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Honda Prelude – Flieg, Ikarus!

Er ist wieder da – der Honda Prelude. Zwei Jahrzehnte lang war es still um den Namen, der einst für Understatement, Präzision und japanische Fahrkultur stand. Jetzt kehrt er zurück, nicht als lauter Neustart, sondern als elegantes Statement gegen die Hektik der Gegenwart. Der neue Prelude ist kein Auto für Angeber, sondern für Fahrer – ein Hybrid-Coupé, das mehr gleitet als sprintet, mehr fühlt als prahlt. Eine Hommage an die Kunst des Fahrens.

1978 – Disco, Dauerwelle, Bluna. Und mittendrin: ein Japaner mit Stil.
Der erste Honda Prelude war ein Coupé für Menschen, die Understatement als Tugend verstanden. Denen Stil wichtiger war als reine Leistung. Kein Protz, kein Gebrüll – nur klare Linien, ein elektrisches Glasschiebedach (damals fast Science-Fiction) und der Mut, anders zu sein. Fünf Generationen lang war der Prelude die leisere Alternative zu all den lauten Träumen. Bis er 2001 verschwand.

Fast 25 Jahre hat es nun also gedauert, bis Honda dem Produktnamen „Prelude“ wieder Leben eingehaucht hat. Die Tatsache, dass Honda diesen legendären Namenszug nun nicht – wie bei anderen Marken ja schon oft gesehen – einfach auf ein beliebiges SUV-Modell klatscht, sondern auf einen zeitgemäßen japanischen Gran Turismo, zeigt, dass die Marke Honda eben nicht nur eine High-End-Ingenieurs-Bude ist, sondern auch die Klaviatur von Emotion und Heritage gekonnt bespielt. Wobei der Name Prelude für dieses Auto eigentlich zunächst gar nicht vorgesehen war. Der fesche, flache GT hat sich diesen Namen sozusagen im Entwicklungsprozess erst erarbeiten müssen, wie Honda-Ingenieurs- und Consulting-Legende Kotaro Yamamoto, vulgo „Ko“, beim ersten Fahrtermin unlängst in Nizza aus dem Nähkästchen plauderte.

Legende im neuen Kleid

Der neue Honda Prelude ist kein Retro-Gag. Er ist die Evolution einer Idee – geboren aus Leidenschaft, japanischer Präzision und dem Willen, Fahren wieder zu einer sinnlichen Erfahrung zu machen. Das Stichwort, das Honda dafür erfunden hat, lautet „Unlimited Glide“ – unbegrenztes Gleiten. Und genau so fühlt es sich an: wie Segelfliegen auf Asphalt. Das ist insofern schon vorab wichtig, denn damit nimmt man den üblichen Leistungs- und Performancekritikern sprichwörtlich gleich den Wind aus den Segeln. Denn eines ist schon auf den ersten Blick in die technischen Daten vollkommen klar: Der neue Prelude will kein reinrassiger Sportler sein.

Designchef Tokio Tomita nennt das optische Konzept „Sporting Elegance“. Und das trifft es ziemlich auf den Punkt. Der Prelude ist kein aggressiver Muskelprotz, sondern ein perfekt proportioniertes Coupé – 4,3 Meter lang, flach, mit einer Silhouette, die aus einer Bewegung geformt scheint. Die Front: minimalistisch, mit schmalen LED-Leuchten und einem dezent glänzenden schwarzen Grill. Die Seitenlinie: straff, die Fensterrahmen bündig, die Türgriffe versenkt. Das Heck ist ein einziger, eleganter Schwung mit durchgehender Leuchtspange und dem klassisch geschriebenen „Prelude“-Schriftzug. Die Heckpartie ist jedenfalls eines der augenscheinlichsten Designhighlights des neuen Preludes. 

Es gibt ihn in vier Farben: Moonlit White Pearl, Meteoroid Grey Metallic, Crystal Black Pearl und Racing Blue Pearl – alle wirken wie aus Licht modelliert. Wer will, kann im Interieur zwischen Schwarz oder Weiß-Blau wählen – beides hochwertig, beides stilvoll. Das ist japanischer Purismus in Reinform.

Hybrid mit Haltung

Unter der eleganten Hülle arbeitet Hondas neueste e:HEV-Hybridtechnik – eine Kombination aus 2,0-Liter-Benziner im Atkinson-Zyklus und zwei Elektromotoren. Zusammen ergibt das 184 PS und 315 Newtonmeter Drehmoment – Werte, die weniger nach brachialer Gewalt klingen als nach Balance. Und das ist Absicht. 

