Als sie ihn Anfang 2017 auf den Weg gebracht haben, war das Gezeter groß: Ein Auto mit vier Türen und mehr als vier Metern Länge – das konnte und durfte kein Mini sein. Doch vier Jahre später kräht kein Hahn mehr nach dem Tabubruch und der Countryman ist in der Mini-Welt eine feste Größe. Mit rund einem Drittel aller Verkäufe hat er es vielerorts sogar an die Spitze der Zulassungen gebracht, und dass es ihn mit seinem Plug-In-Antrieb lange vor dem Mini E als ersten Mini mit Stecker gab, hat seine Position als Oberhaupt der Familie weiter gefestigt. Damit die nicht wackelt, gibt es jetzt zur Hälfte der Laufzeit ein Facelift, das allerdings vergleichsweise dezent ausfällt. Warum auch viel ändern, wenn die Absatzkurve keine Delle zeigt, haben sie sich offenbar in München und Oxford gefragt.
Von Thomas Geiger
Wenn der Maxi-Mini in diesen Tagen zu Preisen ab 28.756 Euro (D) in die zweite Halbzeit startet, erkennt man ihn von außen deshalb nur an einem retuschierten Kühlergrill, serienmäßigen LED-Scheinwerfern und dem Union-Jack in den Heckleuchten, und innen machen vor allem ein neues Lenkrad, der frisch lackierte Kranz um den Pizza-Teller für das Infotainment in der Mittelkonsole sowie die Option auf ein großes, digitales Display in den Instrumenten einen Unterschied.
Auch unter der Haube gibt es nur Feinschliff. Zur Wahl stehen dort für die Traditionalisten unter der Kundschaft sechs Verbrenner mit leicht verbesserten Emissionswerten, die je zur Hälfte Benzin oder Diesel tanken, ein Spektrum von 102 bis 190 PS abdecken und nun in noch mehr Varianten auch mit der Achtgang-Automatik bestellt werden können. Vier Versionen gibt es zudem auch mit einem Allrad-Antrieb, mit dem der Countryman seinem Namen alle Ehre macht und leidenschaftlich der Landlust frönt.
Die buchstäblich spannendste Motorvariante ist und bleibt aber der Plug-In-Hybrid. Dafür bauen die Entwickler auf eine E-Maschine an der Hinterachse mit 95 PS, die mit 165 Nm zu Werke geht, sowie einen Lithium-Ionen-Akku mit 10 kWh, der sich ohne nennenswerte Platzeinbußen unter den Kofferraumboden duckt und an der Haushaltssteckdose in gut drei Stunden geladen ist. Den Elektroantrieb spannen die Bayern zusammen mit einem bekannten 1,5 Liter-Dreizylinder im Bug, der es auf 125 PS bringt. Im Team erreichen die beiden Triebwerke so eine Systemleistung von 220 PS und bis zu 385 Nm. Kein Wunder, dass Mini den Plug-In als Cooper S verkauft.
Entsprechend flott geht es mit dem Doppelpack zur Sache: Wenn man die Regie für das Zusammenspiel der Elektronik überlässt, beschleunigt der Countryman in imposanten 6,8 Sekunden von 0 auf 100 km/, erreicht allerdings nur ein überraschend mageres Spitzentempo von 196 km/h. Dafür jedoch muss er sich auch vor einer Landpartie nicht fürchten: Weil die beide Motoren auf je eine Achse wirken, hat der Teilzeitstromer Allradantrieb und auch ohne Asphalt entsprechend viel Traktion.
Zwar übernimmt der Stromer etwa im Stadtverkehr auch im Standard-Modus überraschend oft die Arbeit, lässt sich auch bei einem zügigen Ampelspurt nicht vom Verbrenner helfen und schleppt den Countryman im Ernstfall alleine auf bis zu 80 km/h. Doch wenn man ihm mit dem gelben Starthebel in der nach wie vor überladenen Mittelkonsole die Alleinherrschaft einräumt, hat er nicht nur reinen Heckantrieb und ist entsprechend wendig. Sondern man könnte sich fast ein bisschen wie im Autoscooter fühlen, wenn man wieselflink und flüsterleise durch die Stadt surrt oder mit dann bis zu 135 km/h allein mit elektrischer Energie über die Autobahn schnellt – wenn dieser Mini nur nicht so maxi wäre. Aber wer das erleben will, kann ja neuerdings auch den kleinen Bruder kaufen und dann auch weiter fahren. Denn während die elektrische Reichweite im Countryman auch im besten Fall nur bei 61 Kilometern liegt, kommt der Mini E auf dem Prüfstand bis zu 270 Kilometer weit.
Dass Mini am Countryman zur Hälfte der Laufzeit so wenig geändert hat, liegt zum einen tatsächlich an der stabilen Absatzkurve des Maxi-Modells. Und es liegt ganz sicher auch daran, dass sie auch bei Mini mächtig sparen müssen, um den Brexit und die Pandemie zu parieren. Doch die magere Modellpflege hat ihren Grund auch in den großen Aufgaben, die in Zukunft auf die Marke zukommen. Denn im Hintergrund läuft längst die Entwicklung der nächsten Modellgeneration und vor allem eines weiteren Elektro-Minis, der gemeinsam mit Great Wall in China entwickelt und von dort aus weltweit vertrieben werden soll. Dafür beschreiten BMW und die Briten so viel Neuland, dass sie nicht nur alle Kapazitäten brauchen werden, sondern dass auch ein bisschen Ruhe bei der Führung der Familie nicht schaden kann.