Business auf lässig
Der neue Audi A7
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen – nach diesem Motto schickt Audi dem neuen A8 jetzt die zweite Generation des A7 hinterher. Während das Flaggschiff die distinguierte Luxuslimousine mit Hightech-Anspruch gibt, will der mindestens 66.500 Euro teure Sportback ab März einmal mehr zum Beau unter den Business-Modellen werden und die Blicke vor allem mit seinem Design fangen. Nicht umsonst spricht der oberste Stilführer Marc Lichte seit der A8-Premiere gerne von Aufbruchstimmung, die er mit der neuen Coupé-Limousine jetzt etwas weiter in die Breite tragen will. Schließlich ist der Sportback über 20.000 Euro günstiger als das Topmodell und wird sich entsprechend öfter verkaufen.Von Thomas Geiger
Nachdem es den Kunden zuletzt an der nötigen Differenzierung der einzelnen Modelle gemangelt hat, sollen die Baureihen nun endlich eigenständiger werden – und der A7 ist dafür in Lichtes Augen ein gutes Beispiel: Der Grill breiter als je zuvor und näher an der Straße, die Scheinwerfer schmaler und der Blick strenger. So kann man den A7 jetzt auch im Rückspiegel von allen anderen Audi-Modellen unterschieden. Für die Silhouette und das Heck des nun 4,97 Meter langen Luxusliners gilt das ohnehin. Denn das Coupédach über den rahmenlosen Seitenscheiben ist genauso unverwechselbar wie das Yachtheck, durch das sich unter dem ausfahrbaren Spoiler nun eine rote LED-Lanze für das Rücklicht zieht.
Eigenständiger denn je – für das Design des Sportback mag das stimmen. Bei der Technik dagegen bedient er sich der Errungenschaften des A8. Wie das Flaggschiff nutzt er die aktuellste Evolutionsstufe des Modularen Längsbaukastens, er kommt wahlweise mit einem adaptiven Stahlfahrwerk oder einer Luftfederung, es gibt ihn mit serienmäßig mit Allradantrieb und optional mit Allradlenkung und er startet mit den gleichen Motoren: Einem drei Liter großen V6, der als Benziner im A7 55 TFSI auf 340 PS und 500 Nm kommt, in 5,3 Sekunden auf Tempo 100 und danach mühelos weiter bis 250 Sachen sprintet, und der als Diesel im 50 TDI mit 286 PS und 620 Nm aufwartet. Das reicht für einen Sprintwert von 5,7 Sekunden und ebenfalls für 250 Sachen.
Genau wie im A8 sind die Motoren mit einem neuen Riemenstarter und 48Volt-Technik kombiniert und dürfen sich deshalb Mildhybrid nennen. Damit kann der A7 zwar keinen Meter elektrisch fahren. Aber er segelt weiter, hat längere Start-Stopp-Phasen, wirft die Motoren komfortabler wieder an und rekuperiert besser. Das erhöht den Komfort und spart im Alltag zugleich bis zu 0,7 Liter, so dass die Motoren mit 6,8 und 5,5 Litern auf der Liste stehen.
Trotzdem fühlt sich der A7 beim Fahren ganz anders an: Wo der A8 buchstäblich abgehoben ist und seine Insassen ein wenig der Welt entrückt, ist man der Fahrbahn im A7 viel stärker verbunden. Man sitzt tiefer, greift engagierter ins Lenkrad und will möglichst wenig wissen von den bis zu 39 Assistenzsystemen, die dem Fahrer die Arbeit nahezu vollständig abnehmen. Klar, bei Termindruck im Alltag auf der Autobahn oder in der Rushhour in der Stadt ist der A7 eine Businesslimousine wie jede andere auch – egal wie lässig sich das Heck abschwingt. Doch wer sich eine Auszeit gönnt und einen Umweg macht, der entdeckt mit dem A7 – der Progressivlenkung vorne und der aktiv lenkenden Achse hinten sei dank – mit jedem Kilometer auf einer kurvigen Land- oder Küstenstraße das Fahren wieder als Selbstzweck, so handlich und agil surft der Sportback über die Straße. Zum ersten mal seit langem bei einem Audi diesseits der RS-Sportmodelle und des R8 ist der Weg wieder das Ziel und nicht die Adresse im Navigationssystem.
Dabei hat es selten so viel Spaß gemacht, die Navigation zu programmieren. Schließlich übernimmt der A7 im großen und ganzen das spektakuläre Cockpit des A8. Auch in der Klasse darunter verschwinden damit fast alle Schalter und machen Platz für Sensorfelder etwa für das Licht und vor allem für zwei große Touchscreens über dem Mitteltunnel. Die gibt es bei der Konkurrenz zwar auch. Doch bei Audi bieten sie dank eines feinen Klicks und einer zarten Vibration einen kleinen Nervenkitzel, der die Bedienung zu einem sinnlichen Spektakel macht und obendrein die Treffsicherheit erhöht. Und dass hinter dem Lenkrad ein noch höher aufgelöstes Digitaldisplay steckt, sollte sich mittlerweile von selbst verstehen.
Zwar rühmt sich der A7 einer gewissen Nähe zum A8 und es gibt tatsächlich viele Gemeinsamkeiten. Doch merkt man zugleich sehr deutlich, dass die Bayern irgendwie den Preis drücken mussten. Dass man deshalb auf Finessen wie das aktive Fahrwerk mit 48-Volttechnik, die verspielten Automatik-Blenden vor den Klimaausströmern oder die Leseleuchten mit Matrix-LED-Technik verzichten muss, wird niemanden ernsthaft stören. Aber Stoffsitze und analoge Instrumente für die Grundausstattung passen nicht ganz zum noblen Anspruch, den Audi für das „Sportliche Gesicht in der Luxusklasse“ proklamiert.
Auch die Platzverhältnisse sind natürlich nicht mit dem Flaggschiff zu vergleichen. Zwar ist der A7 etwas geräumiger als der neue Mercedes CLS oder das Sechser Gran Coupé von BMW. Doch selbst wenn Audi unter dem flacheren Dach mehr Kopffreiheit geschaffen und den Knieraum vergrößert hat, sitzt man vorne deutlich besser als hinten und muss sich beim Einsteigen auch nicht unter einem niedrigen Türholm hindurchducken.
Dafür buhlt der A7 mit seinem Fließheck um die Praktiker unter den Schöngeistern. Schließlich reicht die Heckklappe bis ins Dach und der Kofferraum fasst zwischen 535 und 1.390 Litern. Nicht umsonst spricht Projektleiter Stefan Einsle von drei Autos in einem und meint neben dem Komfort der Limousine und der Eleganz eines Coupés auch die Variabilität eines Avant. Kein Wunder also, dass die Bayern dafür etwas kräftiger zur Kasse bitten, wenn sie gleich drei Autos in einem bieten.
Aber wem der A8 zu teuer und der A7 zu lässig ist, für den hat Audi noch einen Trost: Im März zeigen die Herren der Runge auf dem Genfer Salon die nächste Generation des A6. Dann wird aus dem Bonvivant eine bürgerliche Limousine oder ein praktischer Kombi – und der Preis dürfte noch einmal deutlich sinken.