Honda wollte keinen Dragster auf Civic-Basis bauen. Der Prelude ist für Menschen gedacht, die das Fahren spüren und nicht dominieren wollen. Der Hybridantrieb ist so fein abgestimmt, dass er den Charakter eines klassischen Sportcoupés imitiert, ohne dessen Schwächen zu übernehmen. Klar: 184 PS für ein Sportcoupé sind jetzt nicht der Burner im Autoquartett. Was aber Fakt ist: Die 315 Nm Drehmoment sind natürlich – weil der Prelude ja de facto rein elektrisch angetrieben wird – ab dem ersten Touch auf das Gaspedal verfügbar.

Das Highlight dabei ist das neue S+ Shift-System. Es simuliert Gangwechsel – obwohl es sie technisch gar nicht gibt. In der Praxis fühlt sich das an, als hätte man ein manuelles Getriebe mit perfektem Timing: sanfte Schaltstöße, subtile Drehzahlanhebung, dieses physische Feedback, das sonst nur Verbrenner bieten.
Es ist kein Spielzeug. Es ist Fahrfreude in Programmiersprache gegossen. Unterstützt wird das Ganze von einem leicht adaptierten Sound aus dem Soundgenerator im Innenraum, der den Klang des Motors in diesem Fahrmodus unterstützt. Das Schalten macht viel Freude mit den Lenkradpedals. Einziger Kritikpunkt: Beim Runterschalten vor der Kurve könnte die Motorbremswirkung durchaus kräftiger sein. Leider kann man die dafür verantwortliche Rekuperationsfunktion nur in den anderen Modi einstellen, nicht aber im S+-Modus.

Ein Fahrwerk wie eine Skulptur

Das vielleicht beeindruckendste Kapitel des neuen Prelude ist sein Fahrwerk. Vorn arbeitet eine Doppelachsen-Konstruktion, hinten eine Mehrlenkerachse, dazu kommt ein adaptives Dämpfersystem. Und das serienmäßig, wohlgemerkt.

Vier Modi stehen zur Verfügung: Comfort, GT, Sport und Individual. Im GT-Modus wirkt der Prelude wie perfekt ausbalanciert – genug Härte für Kurven, genug Sanftheit für Langstrecken. Dieses Fahrwerk ist schlichtweg brillant.

Mit rund 1,4 Tonnen ist der Prelude leichter, als man glaubt, und liegt mit seinem tiefen Schwerpunkt satt und ruhig. Die Lenkung ist präzise, ohne nervös zu sein; das Bremssystem (Brembo-Vierkolbenanlage) verzögert kraftvoll, aber progressiv.
Honda spricht von „Agile Handling Assist“ – ein elektronisches System, das die Stabilität in Kurven feinfühlig über Bremseingriffe reguliert. In der Praxis bedeutet das: Der Prelude lenkt neutral ein, bleibt selbst bei Lastwechseln kalkulierbar und vermittelt diese seltene Ruhe, die man sonst nur in teuren europäischen GTs findet. Das Heizen durch die Bergpassagen an der Côte d’Azur ist eine wahre Freude, der Prelude weiß mit jeder Lenkbewegung ganz genau, was der Fahrer von ihm möchte. Präzise zieht er durch schnelle Kurven, leichtfüßig durch enge Kehren. „Wie auf Schienen“ träfe es hier gut, aber für den Vergleich mit einer Lokomotive ist er weit zu leichtfüßig. Die vermeintlich zu geringe Leistung verschwindet vollends aus dem Hinterkopf; der Fahrspaß und das zügige Gleiten stehen hier im Vordergrund. Wer die Zweiradwelt kennt und schon einmal in unterschiedlicher Kubatur auf einer Rennstrecke unterwegs war, der kennt den Unterschied zwischen einer Honda CBR600RR und einer CBR1000RR Fireblade. Mit der 600er fährst du schöne, perfekte Linien, um wirklich schnell zu sein – mit der 1000er ist es ein Brems- und Beschleunigungsgemetzel vor und nach der Kurve. Und der Prelude ist sozusagen hier die 600er-Klasse, die wunderbar kontrollierbare, zügige Kurvenlinien ermöglicht, ohne permanent zwischen Vollgas und Vollbremsung wechseln zu müssen.

