Nein, nett ist der neue Audi Q7 nicht. Nett sind Billets mit Blumen drauf. Kätzchen-Posts auf Facetube. Oder das Tässchen Zucker vom Nachbarn. Der Audi Q7 ist nichts von dem . Er ist in erster Linie groß, viel größer, als es die Begeisterung über dieses Katzerl, das zum vierten Mal das Wollknäuel nicht fängt, je sein kann.
Text: Rainer Behaunski
Wenn der Audi Q7 daherkommt, bereitet er jedem Lärm ein Ende. Nichts verspieltes hat er an sich, viel mehr umgibt ihn eine gedrungene Ernsthaftigkeit, wie der Schuldirektor, der durch die Gänge streift. Vor neun Jahren setzte Audi der Q-Reihe mit dem ersten Modell Q7 die Krone auf, 2009 wurde sie aufpoliert und erstrahlt nun, 2015, in neuem Glanz.
An den äußeren Proportionen hat sich wenig geändert. Wie auch, der Vorgänger war schon riesig genug. Das Design ist eher evolutionär: Die erste Generation gab die Richtung vor und die Jetzige führt den Weg fort. Ein wenig blitzt die geradlinige Härte des TT durch, strenge Linien mit genug Dynamik, um nicht retro zu wirken. Modernste Lichtsysteme zeichnen die Front neu (serienmäßig in Österreich: Xenon Plus Scheinwerfer) und dem Heck wurde mit schnittigeren Leuchten die behäbige Bulligkeit genommen.
Ich gehe jetzt kurz auf das Thema Raumgefühl ein, wobei sich jeder, der den Q7 sieht, vorstellen kann, dass sich der Punkt erübrigt. Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie nach Hause kommen und sich mit einem tiefen-entspannten Seufzer auf die Couch fallen lassen? Nun, sagen wir so, um dieses Gefühl zu haben, können Sie künftig auch einfach in die Garage gehen. Im Q7 herrschen Platzverhältnisse wie im Großraumloft. Und weil es soviel von dem Platz gibt, verstecken die Entwickler auf Wunsch gleich nochmal zwei Sitze im Kofferraum. „Wenn Sie möchten, bekommen Sie bis zu sechs Kindersitze rein, das geht in keinem anderen SUV.“ Ja, weil das auch niemand will. Nichts gegen unsere Zukunft aber wenn da sechs Kinder drinnen sitzen, muss ich danach mit dem Kärcher ran und das verträgt die Lederausstattung und der Alcantara-Dachhimmel sicher nicht so gut.
Was ihn aber vor fast alle anderen Premium-SUVs setzt, ist der systematische Zugang der Entwickler. Das konsequente Verbessern und Optimieren eines jeden einzelnen Punktes merkt man durch und durch, sodass die Liste förmlich vor den Augen hängt:
Gewicht optimieren CHECK
Fahrverhalten neu definieren CHECK
Infotainment verbessern CHECK
Klangerlebnis steigern CHECK!
Platz im Innenraum vergrößern CHECK
Sicherheitsassistenten schärfen CHECK
Verbrauch senken CHECK
…Nichts verspieltes hat er an sich, viel mehr umgibt ihn eine gedrungene Ernsthaftigkeit, wie der Schuldirektor, der durch die Gänge streift…
Gewicht optimieren
Um gleich 325 Kilogramm ist die zweite Generation leichter. 325 Kilogramm! Ich frage den Karosserieexperten: „Hat man beim ersten Q7 einfach nicht auf das Gewicht geachtet? 325 Kilogramm bedeutet ja, dass der Vorgänger extrem viel Ballast mitgeschleppt hat.“ „Damals war vieles noch nicht möglich. Im ersten Q7 besteht ein Großteil der Karosserie aus Stahl. Heute setzen wir hoch- und höchstfeste Stähle ein und kombinieren sie mit Aluminium. Alu-Stahl-Verbindungen sind heute viel leichter umzusetzen. Allein die Multikarosserie wiegt 71 Kilogramm weniger, Türen sind um 24 Kilogramm leichter. Bei der Hinterachse konnten wir 40 Kilo einsparen.“
Unterm Strich wiegt der neue Q7 1.995 Kilogramm, was ihn laut Audi zum Leichtesten in seiner Klasse macht.
Fahrverhalten neu definieren
Neue 5-Lenker-Radaufhängungen vorne und hinten kombiniert mit Allradantrieb, einem abgesenkten Schwerpunkt und der optional erhältlichen Allradlenkung sorgen im Q7 für exzellenten Fahrkomfort. Da wankt nichts, da schwankt nichts. Natürlich ist der Q7 ein SUV und weit vom – sagen wir – A7 entfernt aber die Mischung aus super gedämmtem Innenraum und sportlich-komfortablen Fahreigenschaften lässt einen nicht mehr aussteigen.
