Was draufsteht, das ist in BMWs face- und technikgeliftetem Maxi-Scooter-Duo jetzt drin. Soll heißen, dass nicht nur der GT, sondern nun auch der Sport 650er heißt. Um Irritationen auszuschalten, sagen die Bayern. Irritieren, das kann das neue Sicherheitsfeature „Side View Assist“.
Text: Beatrix Keckeis-Hiller, Fotos: BMW
Wenn die Einspur-Abteilung von BMW beschließt, einen Roller zu kreieren, dann ist das nicht einfach ein Scooter. Der muss schon mehr können als die anderen. Siehe C1 125 (und 200) des Jahres 2000. Damit war das Debut im Roller-Segment aber nicht gelungen. Das (Sicherheits-)Konzept mit Dach, Gurten und Sturzpads kam nicht an. Das lag wohl nebst der Kopflastigkeit auch an der moderaten Leistung von 15 respektive 18 PS bei einem Startgewicht von 185 Kilo. Er wurde nach drei Jahren wieder aus der Produktion genommen.
Nach gut acht Jahren Pause legten die Bayern mit der neu entworfenen C-Baureihe die Latte hubraum- und leistungsseitig ungleich höher. Obwohl der eine als C 650 GT und der andere als C 600 Sport auf der EICMA in Mailand von 2011 präsentiert wurde steckte vom Start weg in beiden der gleiche Parallel-Twin mit 647 ccm und 60 PS. Versprochen worden war ein Motorrad im Rollergewand. Auch kein ganz leichtgewichtiges, mit ab rund 250 Kilo. Dafür eins entweder im Stile einer Getriebe-automatisierten Tourerin mit zurückgelehnter Sitzposition, ausgeklügeltem Windschutz und reichlich Stauraum unterm Sattel – eben Gran Turismo – oder eins auf die dynamische(re) Art, mit fahraktiverem Lenker-Layout, schmaler(er) Front und einem cleveren (Faltbalg-)Verstausystem unter der Sitzbank – eben Sport.
Nach drei Jahren auf dem Markt erscheint das aktuelle – erste – Face- & Techniklift der Verbrenner-C-Zwillinge vielleicht ein wenig früh. Doch gilt ab 1. 1. 2016 für neu produzierte Einspur-Fahrzeuge die neue Abgasnorm Euro IV. Da gehen weitere technische Updates in einem Aufwaschen mit. Die inkludieren die eine und andere Optik-Retusche am GT sowie ein schärfer gezeichnetes Outfit à la BMW am Sport. Letzterer darf übrigens jetzt auch 650 heißen, womit Fragen zu Hubraum- und Leistungsunterschieden nun geklärt sein dürften.
Zur Nomenklatur-Bereinigung und dem Trimmen auf Abgasnorm-Konformität gibt’s nicht mehr Leistung als Draufgabe. Es blieb bei 60 PS (für A2-Schein-Aspiranten reduzierbar auf 48 PS) und 66 Nm. Dafür wurde das CVT-Getriebe optimiert, sprich es wurde ihm erhöhte Spontaneität anerzogen. Die sich gleich beim ersten Ampelstart im Rush Hour-Verkehrsgewühl von Valencia bezahlt machte. Dazu addierte man eine Fahrwerksstraffung. Spürbar auf Brücken-Dehnfugen und vernachlässigten Asphaltdecken. Weiters gibt’s ein schickeres Finish für die Auspuffendtöpfe plus einen – ein wenig – kernigeren Spruch.
Das sind sie auch permanent, in besagtem Morgenverkehr in der ostspanischen Metropole, der nicht weniger dicht ist als der in Mailand oder Barcelona. Vielleicht gewöhnt man sich auch daran. Doch auf den ersten Metern denkt man sich, seit wann denn die stets spontan Spur-wechselnden Spanier plötzlich gar so fleißige Blinkerbetätiger wären. Bis man draufkommt, dass man selber, beziehungsweise der GT, der Dauer-Blinker ist. Und sich doch ein wenig bevormundet fühlt. Oder es im Infight um den ersten Platz in der ersten Reihe an der Haltelinie einfach ignoriert und, wie gewohnt, mit den Augenwinkel-Sensoren operiert.
Die Marketing-Abteilung von BMW Motorrad nennt das „Komfortsystem für die Umfeldbeobachtung“. Und erhebt dabei den Zeigefinger: Das Drehen des Kopfes, der gute alte Schulterblick, sei damit nicht abgeschafft. Es gilt weiterhin noch die gute alte Regel: Schau links, schau rechts, fahr (je nachdem) gradeaus. Den Annäherungswarner gibt’s – optional – allerdings nur für den C 650 GT mit seiner aufwendigen Rückspiegel-Konstruktion, in dessen Fuß das Blink-Lämpchen – in Form eines Warndreiecks – integriert ist.
Die Ab-Preise: 11.850 Euro für den C 650 GT, 11.550 Euro für den C 650 Sport.