Im Flow

0 auf 100 in 8,2 Sekunden, Spitze 180 km/h – Werte, die auf dem Papier solide, aber nicht spektakulär wirken. Doch das ist der Punkt: Der Prelude will keine Zahlen gewinnen, er will Herzen.
Er beschleunigt sanft, fast meditativ, und zieht dabei gleichmäßig und linear durch. Kein Turboloch, kein Gezerre. Nur diese stille, mühelose Kraft, die dich durch die Kurve trägt.
Im Stadtverkehr gleitet er flüsterleise, auf der Landstraße schärft sich das Fahrverhalten zu einem fast telepathischen Zusammenspiel aus Präzision und Leichtigkeit. Und auf der Autobahn? Ruhe. Dank Active Noise Control (ANC) bleibt der Innenraum auch bei 150 km/h so still, dass man das Bose-System in Konzertlautstärke genießen kann, ohne die Stimme zu heben.
Das Ganze fühlt sich an, als hätte jemand einen guten alten Gran Turismo digitalisiert und mit japanischer Seele versehen.

Funktion trifft Emotion

Innen zeigt sich Hondas neue Designphilosophie von ihrer besten Seite. Der Prelude verzichtet auf übertriebene Displays oder blinkende Showeffekte. Alles ist dort, wo es hingehört. Und danke, Honda: Auch die physischen Bedienelemente in Form von Drehreglern und Schaltern für die gängigsten Funktionen sind im Prelude geblieben.

Das 10,2-Zoll-Digitalcockpit zeigt Geschwindigkeit, Energiefluss und Fahrdaten glasklar. Der zentrale 9-Zoll-Touchscreen des Honda CONNECT-Systems reagiert präzise und verbindet kabellos mit Apple CarPlay und Android Auto. Dazu kommen Live-Traffic-Navigation, WiFi-Hotspot und eine induktive Ladeschale.
Die Sitze sind sportlich geschnitten, bieten Seitenhalt, ohne zu drücken, und sind mit feinem Leder bezogen – inklusive Sitzheizung. Eine dezente Ambientebeleuchtung im Fußraum betont die Linien des Innenraums.

Gleiten statt hetzen

In einer Welt, in der jedes Auto dieser Kategorie immer lauter, härter und schneller sein will, wirkt der Prelude wie ein Gentleman. Ein Auto für Menschen, die Fahren als Kunst begreifen. Für jene, die wissen, dass Geschwindigkeit nichts mit Lärm zu tun hat – sondern mit Balance.
Er zwingt dich nicht, er begleitet dich. Er gleitet, statt zu hetzen.
Man spürt, dass Honda hier nicht auf Rekorde aus war, sondern auf Harmonie – zwischen Fahrer, Maschine und Straße. Und das macht den Prelude zu etwas, das man kaum noch findet: einem Auto mit Seele. Eines der wenigen Autos, für das man sich vielleicht wieder die feinen Fahrer-Lederhandschuhe herauskramen sollte.

Preis und Realität

Der Prelude startet in Österreich bei 51.990 Euro. Alternativ gibt es eine Finanzierung ab 289 Euro pro Monat. Das Auto ist bereits bestellbar, der Marktstart erfolgt dann im kommenden Frühling. Und dieser Preis ist insofern auch heiß, da es de facto keine Extras gibt. Einzig die unterschiedlichen Lackvarianten stehen noch in der Aufpreisliste.
Damit positioniert sich der Prelude als erschwinglicher Luxus – irgendwo zwischen Stilobjekt und Fahrmaschine. Ein Auto, das nicht polarisieren muss, um aufzufallen. Und mit dem wesentlichen Vorteil, dass es aktuell eigentlich kaum Konkurrenz auf weiter Flur gibt. Denn der einzige Player, der in dieser Kategorie derzeit mitspielt, ist die Alpine A110, die aber gleich rund 20.000 Euro mehr kostet.

Fazit: Die Rückkehr des Understatements

Der Honda Prelude ist kein Nostalgieprodukt, sondern ein klares Statement, das perfekt in die aktuelle Zeit passt. Er beweist, dass man Sportlichkeit auch leise ausdrücken kann. Dass Technologie und Nachhaltigkeit nicht steril sein müssen. Und dass Eleganz und Emotion keine Gegensätze sind.
Der Prelude ist zurück – und bleibt hoffentlich genauso lang wie beim letzten Mal.

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