Zwar mag der Elektropop gerade die automobilen Hitparaden stürmen, und das Bollern von V8-Motoren läuft nur noch bei den Oldies. Doch aus Detroit kommt jetzt noch einmal ein hitverdächtiger Chartstürmer im klassischen Motown-Sound: Ford hat die siebte Generation des Mustang enthüllt und dabei so ziemlich alle überrascht. Denn wenn Coupé und Cabrio des meistverkauften Sportwagens der Welt im Frühjahr zu Schätzpreisen ab 60.000 Euro (D) in den Handel kommen, ist weder von einem Elektroantrieb die Rede noch von einem Hybriden, ja nicht einmal von einem 48 Volt-System.
Stattdessen kommen die Amerikaner noch einmal mit Heavy Metal und haben sich dafür des fünf Liter großen Achtzylinders aus dem Vorgängers angenommen. Dank einer neuen Luftführung, doppelten Drosselklappen und viel Feinschliff soll der V8 nicht nur sparsamer geworden sein, sondern zudem auch noch einmal etwas kräftiger. Die genauen Werte lassen sich die Amerikaner noch nicht entlocken, doch mehr als 500 PS sollten in der höchsten Ausbaustufe schon drin sein, wenn in der aktuellen Generation der Mach 1 als Top-Modell schon auf 460 PS gekommen ist. Erst recht, nachdem Ford mit dem Mustang auch wieder in den Motorsport will.
Zum optimierten Kraftpaket gibt es wie bisher eine Zehnstufen-Automatik oder für Freunde der Handarbeit als weiteren Anachronismus ein sechsstufiges Schaltgetriebe. Und natürlich haben die Amerikaner auch wieder bis zu ein halbes Dutzend Fahrprofile programmiert, mit denen der Mustang auf Knopfdruck seinen Charakter ändert. Außerdem gibt es auf Wunsch ein adaptives Fahrwerk für brettharte Rennrunden und das komfortable Cruisen auf dem Highway.
Verpackt ist das Ganze in einer Karosserie, die genauso anachronistisch ist wie der Antrieb und deshalb einmal mehr alle Blicke fängt. Zwar sind die Scheinwerfer etwas schmaler und es gibt ein paar mehr Kanten – doch es bleibt bei einer endlos langen Haube, einem knackigen Heck und dazwischen einer flachen Kabine. Neu sind allerdings die unterschiedlichen Gesichter, mit denen jede Modellvariante ihren ganz eigenen Look bekommt.
Zwar wirkt der Mustag damit wie ein Auto aus einer zu Ende gehenden Ära, doch haben die Amerikaner sehr wohl die Zeichen der Zeit erkannt. Davon zeugt vor allem das Cockpit, in dem die analogen Anzeigen Platz machen mussten für einen weiten Display-Bogen, der wie der Kommandostand eines Raumschiffs frei hinter dem unten abgeflachten Lenkrad prangt. Auf dieser digitalen Spielwiese wollen die Designer jedes Pixel genutzt und eine Erlebniswelt geschaffen haben, die jeder Simulation die Show stehlen soll. Und natürlich gibt es fürs Smartphone eine eigene App zum Auto und für die Bildschirm-Landschaft das neueste Sync-System samt Sprachsteuerung und mobilem Internetzugang. Wer den nutzt, um den Mustang zu googlen, befindet sich in guter Gesellschaft. Denn der erfährt nicht nur, dass Ford in fast 60 Jahren und sechs Generationen über zehn Millionen Exemplare verkauft hat, oder dass der aktuelle Mustang jedes Jahr seit seinem Debüt die weltweite Sportwagen-Hitparade angeführt hat. Sondern der lernt auch, dass kein anderes Auto so oft im Internet gesucht wird und dass keines bei Facebook so viele Likes bekommt. Ganz so aus der Zeit gefallen kann der Motown-Sound also offenbar nicht sein.
Und trotzdem weiß auch Jim Farley natürlich, dass er mit dem neuen Mustang gegen den Strom schwimmt und freut sich an der Provokation: „Die Investition in eine neue Generation ist ein großes Statement in einer Zeit, in der viele unserer Wettbewerber aus dem Geschäft mit Verbrennerfahrzeugen aussteigen“, sagt der Ford-Chef Farley und legt noch einen drauf: „Wir von Ford beschleunigen jedoch unseren Wachstumsplan mit Verbrennerfahrzeugen, indem wir unsere profitabelsten und beliebtesten Baureihen mit vernetzter Technologie und Hybrid-Optionen ausrüsten.“
Allerdings ist das nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen stehen 50 Milliarden Dollar, die Ford bis 2026 zusätzlich in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen investieren will – dann sicher auch für ein elektrisches Pony-Car. Und wer darauf nicht warten will, der kann ja schon heute auf einem Wildpferd mit Akku statt Achtzylinder über die Highways reiten – schließlich gibt es für den Electric Cowboy seit drei Jahren den Mustang auch als elektrischen Mach-E.