auf Software und digitale Technik. Nicht umsonst bekommt der Dreier natürlich wieder eine elektronische Charakterregelung sowie zum ersten Mal eine chipgesteuertes Sperrdifferential an der Hinterachse. Doch vor allem haben sie den Wagen auf ein neues, ganz und gar analoges Fahrwerk mit breiterer Spur und tieferem Schwerpunkt und neuen Dämpfern gestellt, die einen zusätzlichen Kolben haben und so mehr Energie abbauen, ohne stärker die Bandscheiben zu belasten. Wo andere Autos Sportlichkeit mit übertriebener Härte übersetzen, bleibt der Dreier deshalb immer sanft und samten und lässt an Bestimmtheit trotzdem nichts vermissen. Im Gegenteil: Wenn man mit 200, 220 weite Autobahnkurven nimmt, schafft sein Fahrwerk ein derart unerschütterliches Vertrauen, dass man fast versucht ist, die Hände vom Lenkrad zu nehmen. Und natürlich haben die Bayern ihren Bestseller wieder wochenlag über die Nordschleife geprügelt. Nicht, dass ein Kunde in Versuchung kommen würde, es ihnen gleich zu tun. „Doch so viel sind wir dem Versprechen der Fahrfreude schuldig,“ sagt Jos van As aus dem Team der Entwickler.
Und die Arbeit hat sich gelohnt: Denn mit dem neuen Setup fühlt sich der neue Dreier noch einen Schlag sportlicher an als sein Vorgänger. Dabei war schon der deutlich agiler und lebendiger als C-Klasse oder A4. Es ist fast, als säße man in einem Vierer, so schneidig kurvt er über die Landstraße, folgt unmittelbar jeder Lenkbewegung, dreht sich fast wie von selbst in die Kurven und schürt mit einer sehr direkten Verbindung zwischen Fahrer und Fahrbahn eine unfassbar enge Verbindung. Das hilft nicht nur auf engen Straßen in einsamen Bergen, sondern vor allem dort, wo der Dreier die meiste Zeit unterwegs sein wird. Auf der Autobahn. Denn egal ob 130, 180 oder 220 km/h – immer bewahrt die Limousine eine stoische Ruhe und man ist selbst in engeren Kurven versucht, mindestens eine Hand von Lenkrad zu nehmen.
Genau wie bei der Fahrdynamik ist der neue Dreier allerdings auch beim Design ganz der Alte. Natürlich sind die Linien neu, der Bug hat mehr Charakter und das Heck zeugt von mehr Kraft. Außerdem geht der Dreier um acht Zentimeter in die Länge, bekommt vier Zentimeter mehr Radstand und zwei Zentimeter mehr Breite. Doch ganz große Sprünge verkneift sich das Team von Adrian van Hooydonk – kein Wunder, wenn man es im Grunde mehr als 15 Millionen Bestandskunden aus den letzten sechs Generationen recht machen will.
Selbst innen bleiben die großen Überraschungen aus – wenngleich man jetzt natürlich im Fond ein bisschen mehr Platz hat, der Kofferraum auf 480 Liter wächst und hinter dem Lenkrad eine neue Generation digitaler Instrumente prangt. Erst wenn man den Wagen bedient, macht sich die Digitalisierung bemerkbar: Nicht nur, dass der gewachsene Navibildschirm auf einen Fingerzeig reagiert und dass man einzelne Funktionen auch mit Gesten steuern kann. Sondern natürlich gibt es jetzt auch digitale Instrumente und eine neue Sprachsteuerung ihren Einstand, die analog zu Mercedes mit „Hey BMW“ aktiviert wird und ähnlich verständig ist wie das Pendant aus Stuttgart.
Ähnlich wie bei der Bedienung reklamiert BMW auch auf dem Weg zum autonomen Fahren für den Dreier eine Führungsposition. Je nach Paket und Aufpreis jedenfalls nimmt er dem Fahrer so viel Arbeit ab, wie es der Gesetzgeber nur eben zulässt. Das gilt nicht nur für Staustrecken oder die Autobahn, sondern erstmals auch für vertrackte Situationen, etwa im Stadtverkehr oder im Parkhaus. Denn der Dreier speichert immer und automatisch die letzten 50 Meter Fahrweg und befreit sich so auf Knopfdruck von selbst aus jeder Bredouille.
Solange man zumindest gelegentlich noch selber fährt, lohnt sich allerdings ein Blick unter die Haube – selbst wenn der hartgesottene BMW-Fans traurig stimmen dürfte. Denn zumindest in der Startaufstellung hat von fünf Motoren nur noch einer sechs Zylinder – und das ist ausgerechnet der Diesel. Im 330d leistet das 3,0-Liter-Aggregat 265 PS und markiert damit aktuell die Spitze im Portfolio. Darunter rangieren zwei weitere Ölbrenner mit 2,0-Litern Hubraum und 150 oder 190 PS und zwei Benziner mit ebenfalls 2,0 Litern Hubraum – der 320i mit 184 und der 330i mit 258 PS. Selbst der schwächste Dreier kommt damit auf 222 km/h, 250km/h sind nach wie vor als Spitzentempo gesetzt und die Verbrauchswerte bewegen sich zwischen 4,1 Litern beim 318d und 5,8 Litern beim 330i.
Mild-Hybriden gibt es wenn, dann später, der Plug-In ist fest eingeplant und irgendwann wird es den Dreier auch rein elektrisch geben, hört man aus München. Aber bis dahin arbeiten die Entwickler lieber noch ein bisschen an der Dynamik – schließlich ist mit dem M340i bereits ein Sechszylinder auf dem Weg und natürlich ist auch ein M3 wieder fest eingeplant. Genauso übrigens wie ein Dreier Touring und ein Dreier GT sowie der Vierer als Coupé, Cabrio und Gran Coupé.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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