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Ford Kuga: Verbessern heißt verändern

„Verbessern heißt verändern“, hat Winston Churchill einmal gesagt. Doch ist Veränderung deshalb auch immer gleich Verbesserung? Durchaus – zumindest, wenn man die neue, dritte Generation des Ford Kuga als Beweisexemplar anführt.

Text: Maximilian Barcelli

An der ist quasi alles verändert worden – und das sieht man ihr auch an. Der neue Ford Kuga hat optisch kaum mehr was mit seinem Vorgänger gemein, selbst die Abmessungen sind radikal anders. Das gar nicht mehr so kompakte Kompakt-SUV ist (je nach Ausstattung) fast neun Zentimeter länger (insgesamt gute 4,6 Meter), vier Zentimeter breiter und etwas flacher. Das beschert ihm eine generell dynamischere Silhouette. Top-Voraussetzungen also.

Die Designabteilung packte diese Gelegenheit beim Schopf, das Ergebnis ist ein Kuga, den man – würde der Schriftzug nicht stolz am Heck thronen – eher für einen grazileren (um nicht zu sagen: hübscheren) Toyota RAV4 halten könnte. Zumindest beim Betrachten des Hecks. Die Front hingegen geht einen sehr eigenwilligen Weg: Die Scheinwerfer ziehen sich ungewöhnlich weit nach hinten. Usus sind ja eher Leuchten, die sich in der Horizontalen langstrecken, um der Front einen bulligeren, breiteren Auftritt zu verleihen. Ein ähnliches Design bietet eigentlich nur Jaguar mit dem E-Pace (und dem F-Type, bevor er geliftet wurde).

Punkto Innenraum hat Ford ordentlich zugelegt.

Was uns allerdings am besten gefällt: Dem Kuga gelingt es gut auszusehen, ohne dabei auf Fake-Applikationen wie „Lufteinlässe“ zurückzugreifen, die dem Design Sportlichkeit aufzwingen wollen. Nicht einmal in der ST-Line X-Ausstattung. Und auch auf so Sachen wie Chromstege oder Leuchtenbänder wird verzichtet.

Keine Fake-Applikationen und ähnliches: Der Kuga ist, wie er ist. Und er ist: hübsch.

Übrigens: Die ST-Line X bringt neben optischen Ingredienzien, wie etwa die aggressiveren Schürzen oder der Kühlergrill in schwarzer Wabenoptik vor allem zweierlei Dinge mit sich. Einerseits ein phänomenales Fahrwerk, das noch etwas sportlicher abgestimmt wurde. Es ist straff, lässt wenig Seitenneigung, dafür umso schnellere Kurvengeschwindigkeiten zu. Und dennoch ist es weit entfernt von jedweder Knochigkeit. Bodenunebenheiten werden zwar nicht anstandslos weggebügelt, doch die Dämpfer verrichten gute Arbeit, leiten den Fahrbahnzustand nicht zu ruppig weiter.

Sogar die Endrohre sind echt!

Anderseits das brillante Sechsgang-Getriebe. Nicht nur die Hardware (womit wir den hochwertigen, toll in der Hand liegenden Schaltknauf meinen) überzeugt: Die Wege sind kurz und knackig, die Gänge zu sortieren macht richtig Freude. Man könnte fast sagen, dass das Getriebe Sportwagen-Feeling vermittelt – und das in einem großen Kompakt- respektive kleinen Mittelklasse-SUV.

Dickes, hochwertiger Leder-Lenkrad und ein sportlicher Schaltknauf.

Hard- und Software stimmen auch punkto Lenkung glücklich: Das Volant selbst ist lederbezogen, unten abgeflacht und der Kranz ist schön fett. Befehle an dieses werden präzise ausgeführt, man bekommt auch mit, was die Vorderräder gerade so treiben. Dass die Lenkung so stark zur Mitte zurückzieht, verbuchen wir mal unter Geschmackssache.

All der sportliche Tatendrang, den der Kuga in der ST-Line (X)-Ausstattung mit sich bringt, wird von der Motorisierung eingebremst. Nicht falsch verstehen: Der 2-Liter-Diesel zieht sehr anständig durch, hält sich akustisch zurück und ist verbrauchsarm (ob das an der Mild-Hybridisierung, am generellen Charakter eines Selbstzünders oder an einer Kombination aus beidem liegt, sei dahingestellt), nur harmoniert das Triebwerk nicht optimal mit der sportlichen Auslegung der ST-Line. Bei so einem dynamischen Fahrwerk, präzisen Lenkung und knackigen Schaltgetriebe werden automatisch Sehnsüchte nach dem 2,3-Liter-EcoBoost geweckt, der im Focus ST ganz hervorragende Arbeit verrichtet. Auch, wenn der 2,0-Liter-EcoBlue-Hybrid ein für sich gesehen toller Antriebsstrang ist.

Der mildhybridisierte Diesel ist grundsätzlich fein, passt nur nicht perfekt zum sportiven Gemüt des Kuga ST-Line.

Fahraktive Autos bauen, dass die Herrschaften bei Ford das können, wissen wir nicht erst seit der neuen Kuga-Generation. Die Schwachstelle der Marke lag ja mehr in der Anmutung des Innenraums – die manchmal zur Zumutung wurde. Dort hat Ford massiv zugelegt: Der frische Kuga ist zwar kein digitaler Overkill, dank dem großen Instrumentendisplay ist man jedoch durchwegs auf Höhe der Zeit – wenn auch nicht darüber. Das Infotainmentsystem reagiert flink, man muss aber nicht für jeden, mit Verlaub, Scheiß darauf zurückgreifen: Es gibt weiterhin analoge Bedienelemente. Die sind nicht nur gut verarbeitet, sondern sorgen auch für eine intuitive Steuerung.

Digitaler Overkill sieht anders aus. Allerdings vermisst man nichts und trotz einiger analoger Schalter wirkt der Innenraum sehr aufgeräumt.

Auch punkto Materialienauswahl hat man den Hartplastik-Friedhöfen den Rücken zugekehrt: Es gibt Zierleisten, etwas Leder und viel Softtouch. Nur im hinteren Bereich fällt das billige Material etwas umfassender aus. Anderseits: Bei der Freude, die man beim Fahren des Ford Kuga hat – wer will da schon hinten sitzen?

Das Kofferraumvolumen beträgt 475 bis 645 Liter unter – je nach Längsposition der Rücksitze. Die kann nämlich verschoben werden.

Der neue Kuga startet bei knapp unter 30.000 Euro. Mit der ST-Line X und dem von uns getesteten Motor steigt der Preis auf rund 40.000 Euro, dann ist das SUV aber auch schon sauber ausgestattet. Summa summarum ein faires Angebot.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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