Alpina beweist einmal mehr ein Herz für verwöhnte Vielfahrer mit eng getaktetem Terminkalender und einem Sinn für guten Stil. Denn wem der BMW M8 zu vorlaut oder tatsächlich zu langsam ist, dem verkaufen die Allgäuer nach den Sommerferien das Münchner Gran Coupé auch als B8. Das basiert zwar „nur“ auf dem M850i, liegt aber in der Leistung auf Augenhöhe mit dem stärksten M-Modell und ist bei Vollgas deutlich schneller. Außerdem hat der Autobahnkurier aus dem Allgäu neben dem stilsicheren und deshalb weniger angeberischen Auftritt die besseren Manieren und ist bei einem Grundpreis von 161.200 Euro (D) auch noch ein paar (wenige) Tausender billiger.
Hinter der neuen Bugschürze schnauft hier wie dort der 4,4 Liter große V8-Turbo aus München. Wo der allerdings ab Werk auf maximal 530 PS und 750 Nm kommt und im M8 Competition mit 625 PS und ebenfalls 750 Nm geführt wird, holen sie in Buchloe immerhin 621 PS aus dem Triebwerk und schrauben die Drehmomentkurve auf imposante 800 Nm hoch.
Vor allem letzteres zahlt sich aus. Denn damit verkürzt sich nicht nur der Sprintwert gegenüber dem M850i um 0,3 auf 3,4 Sekunden und führt das Gran Coupé bis auf zwei Zehntelsekunden an den M8 heran, sondern vor allem die Elastizität ist unerreicht. Egal ob an der Ampel oder in der Autobahnauffahrt, beim Überholen auf der Landstraße oder in den Serpentinen hinauf zu einem Alpenpass – wann immer man nur sanft das Gaspedal berührt, fährt einem eine mächtige Faust in den Magen. Allerdings trägt diese Faust keinen Box- sondern einen Samthandschuh. Denn auch mit einem Sportauspuff in der neuen Heckschürze und dem nachgeschärften Achtgang-Getriebe vergisst der B8 nicht seinen Benimm und bringt seine Kraft deshalb ausgesprochen kultiviert auf die Straße. Wo man sich im M8 bisweilen peinlich berührt hinter das Lenkrad duckt, kann man sich mit dem B8 überall sehen lassen – zumindest, wenn man sich bei der Bestellung die typischen Alpina-Zierstreifen in feinem Gold verkniffen hat. Und ja, der kleine Heckspoiler mag grenzwertig sein, aber es braucht ihn für die nötige Stabilität bei hohem Tempo.
Auch innen beweisen sie in Buchloe mehr Stilgefühl als in München oder Garching: Wo man sich im M8 Competition zwischen Karbon und dunklem Leder ein bisschen fühlt wie im Studio einer Fünf-Sterne-Domina, trägt der B8 nicht ganz so dick auf und zeigt zudem die feinere Materialauswahl. Und wie üblich gibt’s für die digitalen Instrumente eine eigene, vom Buchloer Blau dominierte Grafik.
Wie nahe der B8 einem M8 auf der Straße kommt, hat der Fahrer selbst in der Hand, denn wie immer bei Alpina gibt es mehr Profile und damit eine größere Spreizung als bei den Werksmodellen: Im Komfort+-Modus ist der B8 deshalb tatsächlich ein Gentleman mit perfekten Manieren, zuvorkommend und fast ein wenig zurückhaltend, der wolkenweich auch über schlechten Asphalt gleitet. Doch im Sport-Modus schärft er die Sinne und spätestens mit „Sport Plus“ fährt er auf Sieg, die Pirellis auf den 21-Zöllern beißen sich an allen vier Enden in den Asphalt, pappen auf der Straße wie Pattex und führen den B8 eng an der Idealline über den Kurs. Je länger man mit dem Gran Coupé für eilige Genießer unterwegs ist, desto pummeliger wirken Wettbewerber wie der Porsche Panamera, der Audi RS7 und vor allem der viertürige AMG GT plötzlich. Das gilt auf der Landstraße oder bei einem in dieser Liga wohl eher irrtümlichen Abstecher auf die Rennstrecke und es gilt erst recht bei Vollgas auf der Autobahn: Denn mit einem Spitzentempo von 324 km/h lässt der B8 nicht nur die Verwandtschaft M850i und M8 hinter sich, sondern sieht auch die Konkurrenz zumeist im Rückspiegel.