BMW bringt einen neuen Puls-Beschleuniger – und zwar in jeder Hinsicht. Denn wenn die Bayern dem Dreier zu Preisen ab 45.800 Euro (D) am 24. Oktober einen neuen Vierer zur Seite stellen, dann wird das Coupé nicht nur die Herzen der Fahrer höherschlagen lassen und angesichts eines Aufpreises von knapp 5.000 Euro den Buchhaltern einen feuchten Glanz in die Augen zaubern. Sondern mit einem provozierenden Design wird dieses Auto auch die Kritiker in Wallung bringen. Denn so verführerisch die schlanke Linie, das flache Dach und das knackige Heck auch sein mögen, so verstörend wirkt die riesige Niere, die BMW dem Vierer ins Gesicht gedrückt hat – selbst wenn sich die Bayern dabei auf alte Traditionen berufen und zum Beispiel an den legendären 328er erinnern.
Von Thomas Geiger
Nachdem sich BMW zuletzt viel Kritik an der Nähe von Dreier und Vierer gefallen lassen musste, haben die Bayern die Autos diesmal weiter denn je auseinandergerückt. Und was die Designer vorgegeben haben, das haben die Ingenieure mit Inhalt gefüllt: „Wir haben dafür gesorgt, dass der Vierer auch so sportlich fährt, wie er aussieht“, sagt Peter Langen, der bei BMW die Fahrdynamik verantwortet: „Natürlich ist die Hardware weitgehend identisch“, räumt er ein. Denn auch wenn der Vierer an der Gesamtproduktion in der Mittelklasse rund ein Viertel ausmacht, könnten sich die Bayern so ein Derivat sonst nicht leisten. Doch das Coupé ist nicht nur knapp sechs Zentimeter flacher als die Limousine und hat deshalb einen zwei Zentimeter niedrigeren Schwerpunkt. Sondern es leistet sich hinten eine um gute zwei Zentimeter verbreiterte Spur, vorne einen größeren Sturz und reihum ein paar zusätzliche Streben, die den Aufbau versteifen und auch bei strammer Fahrt auf schlechten Straßen eine segensreiche Ruhe in den Wagen bringen.
Das Ergebnis dieses Eigensinns ist ein Fahrverhalten, wie es diesseits der Werkstuner kein anderes Auto in der Klasse bietet. Präzise, aufgeweckt und agil und dabei trotzdem so gelassen, dass der Fahrer bei allem Engagement noch immer entspannt bleibt. Und dafür muss man den Vierer nicht erst in den Grenzbereich führen. Sondern selbst bei 60, 70 Sachen im dritten, vierten Gang liegt der Vierer besser in der Hand, reagiert feinfühliger auf Lenkung, Gas und Fahrbahn und wirkt auf den Fahrer wie ein Schluck Espresso am Morgen. „Uns war es wichtig, dass man dieses Gefühl schon beim alltäglichen Fahren hat und man den Unterschied auch dann spürt, wenn man nicht mit quietschenden Reifen über die Landstraße fliegt“, sagt Langen.
Wo der Dreier oft nur als vornehmes Transportmittel genutzt wird, wird der Vierer so zu einem buchstäblich bewegenden Auto und selbst auf alltäglichen Strecken den Weg zum Ziel. Aber so sehr sich Dreier und Vierer beim Aussehen und bei der Abstimmung unterscheiden werden, so nahe sind sie sich beim Ambiente und bei den Antrieben. Klar, vorn sitzt man ein bisschen tiefer, die Polster liegen etwas enger an und natürlich gibt es wieder einen Gurtbringer. Und auf der nur für zwei Passagiere freigegebenen Rückbank geht es zumindest bis zum Debüt von Cabrio und Gran Coupé ein bisschen bescheidener zu. Doch das Cockpit mit den digitalen Anzeigen und dem großen Touchscreen daneben ist genauso vertraut wie das Bediensystem mit einer ziemlich natürlichen Spracheingabe und der – nun ja – etwas verspielten Gestensteuerung und das große Heer der Assistenten, die aktiv in Längs- und Querführung eingreifen. Und auch die Vier- und Sechszylinder-Motoren bis zum 374 PS starken Dreiliter im vorläufigen Top-Modell M440i sind genau wie der Heck- oder Allradantrieb und die Achtgang-Automatik alte Bekannte. Allerdings hat zumindest der stärkste Motor für den Einsatz im neuen Sportler nochmal trainiert und kommt mit einem elektrischen Starter-Generator samt 48 Volt-System. Der spart nicht nur ein bisschen Treibstoff durch bessere Rekuperation, sondern hilft mit bestenfalls 11 PS auch beim Anfahren und stopft so auch noch das letzte Löchlein, das man dem Turbo zuschreiben könnte. Allerdings wird der Vierer dieses Privileg nicht lange pflegen, sondern bald mit allen Baureihen teilen müssen.
Als Unterbau gibt’s für den Vierer zum Start noch zwei ausschließlich als Hecktriebler lieferbare Vierzylinder-Benziner im 420i mit 184 und im 430i mit 258 PS sowie als vorerst einzigen Diesel den 420d mit Heck- oder Allradantrieb und 190 PS. Im Frühjahr reicht BMW dann noch zwei Reihensechser für den Öltanker nach: Den 430d und den M440d – beide als xDrive mit 286 und 340 PS.
Präzise, leichtgängig und schon weit diesseits des Grenzbereichs ausgesprochen lustvoll zu bewegen – so wird der Vierer tatsächlich zum neuen Gralshüter der Fahrfreude und Langen kann getrost ins Rennen mit Konkurrenten wie dem Mercedes C-Klasse Coupé oder dem Audi A5 gehen. Dabei muss er sogar einräumen, dass er die Möglichkeiten seines Baukastens noch nicht einmal völlig ausgereizt und die Stellschrauben nicht bis zum Anschlag gedreht hat. Schließlich kommen bald ja auch noch M3 und M4. Und die wollen nicht nur mit noch mehr Leistung punkten, sondern auch mit mehr Lust am Fahren – und den Puls noch ein bisschen weiter in die Höhe treiben.