Er zählt zwar zu den meistverkauften SUV der Welt. Doch zuletzt ist der Toyota RAV4 ein wenig ins Hintertreffen geraten. Denn während die Konkurrenz mit aller Macht an die Ladesäule drängt, hat Toyota stur am konventionellen Hybridantrieb festgehalten. Zu teuer, zu aufwändig und allenfalls auf dem Papier sparsam, so haben die Japaner ihre Absage an die Plug-In-Technik begründet und allein dem Prius einen Stecker spendiert – und selbst das ist mittlerweile acht Jahre her. Doch so langsam kann auch der selbsterklärte Hybridweltmeister den Zeitgeist nicht mehr ignorieren und beugt sich deshalb dem Trend. Dabei sind die Japaner wenigstens so konsequent, dass sie gleich ihr weltweit wahrscheinlich wichtigstes Modell als Basis nehmen und deshalb jetzt zu Preisen ab 46.293 Euro (D) den Tiguan-Gegner an die Ladesäule bringen.
Von Thomas Geiger
Dafür gibt’s genau wie im normalen Hybriden gleich zwei E-Motoren, die allerdings deutlich mehr Leistung haben: Hinten bleibt es bei 40 kW, für vorne jedoch stehen jetzt 132 kW im Datenblatt. Und weil der unter dem Wagenboden installierte Akku nach 4,5 Stunden an der Wallbox oder quälend langen 7,5 Stunden an der Steckdose bis zu 18,1 kWh speichert, reicht der Strom im besten Fall für 75 Kilometer. Damit die Praxis möglichst nah an der Theorie bleibt, treibt Toyota großen Aufwand und rüstet den RAV4 zum Beispiel als einen der wenigen Plug-Ins mit einer Wärmepumpe aus und spart so auch bei der Klimatisierung Energie.
Derart unter Strom gesetzt, wirkt der RAV4 zu Beginn der Fahrt fast wie ein reines Elektroauto: Er startet ohne Verbrenner, er stromert lautlos durch die Stadt und er ist auch über Land ein elektrischer Solist: Bei einem Sprintwert von 10 Sekunden und 135 km/h Höchstgeschwindigkeit gibt es kaum Gründe, den 2,5 Liter großen Vierzylinder mit seinen 185 PS anzuwerfen.
Wer das trotzdem tut, in dem er entweder den Fahrmodus wechselt oder mit einem Kickdown anfährt, der erlebt den RAV 4 von einer ganz neuen Seite. Mit einer Systemleistung von 306 PS und der Summe aus 227 thermischen sowie 270 und 121 elektrischen Nm das bislang stärkste Modell in der langen RAV4-Geschichte, entwickelt er einen brachialen Vorwärtsdrang, der die Reifen nahe an ihr Haftgrenze bringt: Von 0 auf 100 in 6,0 Sekunden jedenfalls hätte man von einem Öko nicht erwartet.
Aber Vorsicht: Auch wenn er an der Ampel mehr Punch hat als ein Supra, ist der RAV4 kein Sportwagen: Denn erstens nervt bei all zu sportlicher Fahrweise nach wie vor das stufenlose CVT-Getriebe, das den Gummiband-Effekt auch nach spürbaren Optimierungsschleifen noch immer nicht ganz abgelegt hat. Schließlich kann selbst das neue Dämmglas das angestrengte Jaulen des Benziners nicht völlig kaschieren. Und zweitens ist spätestens bei 180 Sachen schon wieder Schluss. Außerdem mag das Fahrwerk die drei Zentner Mehrgewicht noch so gut wegbügeln, doch sind auch Federn und Dämpfer nicht wirklich auf Dynamik ausgelegt. Sondern im Grunde seines Wesens ist der RAV4 ein familienfreundlicher Cruiser. Dafür allerdings taugt das SUV auch als Abenteurer: Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten gibt es auch für den Sparer einen Allradantrieb und im so genannten Terrain-Mode sogar elektronische Differentialsperren.
Zwar lässt sich Toyota den Flirt mit dem Zeitgeist teuer bezahlen und auf dem Papier beträgt der Aufpreis zum herkömmlichen Hybriden in der zugegeben ziemlich nackten Basisversion fast 13.000 Euro. Doch nachdem der Staat den Steckdosen-Anschluss mit bald 7.000 Euro subventioniert, sieht die Rechnung schon wieder ganz anders aus.