„Auch ein der Taycan ist ein typischer Porsche.“ Wenn sie in Zuffenhausen von ihrem ersten reinen Elektroauto sprechen, werden sie nicht müde, dessen Authentizität und seine tiefen Wurzeln zu betonen. Und stellen die Nähe zu Panamera, Cayenne und ja sogar zum Elfer jetzt mit einer weiteren Neuheit unter Beweis.
Denn als wäre es nicht genug, dass der Taycan wie ein Porsche aussieht und natürlich wie einer fährt, fächern sie nun auch die Modellpalette entsprechend auf und bieten Sportlimousine und den vom Cross- zum Sportturismo umgetauften Designerkombi jetzt wie alle anderen Baureihen für Preise ab 131.834 und 132.786 Euro auch als GTS an. Mit diesem Schachzug erweisen sich die Schwaben einmal mehr als Meister des dünnen Salami-Schnitts. Denn auch wenn sie gegenüber dem Taycan 4S einen Aufpreis von 25.000 Euro erheben, hobeln sie ein ausgesprochen dürftiges Scheibchen von der elektrischen Dauerwurst.
Dabei ist es gar nicht so, dass die Ingenieure sich einen lauen Lenz gemacht hätten: Sondern natürlich haben sie der Software für die beiden E-Maschinen ein bisschen mehr Leistung abgerungen, so dass nun in der Regel 517 und bei aktivierter Launch-Control 598 PS abgerufen werden können. Das maximale Drehmoment klettert auf 850 Nm und Lenkung und Fahrwerk geben einem empfindlichen Popometer ein Eitzerl mehr Rückmeldung. Vom Taycan 4S trennen ihn damit knapp 30 PS und zum Turbo sind es nur noch gute 80 PS. Und auch die Designer haben sich des GTS angenommen, außen wie üblich ein paar dunkle Anbauteile montiert und den Innenraum ein wenig auf Sportstudio getrimmt.
Doch das Problem liegt beim Kunden im Allgemeinen und beim E-Fahrer im Besonderen. Selbst die stärksten und schnellsten Elektroautos fahren im Alltag nicht auf Rundenzeiten, so auf Reichweite und surren deshalb gemessen an ihrem Potential mit Standgas über die mittlere Spur: Dass der GTS in 3,7 Sekunden auf Tempo 100 ist und dem 4S damit drei Zehntel abnimmt, das werden die Käufer deshalb nur in den seltensten Fällen goutieren, zumal das Spitzentempo hier wie dort auf 250 km/h limitiert ist. Und ja, natürlich ist es eine Leistung, wenn Porsche den GTS als ersten Taycan mit über 500 Kilometern Reichweite feiert und der 93,4 kWh großen Batterie den Strom für bis zu 504 Kilometer abringt. Aber machen die 40 Kilometer mehr den Aufpreis wett? Erst recht, wenn zwei, drei Sprint oder ein paar Grad mehr bei der Klimaanlage die Normwerte durcheinander wirbeln?
Wo man den Unterschied tatsächlich spüren kann, das ist auf der Rennstrecke. Denn wer mit dem Taycan GTS über einen Rundkurs brennt, der wundert sich sehr wohl, wie handlich sich eine Fünf-Meter-Limousine von mehr als zwei Tonnen anfühlen kann, wie oft sich die Elektromotoren einen Sprint abringen lassen und wie lange die Akkus das digitale Wechselspiel von voller Leistungsabgabe und maximaler Rekuperation über sich ergehen lassen. Und selbst wenn die ganze Raserei so ohne jeden Sound, ohne Hitze und ohne Vibration ein wenig unterkühlt wirkt und eher an die Playstation erinnert als an die Carrera-Bahn, hat sie doch ihren ganz eigenen Reiz und man möchte nicht aufhören, bevor auch das letzte Quäntchen Strom aus dem Akku gepresst ist. Denn einmal Porsche, immer Porsche! Dumm nur, dass sich im echten Leben kaum je ein Taycan auf die Rennstrecke verirren wird. Aber auch das hat er mit dem Gros aller Porsche diesseits des Elfers gemein.