Sie sind nur ein Nebendarsteller und ihre Chancen sind entsprechend bescheiden. Kein Wunder also, dass es Volvo mit der Markteinführung des S60 bei uns nicht gerade eilig hatte: Während das 4,76 Meter lange Stufenheck aus dem neuen US-Werk in Charleston jenseits des Atlantiks und in der zweiten Heimat China bereits seit dem letzten Jahr im Handel ist, nimmt er den schweren Kampf gegen Audi A4, BMW Dreier und Mercedes C-Klasse in deren Heimat zu Preisen ab 43.200 Euro (Deutschland) erst jetzt so richtig auf. Denn nach ein paar vereinzelten Vorführmodellen landen nun ganze Schiffsladungen für Europa.
Von Thomas Geiger
Im Stellungsspiel mit den Platzhirschen setzen die Schweden vor allem auf ihre Rolle als Außenseiter und positionieren sich als nordische Alternative zu den Allerweltsmodellen aus dem deutschen Süden: Nicht nur das Design ist deshalb eigenständig, sondern vor allem innen kontert der Volvo das wahlweise technokratische oder verspielte Ambiente der Deutschen mit einer kühlen Eleganz, wie sie den nordischen Designern zu eigen ist. Und wer es noch immer nicht glauben mag, der entdeckt irgendwann sogar das Schwedenfähnchen, das keck aus der Sitznaht herauslugt.
Ein aufrecht montierter Touchscreen, ein piekfeiner Drehschalter als Startknopf, hübsch programmierte Digitalinstrumente und eine lichte Atmosphäre – das Design ist eigen und mit ihm das Ambiente. Aber die Platzverhältnisse sind so, wie man sie in dieser Klasse kennt: Vorn sitzt man bequem, hinten darf man bei 2,87 Metern Radstand keine Wunder erwarten und der Kofferraum misst 396 bis 470 Liter. Ungewöhnlich nur, dass die mit ihrer Liebe zum Kombi als Praktiker bekannten Schweden anders als die Konkurrenten keine elektrische Heckklappe anbieten.
Was zudem als Hypothek auf dem Wagen lastet, ist die sehr einseitige Motorpalette. Denn als erster Hersteller verzichtet Volvo in diesem noch immer von Dieseln dominierten Segment auf den Selbstzünder. Erstens, weil sie sich langfristig ohnehin von dieser Technik verabschieden wollen. Zweitens, weil die mageren Stückzahlen für das vor allem für die USA und China gedachten Stufenheck den rein europäischen Sonderweg des Ölbrenners nicht gerechtfertigt hätten. Und drittens, weil es für alle Kunden, die auf den Verbrauch achten, ja einen Plugin-Hybriden gibt, der zumindest auf dem Papier noch viel sparsamer ist. schließlich erreicht das Paket aus einem 303 PS starken Vierzylinder, einer 87 PS starken E-Maschine und einem 11,6 kWh großen Akku nicht nur bis zu 58 elektrische Kilometer bei einem Spitzentempo von 125 km/h und schafft mit vereinten Kräfte einen Sprintwert von 4,6 Sekunden sowie einen Topspeed von 250 km/h. Sondern kommt zumindest auf dem Prüfstand auch auf einen Verbrauch von 1,7 Litern. Allerdings lässt sich Volvo das Sparen teuer bezahlen und verlangt – auch weil dieser T8 an die höchste Ausstattungsstufe gekoppelt ist, mindestens 59.000 Euro.
Deshalb wird der Teilzeitstromer wohl nur eine Nische in der Nische bedienen und das Volumen auf die drei 2,0-Liter-Benziner entfallen, die mit 190 oder 250 PS und Front- oder mit 390 PS und Allradantrieb angeboten werden.
Der T4 ist mit seinen 300 Nm und einer komfortabel abgestimmten Automatik ein flotter aber unauffälliger Begleiter für entspannte Vielfahrer, die nicht mitmachen wollen beim Stellungskrieg auf der linken Spur. Dazu passen nicht nur die soliden aber eben nicht spektakulären Fahrleistungen mit einem Sprintwert von 7,1 Sekunden und einem Spitzentempo von 220 km/h. Sondern dazu passt auch die eher entspannte Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung, die auch im sportlichsten Fahrprofil nicht wirklich viel Schärfe an den Tag legen. Und ganz nebenbei klingt der Vierzylinder zumindest beim Anlassen und bei gemächlicher Fahrt so rau und kernig, dass man sich fast in einem Diesel-Modell wähnt und so doch wieder mit dem Mainstream schwimmt.