Alljährlich findet sich die internationale Oldtimer-Elite im schönen Ennstal ein, um ihrem Edelblech standesgemäßen Auslauf zu bieten. Dass im Starterfeld der Ennstal-Classic Alfa Romeo eine gewichtige Rolle spielt, gilt als vorausgesetzt. Und als Giulias Romeo fand sich heuer Tom Wlaschiha besetzt.
Tom Wlaschiha ist Schauspieler, man kennt ihn von Film, Funk und Bühne. Er spielte in diversen Tatort-Folgen und Hafenkanten-Krimis meist zwielichtige Gestalten, gab im legendären Racer-Movie „Rush“ den kauzigen Harald Ertl, spielt in der Neuauflage von „Das Boot“ mit und steht an renommierten deutschen Bühnen zumeist in Klassikern auf derselben. Insofern steht ihm die Rolle als Giulias Romeo bei der Ennstal-Classic 2019 sehr gut zu Gesicht, auch wenn hier mehr das Roadbook als das Textbuch zu studieren war. Doch wollen wir mal nichts überstürzen.
„Wenn ich keinen Alfa fahren könnte, würde ich zu Fuß gehen.“
Seinen Durchbruch feierte der 46-jährige Dresdner als Serienstar. In der Rolle des „Jaqen H’ghar“ begeisterte er im Kult-Blockbusters „Game of Thrones“ das serienaffine Publikum. Folgerichtig waren es im Ennstal die eher knackigen Bystanders und -standerinnen, die dem blonden Beau am Streckenrand zuflogen, und das Autogramm dieser Tage heißt ja bekanntlich Selfie. Sogar einem Polizisten in Uniform gingen an der gesperrten Ortseinfahrt nach Gröbming ein paar Dutzend Falschabbieger durch die Lappen, während er sich vom älteren Kollegen mit Tom ablichten ließ.
Der Superstar und sein Alfa
Tom Wlaschiha ist nicht nur in Deutschland und Österreich wohlbekannt. Das internationale Binge-Watch-Ereignis „Game of Thrones“ machte ihn längst weltweit zum Star. Dennoch fehlt es dem 1973 geborenen Deutschen, der auch mal ein Jahr in den USA zur Schule ging, aber gleich nach dem Abitur eine Schauspielausbildung begann, nicht an Bodenhaftung. Seit zwei Jahren ist der durchtrainierte Hobbysportler Tom Wlaschiha nun Alfa-Romeo-Testimonial, und das nicht zufällig. „Wenn ich keinen Alfa fahren könnte, würde ich zu Fuß gehen“ war da schon mal bei einem rührenden Besuch im Alfa-Museum Arese dem leidenschaftlichen GTV-Piloten zu entlocken, der mit dem 99er-Baujahr – die Rede ist vom scharfen Keil aus der Feder Pininfarinas und dem leider bislang letzten Alfa mit dem traditionsreichen Kürzel – bereits ganz Europa bereiste. Sein aktuelles „Kleeblatt“, eine Giulia Quadrifoglio, genießt er nun seit 2017 und seine zahlreichen Drehtermine, quer durch Europa verstreut, erreicht er am liebsten mit der reschen Italienerin. Der geübte WIENER-Motorblock-Leser hat hier gleich ein paar Kennzahlen zur Hand, deren wichtigste 510 misst: So viele Pferde versammeln sich unter der Motorhaube der hochgezüchteten Sportlimousine. Was übrigens nichts an Tom Wlaschihas Begeisterung für historische Fahrzeuge der Marke mit der Schlange im Logo änderte. Auch der edle GTV steht nach wie vor in der Garage.
Giulia alt und neu
In seiner langen Historie gab der GTV stets die Festdach-Variante des berühmten Alfa Spider, womit wir uns dem Einsatzfahrzeug Wlaschihas bei der Ennstal Classic nähern. Den Vorgänger des legendären Spider Duetto nämlich, jenem Roadster also, der durch den Film „Die Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffmann und Anne Bancroft international berühmt wurde, gab die Alfa Giulia Spider, die ab 1962 gebaut wurde und so wie Toms GTV von Pininfarina gezeichnet wurde. Während die normale Giulia als Limousine auftrat (mehr oder minder unverändert bis 1977), gab sich die Giulia Spider zierlicher, kleiner, schmäler und verspielter als die kantige Limo, ihre Karriere als Neuwagen endete leider bereits 1965. Umso besser passte nun das Einsatzgebiet Ennstal und Umgebung zu jenem Juwel italienischer Automobilkunst, wo sich einmal pro Jahr automobile Raritäten zum Tanz der Gezeiten treffen.
