Spitzensport auf Sommerfrische
Der Aston Martin DBS Superleggera Volante
Von Thomas Geiger
Doch ist der Nachfolger des Vanquish nicht nur das leidenschaftlichste, sondern auch das schnellste Cabrio in der Firmengeschichte der Briten – und wenn einem der Fahrtwind erstmal mal mit 340 Sachen ins Gesicht klatscht, hat auch der Schweiß des heißesten Sommers keine Chance mehr.
Als Windmaschine setzen die Briten dabei auf die jüngste Evolutionsstufe des hauseigenen Zwölfzylinders, der im offenen Auto noch viel stärker an allen Sinnen kitzelt als im Coupé. Denn wenn sich binnen 14 Sekunden bei verhaltener Fahrt erst einmal das Dach in den Kofferraum gefaltet hat, sind sich Mensch und Maschine noch viel näher als sonst. Man spürt nicht nur den Wind in den Haaren und die Sonne auf der Haut, sondern vor allem fühlt man mit einem feinen Kribbeln auf den Armen, einem nervösen Zittern im Fuß und einem wunderbaren Flirren auf dem Trommelfell, welche Kraft von dem mächtigen Motor im Bug ausgeht.
5,2 Liter groß und von zwei Turbos unter Druck gesetzt, leistet er jetzt 725 PS und reißt mit bis zu 900 Nm an den 21-Zöllern auf der Hinterachse. Gezähmt von einer neuen Achtgangautomatik von ZF, die zugunsten der ausgeglichenen Gewichtsverteilung in Transaxle-Bauweise ebenfalls im Heck montiert ist, sprintet der Volante damit fast so stürmisch wie das Coupé: Mit 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h ist er nur zwei Zehntel langsamer, die allein den gut zwei Zentnern mehr Gewicht geschuldet sind. Nach weniger als sieben Sekunden stehen auf dem digitalen Tacho 200 km/h und wer dem Wind nur lange genug die Stirn bietet, der sieht zwar aus wie Pumuckl im Auge des Orkans, hat dann aber schon bald 340 km/h erreicht. Damit ist der Volante nicht nur das schnellste Cabrio in der bisherigen Aston-Geschichte, sondern es stößt auch vor in Dimensionen, in denen sonst Supersportwagen wie ein McLaren Senna zu Hause sind.
Nur dass der dafür einen Kampfanzug aus Karbon braucht und nicht im Designerdress antritt und seine Insassen in ein spartanisches Sportstudio lockt statt sie mit einer Lounge aus Lack und Leder zu verwöhnen. Und das ist nicht der einige Unterschied: Während die Fahrt mit Autos wie dem Senna ein ständiger Kampf mit den Gesetzen der Physik und der eigenen Moral ist, fährt man den DBS Superleggera mit Lust und Laune und ruft die schier endlosen Reserven kaum ab. Souverän, aber stilvoll geht man mit dem Gran Turismo auf die große Fahrt und genießt einen Komfort, wie ihn auch ein S-Klasse Coupé oder ein BMW 8er nicht besser bieten – bis man den Wagen irgendwann mit einem Kickdown aus der Reserve lockt oder in den Sport-Modus wechselt. Dann zeigt der Aston sein zweites Gesicht, schüttelt genau wie Stammfahrer James Bond seine Manieren ab und stellt alles ins Zeichen dieser einen Mission – und die heißt Vollgas. Dann brüllt der eben noch so sonore V12 plötzlich schrill und giftig, die Automatik wechselt die Gänge mit der Gewalt von Handkantenschlägen und das Fahrwerk wird hart wie die Muskeln eines Preisboxers kurz vor der entscheidenden Runde. Und plötzlich zeigt der DBS einen Punch, der den Fahrer von den Socken haut. Gut, dass die feinen Ledersessel etwas tiefer ausgeschnitten sind, und gut, dass das eigenwillig geformte Lenkrad so viel Halt bietet. Denn selbst wenn der DBS mit seinen knapp 1,7 Tonnen Kampfgewicht alles andere ist als Superleggera, jagt er dann um die Kurven, dass man fast von Sinnen ist. Vor allem aber ist es gut, dass die Sitze klimatisiert sind und dass es das Windschott nur gegen Aufpreis gibt – sonst kocht irgendwann auch der stabilste Kreislauf über.
Ein spektakuläres Design und ein majestätischer Motor, ein Fahrverhalten wie ein Supersportwagen und ein Ambiente wie eine Luxuslimousine – zwar hat Aston Martin mit dem Superleggera so ziemlich alles dafür getan, dass dieser Sommer für reiche Raser ein ganz besonderer wird. Doch eines können die Briten trotzdem nicht kontrollieren: Das Wetter. Aber zumindest wappnen können sie sich und ihre Kunden dafür – mit einer betont feinfühligen Traktionskontrolle auch für nasse Straßen, mit einem achtfach isolierten Verdeck – und natürlich wie immer mit einem Regenschirm im Kofferraum. Schließlich geht auch der schönste Sommer irgendwann einmal zu Ende.