News

Alfa Romeo 33 Stradale: Vergangenheit und Zukunft

Das Getöse rund um den supergeheimen Sportwagen von Alfa Romeo war im Vorhinein schon groß, bei der Enthüllung am 30. August kulminierte es schließlich in automobile Ekstase. Der Alfa Romeo 33 Stradale ist ein Meisterwerk, wie es sich jeder Alfa-Fan erträumt hat.

Bei der Weltpremiere herrscht seitens Alfa Romeos Stimmung, die eigentlich nur als euphorisch bezeichnet werden kann. Als Einleitung wird die Geschichte des ursprünglichen 33 Stradale so salbungsvoll und emotional erzählt, als säße man in einem Hollywood-Blockbuster. Dann wird eine Licht- und Musikshow abgefackelt und spätestens als schlussendlich das Tuch von dem bis dahin namenlosen Sportwagen gezogen wird, springt der Funke auch auf alle Gäste über. Selten hat man ein Auto gesehen, dass so eindeutig italienisch ist. Und das kann nur ein Kompliment sein. Liegt natürlich auch daran, dass der legendäre Namensvetter aus dem Jahr 1967 – damals an den Rennwagen Tipo 33 angelehnt – in dem Neuling quasi wiederauferstanden ist. Natürlich ist alles anders und moderner. Aber wer vor diesem Auto steht und den Stradale 33 nicht zweifellos wiedererkennt, in Details und im Ganzen, der muss dringend zum Augenarzt.

Unter dem edel geformten Blech mit seinen dramatischen Lufteinlässen und Linien verrichtet ein alter Bekannter seine Arbeit: Der V6-Biturbo aus den Quadrifoglio-Modellen wurde für den Alfa Romeo 33 Stradale auf 3,0 Liter Hubraum und 620 PS aufgeblasen und treibt über ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe die Hinterräder an. Doch Moment, dieser Alfa kann auch anders! Denn wahlweise darf sich die Kundschaft auch einen reinen Elektroantrieb unter die Karosserie schrauben lassen, der dann 750 PS leistet und an allen vier Rädern reißt. Dass Alfa Romeo zwei so gegensätzliche Konzepte in ihrem Prestigeprojekt anbieten kann, liegt auch an der Exklusivität des 33 Stradale. Übrigens: Wieviele E-Motoren der Flitzer bekommt, steht noch nicht fest. Da testet Alfa aktuell mit dem Prototyp 00 noch aus, welches Setup perfekt ist. Deshalb ist auch das Gewicht des Stromers, der rund 450 Kilometer auf einmal schaffen soll, noch nicht bekannt. Der Verbrenner wird jedenfalls unter 1.500 Kilogramm wiegen.

Den gibt es nämlich nur – wer hat es erraten? – 33 mal und alle Exemplare sind selbstredend bereits verkauft. Zweifellos um sehr gutes Geld, da sind so extrem aufwändige Stunts dann schon mal drin. Schade allerdings, dass der 33 Stradale somit für den Rest der Welt unerreichbar wird. So ein Serien-Sportwagen von Alfa Romeo hätte sich auf der Straße schon mal wieder gut gemacht – in den Emissionskalkulationen des Hersteller allerdings wohl kaum. Noch trauriger wird der geneigte Petrolhead (oder E-Automobilist) bei den versprochenen Leistungsdaten. Beide Varianten des 4,6 Meter langen Boliden sollen 333 km/h packen und in unter drei Sekunden (der Elektriker sogar unter 2,5) bei 100 km/h angekommen sein. Solche Zahlen möchte man am liebsten selbst erfahren.