Infotainment verbessern
Intuitiver, schneller und schärfer. Das Infotainment-System ist eine Klasse für sich. Die Insassen, allen voran der Fahrer, sitzen in einer regelrechten Multimedia-Box bestehend aus Head-Up-Display, virtual cockpit, smartphone interface und rear seat entertainment. Alles vernetzt, alles stets bereit und alles schnell und einfach zu bedienen. Im Gegensatz zum Audi TT findet sich im Q7 neben dem virtuellen Cockpit hinter dem Lenkrad noch ein großer Bildschirm am Armaturenbrett, sodass auch der Beifahrer Einstellungen vornehmen kann. „Da wirst ja verrückt, bei dem ganzen Schnick Schnack!“ Diese Aussage ist absolut verständlich. Auch hier setzt Audi an: Head-Up-Display weg, Armaturen-Bildschirm einfahren, virtuellen Cockpit reduzieren und schon sitzt mit einer stillen, unaufgeregten Kulisse. Wobei still… kommen wir gleich zum nächsten Punkt.
Klangerlebnis steigern
Je nach Vorliebe werkelt im Audi Q7 ein Bose Sound System mit 3D-Klang oder eine B&O Advanced Hyperspace 23 Boxen Soundanlage mit 3D-Klang. Da kommen Ihnen die Tränen. Jeder Ton, jeder Übergang, jedes Instrument, alles schallt so vollmundig und echt in den Ohrkanal hinein, dass man nur die Augen zu schließen braucht und man sitzt im Konzertsaal/steht vor DJ-Pult/rockt vor der Bühne. Der guten Sound liebt, steigt aus dem Q7 nicht mehr aus.
Platz im Innenraum steigern
Sechs Kindersitze klingen eher furchterregend, zeigen aber, wie geräumig der Q7 innen ist. Kopf-, Knie- und Beinfreiheit sind erstklassig. In der dritten Reihe jetzt nicht so aber sie erfüllen absolut ihren Zweck.
Sicherheitsassistenten schärfen
Was der alles kann, bald müssen wir aufpassen, dass die Dinger kein Eigenleben kriegen und sich fragen, wofür sie uns noch brauchen. Alle bestehenden Helfer wurden optimiert und um ein paar weitere ergänzt: Anhänger-Rangier-Assistent, Ausweichassistent und Querverkehrassistent sind neu. Ein Effizienzassistent ist ans Navi gekoppelt und gibt Vorschläge zur Treibstoffsenkung (Kurve vor ihnen, Geschwindigkeit reduzieren, so in etwa) Der Stauassistent ist jetzt mehr Butler als elektronisches Gimmick. Er orientiert sich bei zähem Verkehr an die Autos herum und die Fahrbahnmarkierungen, bremst und beschleunigt und fährt sogar leichte Kurven.
Verbrauch senken
Drei neue Motorisierungen stehen zur Auswahl. Ein 3,0-V6-TDI mit entweder 218 oder 272 PS und ein 3,0-V6-TFSI mit 333 PS. Alle sind sie mit einer 8-Stufen Automatik ausgestattet. Ich würde zum starken Diesel greifen. Der ist laufruhig, mit 600 Nm bärenstark und verbraucht äußerst wenig. Wir schlängelten uns durch die Schweizer Pampa und kamen auf unter sechs Liter auf 100 Kilometer. Beim Benziner konnten die Entwickler den Verbrauch im Vergleich zum Vorgänger sogar um 28 Prozent senken. Der 218 PS-Diesel reicht ebenfalls vollkommen aus, der kommt aber erst im Herbst auf den Markt. Die Preise: 3,0-TDI 218 PS ab 64.900 Euro, 3,0-TDI 272 PS ab 67.900 Euro, 3,0-TFSI 333 PS ab 72.900 Euro. Zur Serienausstattung zählen unter anderem Xenon plus, 19-Zoll-Alufelgen, Zwei-Zonen-Klima, Tempomat, Lederlenkrad, Einparkhilfe hinten.
Fazit
Wenn Entwickler so verbissen, ja fast schon wütend, auf die Suche gehen und jeden Makel, jede mögliche Ungereimtheit ausmerzen wollen, dann gehört das gewürdigt. Der neue Audi Q7 macht alles richtig. Punkt. Aus. Ende.