Neues von der Shanghai Autoshow
Audi Ai:Me Concept – Ruhezone in der Rushhour
Draußen lärmt der Dschungel der Großstadt, doch hier drinnen herrscht himmlische Ruhe. Von der Hektik des Millionen Menschen großen Ameisenhaufens ist hier nichts mehr zu spüren und die hunderttausend Düfte der Metropole bleiben draußen – willkommen im Audi Ai:Me, der Wellness-Oase für den Stadtverkehr der Zukunft.
Von Thomas Geiger
Für die da draußen, weil der Audi natürlich elektrisch fährt und weil er fürs Sharing gedacht ist und so zumindest für ein bisschen weniger Stau auf den Straßen sorgt. Und für die Insassen, weil die sich im Stadtverkehr mit einem Auto wie diesem endlich wieder wohlfühlen können und dafür der Stau seinen Schrecken verliert. Erst recht, wenn auf ausgewählten Strecken der Autopilot das Steuer übernimmt und man sich ganz dem Müßiggang hingeben kann.
Dafür hat Lichte die übliche Audi Welt verlassen und ein völlig neues Interieur geschaffen – warme Heimeligkeit statt kühle Technologie gibt den Ton vor, die Sitze mit ihren wollenen Bezügen schweben förmlich im Raum und im Fond steht ein Sofa statt einer Bank. Auch die üblichen Schalter und Taster sucht man vergebens, denn bedient wird der Ai:Me mit einem virtuellen Touchpad auf der Türtafel, mit der Stimme und mit Blicken, die vom riesigen Bildschirm unter der Frontscheibe gefangen werden.
Selbst das Lenkrad zieht sich in einer charmanten Dramaturgie zurück, wenn der Autopilot übernimmt, und bildet dann mit dem Rest des Cockpits ein kleines Tischen für den Fahrer, auf dem man entweder arbeiten oder mit magnetischer Kraft sein Geschirr befestigen kann.
Selbst das Lenkrad zieht sich in einer charmanten Dramaturgie zurück, wenn der Autopilot übernimmt, und bildet dann mit dem Rest des Cockpits ein kleines Tischen für den Fahrer, auf dem man entweder arbeiten oder mit magnetischer Kraft sein Geschirr befestigen kann.
Für das Wohlbefinden an Bord gibt es neben der kuscheligen Atmospäre meditative Musik, absolute Ruhe durch gezielten Gegenschall und ein Luft,die so rein ist, dass entlang der Pergola unter dem großen Glasbach sogar der Efeu rankt. „Auch wenn wir für unsere Elektroautos keine Mechaniker mehr brauchen, dann brauchen wir künftig vielleicht einen Gärtner“, kommentiert Lichte augenzwinkernd.
Optisch ist der Ai:Me so etwas wie das späte Comeback des legendären Audi A2, denn wie bei dem Kult-Kleinwagen aus der Zeit des Jahrhundertwechsels ist die Heckscheibe auch hier stark nach außen gewölbt. Allerdings war es das auch schon mit den Parallelen. Erstens ist der Ai:Me mit seinen 4,30 Metern Länge und den 1,90 Metern Breite eine Nummer größer und zweitens setzt das Team um Marc Lichte hier nicht auf Kurven, sondern auf Kanten und hat den Ai:Me deshalb wie mit dem Messer aus dem Block geschnitten. So hat man schnell mal einen Knick in der Optik, weil auch die Seitenfenster längs ausgestellt sind und aus der Karosserie ragen. Aber dafür hat man innen endlich auch auf Schulterhöhe mal richtig viel Platz.
Dazu gibt es ein aufwendiges Lichtkonzept, das weit über die Scheinwerfer und Rückleuchten hinaus geht: Dutzende LED-Elemente in den Stoßfängern und sogar auf den Kotflügeln machen den Ai:Me zur Disco-Kugel auf Rädern. Allerdings geht es dabei nicht um Show und Shine, sondern um eine Art Sprache. Denn über diese LED-Flächen kommuniziert Ai:Me mit der Außenwelt und ist dabei so intuitiv, dass ihn jeder versteht.
Wellness auf Rädern, Efeu als Zeichen der Reinheit, Bildschirme, die man mit blicken steuert und ein Autopilot für ausgewählte Strecken – Ai:Me bietet so viel Neues, dass der Antrieb fast schon nebensächlich ist, Audi kaum mehr als einen Satz zum elektrischen Heckmotor mit 175 PS verliert und sich zur Geschwindigkeit komplett ausschweigt. Aber schließlich geht es hier ja vor allem um Entschleunigung. Und wer einmal im Ai:Me gesessen hat, so die Hoffnung der Designer, der will ohnehin nie wieder irgendwo ankommen – sonst müsste er die Ruhezone ja wieder verlassen. Und das, wo es draußen doch so laut und ungemütlich ist.