ClarksonGate: Der Split mit der BBC scheint endgültig zu sein
Jeremy Clarksons letzte Runde …
Wie es aussieht war „ClarksonGate“ doch kein Werbe-Gag. Kommende Woche wird entschieden, ob Jeremy Clarkson bei der BBC eine Zukunft hat. Er selbst glaubt nicht mehr daran. Er träumt nur noch von einer „letzten Runde“ auf seinem geliebten Top Gear Test Track.
von Manfred Sax (Winchester)
„Es war nur ein Scherz“, beteuerte er in seiner aktuellen Sonntagskolumne im Tagblatt Sun. Gemeint war sein Sager anlässlich einer Benefizgala im Londoner Roundhouse am Freitag davor, als Jeremy Clarkson eine Runde auf dem legendären Top Gear Track versteigerte. „Die allerletzte Runde der Top Gear-Geschichte“, betonte er resigniert, ehe ihn die „verdammten Bastarde der BBC“ rausschmeißen:
Nichts hilft mehr – nicht mal #BringBackClarkson
Wird Clarkson weiterhin die Top Gear-Geschicke bei der BBC leiten? Daran glaubt nicht mal er selbst: „Es war eine großartige Show. Aber die BBC hat sie verschissen.“ Und er selbst habe sich „verschätzt“ – er war nicht so unantastbar, wie er glaubte.
Ja, Top Gear war das globale Aushängeschild der BBC, die Show brachte dem Sender umgerechnet 60 Millionen Euro jährlich, sie hält den Guinness Weltrekord für das meistgesehene faktische TV-Programm des Planeten (214 Länder, 350 Mio Zuseher). Und ja, Clarkson hatte die ultimativ eingeschworene Fangemeinde, vergangene Woche rollten die Clarksonistas sogar mit einer Petition (1 000 000+ Unterschriften!) beim Sender vor – typischer Weise per Panzer.
Aber die Unterstützung seitens der Mächte, die da sind, blieb bestenfalls halbherzig. Premierminister David Cameron, ein persönlicher Freund, meinte nur, dass sein Sohn die Clarkson-Show „vermissen“ werde. Tony Hall, Generaldirektor der BBC, legte lediglich ein Veto ein, als es darum ging, Clarkson sofort zu entlassen.
Auch der enge Kumpelkreis hielt sich bedeckt, Co-Präsentator James May meinte lediglich, dass er Clarkson „mag“, und Richard Hammond, der Dritte im Top Gear-Bund, glänzte überhaupt mit Meinungsabwesenheit (einem Kritiker zufolge klemmte er zu tief in Clarksons Anus, um sich rechtzeitig freischaufeln zu können).
Clarksons Gegner – auch nicht wenige
Anders die Gegner, auch die gab es zuhauf. Von Clarkson generell als „humorlose, Sandalen tragende Veganer mit Bärten“ archiviert, hatten sie ein paar Wochen Oberwasser. Allen voran BBC-Programmdirektor Danny Cohen, als zukünftiger Favorit auf den Generaldirektor-Posten gehandelt, der darauf pochte, dass kein Mitarbeiter größer sein könne als der Arbeitgeber: „Es ist wie beim Fußball – kein Spieler ist größer als der Verein.“
Und das Dumme für Clarkson: Offizieller Boss des Vereins BBC ist die britische Öffentlichkeit. Deren mediale Meinungsmacher auf den Kern der Sache bestanden: Jeder normale Bürger wird entlassen, wenn er einen untergebenen Mitarbeiter behandelt wie Clarkson seinen Producer Oisin Tymon. Das müsse auch für Clarkson gelten.
Clarksons Auszucker anlässlich seiner letzten Produktion für Top Gear war wohl sein finaler Sargnagel. Was zunächst als kleiner „fracas“ (Tumult) abgehakt wurde, war in der Tat etwas geharnischt. Nicht nur die Ohrfeige, nachdem sich Tymon erlaubt hatte, dem Top Gear-Team lediglich kalte Snacks zu offerieren, sondern auch die verbale Begleitmusik (Clarkson: „Wo ist unser warmes Essen, du stinkfauler irischer Schlitz?“). Der Umstand, dass Clarkson noch mit Restalkohol nach einer heftigen Nacht bedient war, machte die Sache nicht nobler.
Bleibt die Frage nach Clarksons Zukunft
Die schien für den Petrolhead zunächst nur reine Formsache. Murdochs Sky TV, was sonst? Zumal Clarkson als Sun-Kolumnist ohnehin bereits in Murdochs Sold steht und Sky Clarkson wiederholt entsprechende Angebote offeriert hatte. Allerdings wurden aus Sky-Kreisen nun „legale Probleme“ angedeutet: Der Sender war vor nicht allzu langer Zeit gezwungen, die (ähnlich „mächtigen“) Fußball-Präsentatoren Andy Gray und Richard Keys zu entlassen – wegen Missbrauchs abhängiger Mitarbeiterinnen . Ein ähnlicher Fall wie Clarksongate, wenn auch ohne Ohrfeige.
Das smarte Geld wird daher jetzt auf Privatsender ITV gesetzt. Das hat erstens Präzedenz (prominente BBC-Abgänger wie Talkmaster Jonathan Ross und Sport-Präsentator Adrian Chiles haben bereits diese Route gewählt, wenn auch unter massivem Publikumsschwund). Zweitens verbindet Clarkson mit der ehemaligen BBC-Produzentin und numehrigen ITV-Direktorin Elaine Bedell nicht nur eine langjährige Freundschaft.
In wenigen Tagen sollte Klarheit herrschen, zumindest in Sachen BBC. Nach einer letzten Runde auf dem Testgelände von Top Gear. Mit „Tränen in den Augen“, wie Clarkson meinte. Was vermutlich ausnahmsweise nicht als Scherz gemeint ist.