Der Bolide mit den zwei Gesichtern ist allerdings nur der Anfang. Marken-Chef Jean-Philippe Imparato verspricht: „Der neue Alfa Romeo 33 Stradale ist das erste zu 100 Prozent maßgeschneiderte Modell der Marke seit 1969 – und ich verspreche, es wird nicht das letzte sein.“ Zu diesem Zwecke hat Alfa Romeo in Arese, wo auch das Museum der Marke steht, die Abteilung Bottega ins Leben gerufen. Die hat den Neuling verantwortet und soll auch in Zukunft die spektakulärsten Wünsche der Kunden zur Realität machen – wenn auch wohl weiterhin nur in Kleinstserien. Auffächern in zig Versionen, wie es heutzutage so beliebt ist, will Alfa Romeo den 33 Stradale keinesfalls. Imparato sagt ganz klar: „Kein Bullshit. Die 33 Kunden haben für ein einzigartiges Auto bezahlt und das bekommen sie.“ Es wird also nicht plötzlich dann noch 33 Cabrios geben und 33 Rennwagen … außer die ursprünglichen 33 Käufer sind einverstanden und ziehen mit.

Die Käufer sind dafür so eng in den Entstehungsprozess eingebunden wie bei kaum einem anderen Auto. Von der Fahrgestellnummer über den Kühlergrill bis zu diversen Lufteinlässen konnten die neuen Besitzer des 33 Stradale ihr einzigartiges Meisterwerk individualisieren. So ist garantiert, dass es sich um 33 echte Unikate handelt. Gebaut werden die Fahrzeuge in Handarbeit von der Carrozzeria Touring Superleggera, die auf eine lange gemeinsame Geschichte mit Alfa Romeo zurückblicken kann. Pro Monat gehen sich daher nur zwei bis drei Autos aus. Von der Auslieferung des ersten Fahrzeugs am 17. Dezember 2024 bis zur Komplettierung der Auflage wird es also sicher über ein Jahr dauern. Bei der Abstimmung geholfen hat übrigens ein gewisser Herr Valtteri Bottas.

In bester Formel 1-Manier gibt es daher ein Kohlefaser-Monocoque für die Insassen und auch darüber hinaus wird mit Karbon nicht gegeizt. Wer dem aktuellen Trend in der Königsklasse des Motorsports, durch weniger Lack Gewicht zu sparen, folgen will, kann auf Wunsch auch Teile der Karosserie in blankem Karbon erstrahlen lassen. Im Interieur geht es ebenfalls dynamisch zu. Das zentrale Instrument interpretiert die teleskopförmigen Armaturen klassischer Alfas neu und das Lenkrad präsentiert sich ganz frei von Knöpfen und Schaltern, die stattdessen auf die Mittelkonsole und in den Dachhimmel wandern. Apropos Mittelkonsole: Die ist im Schaustück komplett aus Aluminium, samt der Schalter, die an einen Kampfjet erinnern. Alleine um dieses Schmuckstück einmal zu bedienen, muss man den Alfa Romeo 33 Stradale gefahren sein. Auf einen Touchscreen haben die Italiener auf ausdrücklichen Kundenwunsch verzichtet. Zumindest auf den ersten Blick. Denn der Screen lässt sich komplett versenken, so dass wirklich nur mehr der Fahrer, das Auto und die Straße existieren.

Der Alfa Romeo 33 Stradale ist eine ganz große Liebeserklärung des Traditionsherstellers an seine Geschichte und an seine Zukunft. Deshalb passt er auch als Elektroauto zu Alfa. Denn wie Imparato glasklar sagt: „Das ist die Zukunft. Und wenn wir kein Geld verdienen, brauchen wir uns über alles andere keine Gedanken zu machen.“ Moneten bringt der 33 Stradale garantiert genug ein. Zwar will man keine Zahlen nennen, weil eh alle Exemplare schon verkauft sind und es deshalb müßig wäre, aber bei einem derart streng limitierten Projekt, bei dem die Käufer so eng in die Entwicklung einbezogen werden, wandert zweifellos ein großer Haufen Kohle über den Tisch. Alfa Romeo gibt sich sozusagen selbst eine Finanzspritze. Doch noch nie war eine Finanzspritze so verdammt schön und hat solche Emotionen ausgelöst.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

Weitere Beiträge

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"