Die Ennstal-Classic ist weder für Fahrer und Beifahrer noch für das Rennfahrzeug eine Kaffeefahrt. Es gilt, an drei Tagen insgesamt gut 900 Kilometer durch bergiges Geläuf zu bewältigen, wobei den betagten Vehikeln stets anspruchsvolle Schnitt-Tempi von 50 km/h abverlangt werden. Taxiert und gemessen durch spaßbefreite Lichtschranken, ein Hundertstel (!) Abweichung bringt bereits einen Strafpunkt Abzug – wer also eine Sekunde zu spät durch den Lichtstrahl schneidet, hat bereits einen „Tausender“ aufgerissen. Es ist fast unmöglich, bei seinem ersten Ennstal-Auftritt einen besseren als dreistelligen Gesamtrang herauszufahren, selbst gestandene Formel-1-Cracks scheitern an dieser Hürde. Umso bemerkenswerter gestaltet sich der 92. Gesamtrang des Teams Tom Wlaschiha / Christian Schön, noch dazu bei der ersten gemeinsamen Teilnahme an einem derartigen Bewerb.
Einen gewichtigen Beitrag zum tollen Ergebnis leistete der sensationelle zweite Platz auf der Sonderprüfung 5 am Red Bull Ring, wo man bloß die späteren Gesamtsieger Radinger / Wagner um 22 Hunderstel ziehen lassen musste. Speziell hier wird klar, dass Tom als durchaus sportlicher Fahrer einzustufen ist – nicht nur in Sachen 50er-Schnitt.
„Klar lässt man es auf der deutschen Autobahn, wo es dann mal geht, richtig fliegen mit der neuen Giulia. 510 PS machen halt richtig Spaß.“
Dass die Alfa Romeos vergangenger Tage sich sowieso auf den Rennstrecken dieser Welt am wohlsten fühlten, ist ja hinlänglich bekannt, mehrere Formel-1-Titel sowie zahllose Siege bei den diversen legendären Italo-Events à la Targa Florio oder Mille Miglia zeugen davon. Und selbst der legendäre spätere Commendatore Enzo Ferrari begann seine Karriere beim Alfa Romeo-Rennteam: Zunächst als Pilot, später als erfolgreicher Rennleiter. Auch das legendäre Hochdrehzahl-Konzept der Alfa-Motoren wurde von der Rennstrecke in den Straßenverkehr übernommen.
Alfa Romeo: Unveränderte Gene.
„Klar lässt man es auf der deutschen Autobahn, wo es dann mal geht, richtig fliegen mit der neuen Giulia. 510 PS machen halt richtig Spaß, Leistung, Bremsen, Fahrwerk, da passt alles. So macht Schnellfahren Freude“, gibt der Schauspieler zu Protokoll. Aber auch das Eintauchen in eine völlig andere Epoche des Autofahrens wusste Tom zu genießen, der hier erstmals auf einen Oldtimer dieser Altersklasse traf. „Was Alfa schon damals konnte: Design. Faszinierend, wie hier alles durchdacht gefertigt wurde, von der Zeichnung bis hin zur Materialauswahl. Nichts dem Zufall überlassen, jede Chromleiste hat ihren Platz im Gesamtkonzept.“ Die beiden Giulias nebeneinander geparkt, am wunderschönen Stoderzinken, geben ein Bild ab, das schnell Größenunterschiede klarstellt. War die Giulia Spider damals ein durchaus großzügiger Reisesportler, so wirkt sie neben der aktuellen Giulia Q wie ein Kleinstwagen, der in deren Kofferraum passt. Klar ist bei einem Sportwagen der 500-PS-Klasse ein ausladenderes Aerodynamik-Outfit angezeigt als bei einem Roadster mit gerade mal 83 PS. Dass der 1600er Vierzylinder der Sechzigerjahre allerdings auch schon als sportliches Hochdrehzahl-Aggregat ausgelegt war, untermauert sein serienmäßiges Fünfganggetriebe – zu einer Zeit, als die breite Auto-Masse noch mit drei Gängen auskam.
Dass Alfa-Klassiker auch nach vielen Jahren noch für sportliche Topergebnisse gut sind, beweist ein Blick aufs übrige Klassement: vier Alfas finden sich unter den ersten 20, einer davon – ein Spider von 1970 – sogar auf Platz drei. Für Tom Wlaschiha war „der Spirit der neuen Giulia auch in der alten klar zu spüren. Man kann die Familienbande identifizieren, auch wenn zwischen den beiden Modellen über 50 Jahre liegen.“ Ob man sich im nächsten Jahr im Ennstal wiedersieht, hängt von Toms weiteren Drehplänen ab, als nächstes ist er in der 2. Staffel von „Jack Ryan“ auf Amazon Ende des Jahres zu sehen, die fixe Rolle in der Serien-Neuauflage von „Das Boot“ ist ja bereits bekannt. Aber es gibt ja noch einige andere Oldtimer-Rallyes im schönen Mitteleuropa. Und auch noch einige andere Klassiker von Alfa Romeo, die der Neo-Racer gerne einmal im Rennumfeld ausprobieren möchte.