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Zurück mit der Zukunft

Spätestens mit der Geburt des Carrera 2,7 RS vor genau 50 Jahren wurde der ­eh schon ziemlich legendäre Mythos 911 endgültig unsterblich. Zur Geburtstags-Ausfahrt mit dem Helden von einst reisten wir mit Porsches Interpretation der ­Zukunft nach Stuttgart.

Fotos: Porsche, Dirk Michael Deckbar

Zwei Tankstopps, ein bisserl Heizen auf der deutschen Autobahn, mehrere kurze Pausen zum Reaktivieren des Ischias-Nerv, auf dass man seine Zecherln wieder spürt, und ganz viel Glücksgefühl bei der Ankunft. Die Autoreise Wien-Stuttgart in einem Porsche fühlt sich anno 2022 nicht viel anders an, als vor 50 Jahren. Und doch ist alles völlig anders als ­damals.

Es ist schon eine seltsame Ironie des Schicksals, dass das einzig verbindende an unserer Zeitreise mit der Stuttgartreise der an der Kaufkraft gemessen irrsinnig hohe Spritpreis ist. Ansonsten fuhren wir damals mit Benzin, tanken heute Strom, durften einen reinrassigen Sportwagen damals noch das benennen, was er ist und sagen heute zu einem ähnlich heißen Geschoss mit dem gleichen Firmenwappen vornedrauf aus Gründen der politisch korrekten Seriosität „Sport Turismo.“ Doch schön der Reihe nach.

Wie so vieles, das nachher Kult wird, entsteht auch der Carrera RS mehr zufällig. Er ist als Homologationsfahrzeug für die Gruppe 4, Spezial-GT-Fahrzeuge gedacht, 500 Stück sollen entstehen und man ist bei Porsche zunächst skeptisch, davon alle an den Mann oder die Frau zu bringen. Die Aufgabenstellung: Den schnellsten Straßensportwagen bauen, den man gleichzeitig auch auf der Rennstrecke einsetzen kann. Die Eckdaten sind schnell festgelegt: Leichtbau, starker Motor, hartes Fahrwerk. Die Motorengötter Valentin Schäffer und Hans Mezger (er baute später den TAG-Turbo, mit dem Niki Lauda 1984 Weltmeister wurde) kitzeln aus einem neuentwickelten 2,7er-Boxer 210 PS, Verdichtung und Steuerzeiten bleiben wie beim 2,4 um den neuen Motor so alltagstauglich wie möglich zu erhalten. Als das Auto erstmals auf die Teststrecke kommt, moniert Pilot Günther Steckkönig ein durch Leichtbau und Auftrieb nahezu gefährliches Fahrverhalten. Auftritt Rolf Wiener: Der Stylist wird damit beauftragt, an der Karosserie Modifikationen vorzunehmen, die gleichzeitig Auftrieb verringern und trotzdem gut aussehen. Nach einigen Versuchen wird der sogenannte „Entenbürzel“ manifest, ganz nebenbei wird damit der Spoiler im Serienwagenbau erfunden und zum Standard.

Der Rest ist wundervolle Geschichte und wenn man die Freude hat, einen ganzen Tag lang mit einem Original-Carrera RS von damals durch das Umland von Stuttgart zu wedeln, erkennt man deutlich, wie weit dieses tolle, leichte Fahrzeug seiner Zeit voraus war. Unexakte Lenkung, riesiges Gouvernal, null, wirklich null Schnickschnack – trotzdem liegt die Fuhre satt auf der Straße, lässt sich spielend leicht kontrollieren und vermittelt unglaublich viel ­Solidität.

Porsche Museum | 911 Carrera 2.7 RS Workshop © Dirk Michael Deckbar | +491723108973 | Mail@deckbar.de |

Ähnliches tut der Taycan. Und ja, wir wissen, dieser Sprung ist hart. Trotzdem: Wiedereinmal schafft es Porsche, aus den Herausforderungen der Zeit das beste an Automobil herauszukratzen. Dank 800 Volt-Technologie kann man den Akku tatsächlich in unter 20 Minuten für weitere 400 Kilometer aufladen und noch schneller gelingt dies, wenn man das Teil zuvor ordentlich gemolken hat. Schön ist er auch, Platz hat er ausreichend und nur weil sowas heutzutage nicht mehr angesagt ist, darf man einen wie den Taycan nicht mehr schnellsten Straßensportwagen seiner Zeit nennen und dann noch RS für Rennstrecke, mon dieu! Aber gut, GTS Sport Turismo klingt ja auch nicht schlecht.

Porsche Carrera RS 2,7

Hubraum: 2687 ccm
Leistung: 210 PS
Beschleunigung: 0-100: 6,3 s
Spitze: 240 km/h
Gewicht: 1.075 kg (Sport: 960 kg)
Preis 1972: ab 34.000 Mark (heute unbezahlbar)

Porsche Taycan GTS Sport Turismo

Leistung: 598 PS (Overboost)
Drehmoment: 850 Nm
Beschleunigung: 0-100: 3,7 s
Spitze: 250 km/h
Gewicht: 2.310 kg
Preis: ab 138.018,60 Euro

Franz J. Sauer

Liebt Autos, weiß auch ein bissl was, schwurbelt schön drum herum und springt für SUV in die Bresche.

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