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Motorblock fährt Opel Corsa OPC

Motorblock fährt Opel Corsa OPC

Lob und Tadel liegen bei einem heiß gemachten Kleinwagen eng beieinander. Ist er zu sportlich, mäkelt man beim Alltagsnutzen. Ist er zu soft, ist die Fangemeinde enttäuscht. Der Corsa schafft die Grätsche wie kein anderer. Aber für wen genau macht er das eigentlich?

Text: Philipp Stalzer
Ein öder Softie. Der hat wirklich 207 PS? War der Vorgänger nicht irgendwie wilder? Manchmal haut man beim ersten Eindruck, in dem Fall vom Beifahrersitz, bei der Einschätzung der Situation ganz gewaltig daneben. Der 1,6 Liter Turbomotor brummelt recht unspektakulär dahin, Zwischenspurts am Weg zur kurvigen Straße durchs hügelige Geläuf absolviert er mit 245 Newtonmetern passabel, ohne überkräftigem Turbodruck. Recaro Schalensitze sind serienmäßig. Warum eigentlich, fragt man sich vorerst. Fährt irgendwie bequem und unaufgeregt. Sicher, das mit dem Performance Paket nochmal nachgeschärfte FSD-Fahrwerk (einer rein mechanischen Anpassung der Dämpfercharakteristik während der Fahrt) ist schon recht straff, aber damit könnte sogar der Bandscheibenvorfallgeplagte Herr Papa noch leben. Die ebenfalls im Paket enthaltenen Brembo Bremsen tragen mit einem dezenten, grauen Festsattel vorn optisch nicht so auf, die zweifärbigen 18-Zöller mit der guten Michelin-Sportbereifung (die sich dafür halt bei langsamer Fahrt mit recht deutlichen Abrollgeräuschen bemerkbar macht) sind das einzige offensichtliche Merkmal für die nachgeschärfte Version. Die Differenzialsperre von Motorsportprofi Drexler an der Vorderhand lässt sich nämlich (zum Glück) auch nicht blicken. Spüren fürs erste ebenfalls nicht, aber schön langsam dringen wir ins kurvige Geläuf vor – dem Ort, wo man den Corsa OPC erst richtig kennenlernen kann.

Kurvensau und Vollprofi

Endlich Gelegenheit um die Gänge mal ausjodeln zu können! Zweiter, dritter – verbesserte Schaltwege der 6-Gang Box zum Normalo-Corsa sind erfreulich, aber die Dritte ist mit dem linear ansprechenden, fast schon Saugermäßig zu fahrenden 1600er-Turbomotor ein ziemlicher Problemlöser. Genug Punch untenrum dank Overboost auf 280 Nm für maximal 11 Sekunden, Drehfreude im oberen Bereich. Von der flott gefahrenen Kurve bis in den führerscheinfreien Bereich ist der dritte Gang dein Partner. Das Werkl wacht plötzlich so richtig auf und beginnt zu funktionieren. Die Reifen kommen auf Temperatur, der Grip an der Vorderachse scheint nicht enden zu wollen. Forsche Richtungswechsel werden mit absoluter Ernsthaftigkeit exekutiert und sollte sich leichtes Untersteuern mal bemerkbar machen hilft der lustige Sperrdiff-Schmäh. Einfach noch fester aufs Gas latschen, der Corsa zoomt sich dann spurtreu und auf letzter Rille durch die Kurve. Traktionsprobleme? Nope. Auch nicht bei ESP im „Competition-Mode“, der Grip kommt rein mechanisch zustande. Aber das Volant sollte mit beiden Händen gehalten und präzise geführt werden. Der Sound durch die Remus Edelstahlauspuffanlage dabei: rauchig, nicht nur druckvolles Turborauschen, präsent. Suchtfaktor: extrahoch. Nächste Ortschaft mit Geschwindigkeitsbeschränkung: supermies.

Traktionsprobleme? Nope. Auch nicht bei ESP im „Competition-Mode“, der Grip kommt rein mechanisch zustande. Aber das Volant sollte mit beiden Händen gehalten und präzise geführt werden.





Flotte Burschen und Mädls, das ist euer Auto!

Kommen wir zu Frage, wem so ein brennheiß gemachter Miniflitzer taugen könnte. Ja, auch die Mama kann mit dem Corsa OPC problemlos zur Bank, Post und zum Supermarkt tschundern, wenn sie auf die coolen, OPC-spezifischen Spoiler bei hohen Randsteinen aufpasst. Sonst so gut wie keine Einschränkung im Alltagsbetrieb. Aber neben den Fans der Marke werden vor allem junge Burschen und Mädels nach einem Kleinwagen mit Biss und der echten Kompetenz zur Rennstreckentauglichkeit lechzen. Und die sponsernden Mamas und Papas können sich in (relativer) Sicherheit wähnen, da der Corsa trotz seiner stolzen Leistung auf rund 1200 Kilo absolut gutmütig auf Blödheiten reagiert. Lernen ohne Reue, der Trainer für zukünftige oder schon jetzige Profis hinter dem Volant kommt aus dem Opel Performance Center. Vergesst die Lifestyleflitzer von Mini oder Audi, um den Startpreis von 22.590 Euro (Performance-Paket 2.400 Euro) gibt’s sonst nur bei Ford einen echten Renner – und der exekutiert nicht so ernsthaft und ist im Alltag nicht so handzahm.

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