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Brabus 911 Turbo S: Porsche aus dem Pott

Brabus geht fremd. Zwar hat die Tuning-Schmiede aus Bottrop schon immer auch ein bisschen an Land Rover herum geschraubt, das Innenleben schlampiger Teslas aufgemöbelt und natürlich den Smart zum Kleinkaliber aufgerüstet. Doch über allem strahlte bislang uneingeschränkt der Stern. Denn Brabus steht vor allem für mächtige Mercedes-Modelle. Egal ob G-Klasse oder GT und bisweilen auch die Limousinen von der C- bis zur S-Klasse: Wenn ein Mercedes irgendwo die Muskeln spielen lässt, dann im Pott. Und zwar so eindrucksvoll, dass selbst die AMG-Athleten plötzlich ziemlich amateurhaft wirken.

Zwar wollen sie in Bottrop das Eine nicht lassen, wenden sich aber trotzdem schon mal vorsichtshalber dem Anderen zu und legen jetzt zum ersten Mal Hand an einen Porsche 911. Schließlich haben sie dem Sportwagen in Zuffenhausen Bestandsschutz gegeben. Während sie in Sindelfingen und Affalterbach voll unter Strom stehen und selbst AMG bald nur noch elektrische Modelle anbieten will, soll sich zumindest der Elfer so lange wie möglich gegen die Elektrifizierung stemmen und wird damit zum Objekt der Begierde für die Petrolheads aus dem Pott.

Die widmen sich dem Boxer-Motor mit der gleichen Gründlichkeit, wie sie dem 4,0 Liter großen V8-Motor aus Affalterbach zu Leibe rücken – und mit dem gleichen Erfolg. Schon der neue Chip kitzelt aus dem ab Werk 650 und 800 Nm starken 3,8-Liter 70 PS und 100 Nm mehr und wenn sie in Bottrop auch noch den Lader tauschen, stehen am Ende 820 PS und 950 Nm im Fahrzeugschein. Damit gelingt der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 künftig in 2,5 Sekunden und erst bei 340 km/h dreht Brabus dem Elfer den Hahn zu. Da werden sie nicht nur in Zuffenhausen Augen machen, sondern auch die Kollegen bei Ruf und Techart müssen um ihre Spitzenstellung fürchten.

Natürlich ist ein Elfer schon von Hause aus weder langsam noch langweilig. Erst recht nicht der Turbo S. Es braucht deshalb schon eine sehr genaue Stoppuhr, eine ziemlich leere Autobahn und viel Vertrauen, wenn man die zwei Zehntel und die zehn km/h herausfahren will, die beim Sprint und bei Vollgas zwischen dem Original und der Optimierung liegen.

Doch fühlen kann man den Unterschied auch ohne Vollgas. Denn während der 911 auf der Suche nach dem größten gemeinsamen Nenner des globalen Geschmacks mittlerweile ziemlich angepasst ist und selbst der Turbo S seine Kraft ausgesprochen kultiviert entwickelt, wird der Spitzensportler bei Brabus wieder zu einem fast schon ungehobelten Underdog, der alle Sinne kitzelt. Ob einem das feine Leder mit der markanten Steppung jetzt wirklich gefällt oder nicht und ob tatsächlich ringsum Karbonblenden auf die Karosse müssen, das kann jeder selbst entscheiden – nicht umsonst gibt’s jedes Bauteil einzeln. Aber zum Gesamtkunstwerk geadelt, fällt der Elfer wenigstens wieder auf. Und spätestens wenn der Turbo beim ersten Gangwechsel schmatzend seinen heißen Atem durchs Wastegate bläst wie ein Pitbull vor der Attacke, dann hat die Porsche-Seele wieder was zu feiern und der Elfer fühlt sich so bürgerlich und ungehobelt an wie ein früher Golf GTI – selbst wenn er ein Vielfaches kostet und damit alles andere als ein Breitensportler ist. 

Denn natürlich ist das Bodybuilding aus Bottrop kein billiges Vergnügen. Sondern wer für den 911 alle Kreuzchen macht, der kommt schnell auf einen Aufpreis von 140.000 Euro und am Ende stehen 370.000 Euro (D) auf der Rechnung. Aber zumindest in diesem Punkt geben sich Mercedes und Porsche wenig und auch die Kunden sind in einem ähnlichen Maße schmerzbefreit – von nichts, so deren Devise, kommt schließlich auch nichts.

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