In der heutigen Welt, also einer, in der Quinoa-Weckerl die ehrliche Leberkassemmel ersetzen, ist der BMW M760Li mit seinen 2,2 Tonnen Gewicht, zwölf Zylindern und 585 PS der Antichrist höchstpersönlich.
Text: Maximilian Barcelli
Und zwar nicht nur für Ökos, sondern auch für’s eigene Geldbörserl. Ein Testverbrauch von jenseits der 14 Liter ist nicht nur ein bisserl umweltbelastend, sondern graduiert den Tankstellenwart auch zum wichtigsten sozialen Kontakt. Der verköstigt den 7er etwa alle 450 Kilometer mit feinstem Super Plus. Wäre zwar nicht notwendig, aber C’mon, so ein Motor giert nach einem edlen ROZ 98-Tropfen – und nicht nach dem gewöhnlichen 95er der Unterschicht.
Es fallen also nicht nur hohe Kosten bei der Anschaffung an. Das aber schon auch. Damit wir’s also gleich hinter uns haben: Der BMW M760Li kostet mindestens 209.850 Euro, mit All-you-can-eat-Ausstattung pendelt sich der Preis unseres Testwagens bei wohlfeilen 261.757 Euro ein. Ob er das Einfamilienhaus wert ist?
Weil der M760Li eben so budgetbelastend ist, ist er umweltfreundlicher, als die mir erzürnt nachbrüllende Birkenstock-Dame aus Wien 7 wohl dachte – trotz 6,6 Litern Hubraum und zwölf Zylindern. Denn die wenigsten der bald acht Milliarden Menschen können sich Fahrzeuge in dieser Preisklasse leisten – schon gar nicht in Österreich, wo knapp unter 90.000 Euro als Steuern ins Finanzministerium wandern. Dementsprechend wenig Autos mit V12-Motoren pfeffern ihre – zugegeben doch deutlich höheren – Abgase in die Luft. Die Dosis macht das Gift – und die ist dank sechsstelliger Preise sehr gering. Was ich der Birkenstock-Dame aber leider nicht mehr erklären konnte, weil mich der 7er auf Koks schon weiter gebeamt hat.
Verantwortlich für die Warpgeschwindigkeit ist das fette Ding unter der Haube. Der Zwölfender von BMW, der auch manchen Rolls-Royce mit Kraft beliefert, wird mit zwei Turboladern befeuert, verliert allerdings verglichen mit dem Vor-Faceliftmodell 35 PS und sprintet 0,1 Sekunden langsamer auf 100 km/h. Keine Sorge, es bleibt genug: Mit 585 PS ist man jetzt nicht gerade untermotorisiert. Die Laufruhe des Aggregats ist unfassbar, viel Drehmoment schon bei niedrigen Drehzahlen abrufbar. Vor dem Überholmanöver in den höchst möglichen Gang wechseln? Pff. Zahlen? Gerne! In 3,8 Sekunden schießt der BMW M760Li vom Stand aus auf Landstraßentempo.
Viel imposanter ist jedoch die Beschleunigungsmacht jenseits der 100 km/h, da beginnt der 7er seine Pferdchen auszuspielen. Dem Fahrzeug geht quasi nie die Kraft aus, die 2,2 Tonnen Eigengewicht marschieren unaufhaltsam vorwärts. Selbst wenn du schon als „irrer Raser auf A1“ das Titelblatt der Kronen Zeitung zierst, weil du den deutsch-österreichischen Grenzübergang vor lauter Adrenalin verpennt hast und weiter mit 280 Sachen fröhlich vor dich hin ballerst, hat der M760Li noch immer Reserven unter der Haube. So viele Reserven, dass am Ende eine Drei die Geschwindigkeitsangabe vorne anführt – und wir reden natürlich nicht von 30 km/h.
Wer sich vom Adrenalinrausch erholen will, der wechselt vom Platz vorne links ins Fond des 7ers – so schwer das bei den zwölf Freunden unter der Haube auch fällt. Insofern die Executive Lounge für wohlfeile 8.235 Euro geordert wird, ist sind die hinteren Sitze mehr als präsidentenwürdig. Und mit allerlei digitalem Schnickschnack ausgerüstet. So findet sich in der Mittelkonsole ein Tablet, mit dem Jalousien, Massagesitze, Klimaanlage, Radio, die (Touch-)Bildschirme vor einem, kurzum das ganze Auto bedient werden. Vorne geht’s übrigens weniger digital zu, da machen der Audi A8 und die Mercedes S-Klasse einen weitaus moderneren Eindruck. Böse Zungen würden das Cockpitdesign als altmodisch betiteln, gute als klassisch. Wir finden es jedenfalls schön, wenn auch noch ein paar analoge Knöpfe bestehen dürfen. Auch, wenn’s im M760Li vielleicht ein paar zu viel sind.
Dank des brillanten Fahrwerks ist der Komfort fast schon schockierend, ein klassisches Autoschläfchen bekommt im 7er BMW noch einmal eine ganz andere Intensität. Solange der Fahrer ein solches überhaupt gewährt. Das ist das beeindruckende am M760Li. Auf der einen Seite ist er dieses übermotorisierte Monster, das nach vorne sprintet das alles aus ist. Das im Sportmodus pubertär vor sich hinrotzt. Das sich in Anbetracht des Gewichts auch echt zackig in Kurven schmeißen lässt. Das einfach eine Macht ist, mit der man rechnen muss. Und auf der anderen Seite ist auch der M760Li noch ein 7er, eine vor Opulenz strotzende Luxuslimousine.
Es gibt übrigens noch eine schlechte Nachricht: Die Nieren sind auch in natura so voluminös wie befürchtet. Die gute: Von innen sieht man sie nicht. Außerdem versöhnt das beim Facelift sehr filigran gezeichnete Heck. Und überhaupt sollte bei angemessener Fahrt im M760Li keine Zeit bleiben um über Automobildesign zu sinnieren. Zumindest nicht am Fahrersitz. Sonst hätte es ein 730d wohl auch getan.